notizen, teil eins (gelöscht)

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wüstenrose

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Hallo der Andere,

die schlechte Nachricht zuerst:

das sei, sagt sie, als fiele man ins Bodenlose, und ob ich das kenne, dieses Gefühl, im Magen, wie Übelkeit, wie Hunger, heute früh auf dem Weg zur Post [blue]wäre[/blue] es passiert, ihre gespreizten Arme[red]n[/red] seien durch die Luft geschnitten, hektisch und voller Panik, dabei, ruft sie, sei es bloß eine Steinplatte gewesen, die [blue]tiefer lag als die andere[/blue]
Deine Wiedergabe mittels indirekter Rede ist uneinheitlich. Du springst da recht willkürlich zwischen verschiedenen Formen, mal so, mal so. Das betrifft den gesamten Text.
Beispielhaft scheinen mir die angeführten Stellen nicht korrekt zu sein. Bin darin übrigens auch kein Meister und müsste mich jetzt mühsam mit der Thematik beschäftigen... (das ist aber dein Part).
Ich sehe es so: So frei (im Sinne von: assoziativ) dein Erzählstil sein darf, so muss doch der formale Aspekt (durchgängig fehlerloser Gebrauch der indirekten Rede) absolut stimmig sein. Ich stolpere an keiner Stelle deines Textes über seine Sprunghaftigkeit, aber immer wieder stocke ich, weil ich grüble: indirekte Rede korrekt wiedergegeben?

die gute Nachricht:

Das mit der indirekten Rede ist ein rein handwerkliches Problem und lösbar. Viel wichtiger ist ja, dass dein Text Potential hat. Ich finde ihn klasse. Stellenweise bin ich begeistert.
Soviel auf die Schnelle. Wenn ich dazu komme, würde ich gerne noch etwas intensiver in deinen Text eintauchen.

lg wüstenrose
 

Der Andere

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das ist schon ein problem, das sehe ich auch. beim schreiben steckte ich in einer art zwiespalt. mein drang nach klang verlangte sich abwechselnde formen der redewiedergabe, mein drang nach stilistischer richtigkeit klopfte nur leis gegen die stirn und gab zu bedenken, dass das so nicht ganz richtig sei.

ich werde den text nochmal, sobald ich etwas zeit habe, durchgehen und schauen, dass ich das etwas zurechtgebogen bekomme.

natürlich freut es mich überhaupt erstmal, dass dich der text in irgendeiner weise gepackt hat, ist dies doch bislang noch ein versuch. ich glaube auch, dass der text noch nicht fertig ist, noch weiter gehen muss. nur fing ich an zu zweifeln, ob das, was ich da mache, überhaupt so funktioniert.

ich bin gespannt auf deine weiteren ausführungen.

der andere
 

wüstenrose

Mitglied
Hallo Der Andere,

mein erstes Lesen war eher genussgesteuert: ich spürte halt: sowas lese ich gern, das hat Dynamik, das läuft wie von selbst; als Leser weiß ich zunächst nicht, warum das so ist und welcher Film überhaupt abläuft - - - aber dass es läuft, das fühlt sich gut an. Vielleicht ist es ein bisschen gegen den Stillstand angeschrieben: weiter! weiter! weiter! ist die treibende Kraft des Textes, der Inhalt tritt weit zurück.
Aber was passiert denn nun eigentlich?

das sei, sagt sie, als fiele man ins Bodenlose, und ob ich das kenne, dieses Gefühl, im Magen, wie Übelkeit, wie Hunger, heute früh auf dem Weg zur Post wäre es passiert, ihre gespreizten Armen seien durch die Luft geschnitten, hektisch und voller Panik, dabei, ruft sie, sei es bloß eine Steinplatte gewesen, die tiefer lag als die andere, fast schon einer Stufe gleich, aber eben doch keine Stufe, keine Treppe weit und breit, für einen kurzen Moment habe ihr Fuß irritiert in der Luft gehangen, im Grunde aber sei gar nichts passiert, nur das Gefühl in ihrem Magen hielt noch eine Weile an, weshalb sie an diesem Tag keinen Kaffee mehr zu trinken vermochte,
Anscheinend liegt Spannung in der Luft: da ist was passiert / durch die Luft geschnitten / hektisch / Panik... - bald darauf erfahren wir, dass gar nichts passiert ist bzw. in China ein Sack Reis umgefallen ist: Sie hat an diesem Tag keinen Kaffee getrunken!
Die Stimmung ist zwischen den Zeilen zweifelsohne zum Zerreißen gespannt: Katastrophen liegen in der Luft, der Eklat scheint unausweichlich (wie ein pissender Hund, der keine Ecke auslässt, setzt er in fremden Häusern seine Duftnoten auf die peinlichste Art und Weise), die Axt für den finalen Schlag liegt fast schon bereit usw. usw.
Aber dann:

nutzlos [...] jedes Werkzeug in ihren Händen
Sie kann die Axt nicht greifen; sie kann wahrscheinlich nicht mal den Sparschäler halten! So viel Wut! - - - und soviel Ohnmacht! Erschütterndes. Gleichgültigkeit. Und man lacht immer an der falschen Stelle. Und am Ende ist vielleicht gar nichts passiert; mit guter Argumentationskette ließe sich wirklich darstellen: bisschen überspannt halt, aber sonst alles im grünen Bereich!

Dein Text lebt von der unterschwelligen Angst, von einer tief liegenden Verstörung, die sich dem schnellen Zugriff entzieht. Mir gefällt er ausgesprochen gut und ich würde gerne mehr davon lesen!

lg wüstenrose
 

Val Sidal

Mitglied
Der Andere,

kann man machen: sich entscheiden, (k)einen Satz zu schreiben, einen Erzählmodus wählen(indirekte Rede) -- und dann los!

Der Autor sagt, der Leser solle halt gucken, wie er klar kommt. Der Ich-Erzähler bleibt verborgen, und SIE redet und redet.
Wie wüstenrose schon bemerkt hat, stockt der indirekte Fluss manchmal, wirkt zunehmend hemmend und bricht.

Beispiel:
heute habe sie einfach etwas Gutes für mich tun wollen, es gäbe Hähnchen und Reis und dazu eine Soße aus Kokosmilch, sie wisse zwar nicht, wie und ob es schmecken werde, in jedem Fall aber...
Der Text (Code) lenkt die Aufmerksamkeit erfolgreich auf sich.

So siegt die formal-technische Vorentscheidung über Inhalt, Dramaturgie, Atmosphäre -- letztlich auch über das Lesevergnügen.

Wie gesagt -- kann man machen...
 
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