Aneinander gereihte Unmöglichkeiten oder Widersprüche, Dinge und Menschen werden mit Inversfarben versehen.
Das Gedicht ist quasi das Negativ, es muss noch kopiert werden in Gedanken.
wind peitscht graubraune birken am hang
"Wind peitscht" ist ein sichtbarer Vorgang und eine (leider fast schon klischeehafte) Metapher, passt aber hier.
Birken sind durch helle Rinde bekannt, graubraun wird sie durch
Schmutz oder Beleuchtung. Hier scheinen beide zu herrschen.
schräg durchsichtig stehen nasse fäden
kaltes ungemütliches Wetter. Schräge nasse Fäden stehen hier für feinen Regenn, der durch stetigen, aber nicht peitschenden Regen getrieben wird.
vor beschlagenen fensterscheiben
Kälte draußen, aber kein Frost, drin ist es warm, die Scheiben beschlagen.
selbst krähen verzichten auf flugversuche
Metapher für sehr schlechtes Wetter.
und ein junger hund jault vor sich hin
aber so extrem schlecht ist es nicht, Man lässt noch junge Hunde hinaus.
das dorfkonzert müht sich um atonales in moll
Sehr entgegengesetzt zu dem, was ich von Dorfkonzerten kenne, diese mühen sich um Tonales. Aber atonal und Moll passen nicht zusammen.
Es ist ein schönes Beispiel parakonsistenter Logik.
nasse blätter schweben nachlässig
in pfützen zwischen kopfsteinpflastern
habe ich auch schon beobachtet. Wenig und selten dieses Jahr.
ein trecker mit güllefass
wartet vor der letzten kneipe
Eine Metapher, der Trecker wartet nicht, aber in der Metapher darf er das.
nur ein kind rennt mit gelben stiefeln
laut lachend durch eine Lache
Das Kind ist hier ein Symbol, eine Metapher der Hoffnung. Ähnlich zu dem Jungen in Tarkowskis "Opfer". Wird es gerettet? Rettet es die Menschheit? Solche Ansprüche stellt das Gedicht nicht. Es vermittelt eher die Atmosphäre von Heine:
Das halbe Fürstentum Bückeburg
Blieb mir an den Stiefeln kleben;
So lehmichte Wege habe ich wohl
Noch nie gesehen im Leben.
Hoffen wir auf mehr Regen.