Offener Brief an Würgafone

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anbas

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Offener Brief an Würgafone


Hallo Würgafone,

seit Monaten versuchen Sie mich telefonisch zu erreichen. Ich weiß das, weil Ihre Nummer regelmäßig im Display meines Telefons zu sehen ist. Und dass die Nummer zu Ihnen gehört, weiß ich wiederum, weil ich einmal zurückgerufen habe. Da hat sich dann eine Bandansage in Ihrem Namen gemeldet.

Ich bewundere Ihre Ausdauer, bzw. die Ihrer Mitarbeiter. Wirklich! Schon seit über einem halben Jahr versuchen Sie mich an den unterschiedlichsten Tagen und Tageszeiten zu erreichen. Unermüdlich probieren Sie es immer wieder. Respekt, Respekt!
Übrigens: Einige Male war ich zu Hause, als Sie anriefen. Aber dann sah ich Ihre Nummer und hab' mir gedacht: "Ach nö, dass muss jetzt nicht sein. Hab keinen Bock, mit denen zu reden."
Etwas verärgert war ich allerdings immer dann, wenn Sie samstagmorgens anriefen und mich aus dem Schlaf rissen. Wer es nämlich gut mit mir und sich meint, ruft am Wochenende erst nach elf Uhr bei mir an. Vorher tun das nur potentielle Feinde. Aber ich habe dann recht schnell herausbekommen, dass Sie es nur viermal klingeln lassen. Das halte ich inzwischen gut aus, so dass ich mich gleich wieder umdrehen und weiterschlafen kann – zumal nach dem fünften Klingeln mein Anrufbeantworter anspringen würde.

Ich weiß, es ist undankbar von mir, Sie so zu ignorieren. Immerhin wollen Sie nur mein Bestes – also mein Geld. Das klingt jetzt sehr hart, und Sie werden das so auch nie sagen, aber letztendlich läuft es doch genau darauf hinaus. Oder wollen Sie mir wirklich weismachen, dass Sie nur aus reiner Nächstenliebe den Kontakt zu mir suchen? Sicher nicht. Es geht doch darum, dass Sie mir Ihren besonders guten Service anbieten wollen, mit dem ich zukünftig besser Fernsehen schauen könnte, mehr Kanäle und zusätzlich einen schnelleren Internetzugang hätte. Außerdem ist Ihr Angebot selbstverständlich deutlich günstiger als das der Konkurrenz. Stimmt's? Habe ich Recht?

Einmal hatten wir vor ein paar Jahren so ein Gespräch. Erinnern Sie sich? Damals habe ich Ihnen gesagt, dass ich kein Interesse an einem Wechsel hätte – und zwar grundsätzlich nicht.
Natürlich können Sie sich nicht daran erinnern. Und der unterbezahlte Mitarbeiter des Callcenters von damals, der Ihnen das noch einmal bestätigen könnte, wird sicherlich – zumindest, wenn er ein bisschen Würde hat – schon längst gekündigt haben und jetzt etwas Anständiges machen. Das ist ja auch nicht sonderlich schwer, da schon das Putzen von vollgekackten Rastplatz-Toiletten eine ehrenvollere Aufgabe ist, als fremde Leute telefonisch zu belästigen, um ihnen irgendwelchen Mist andrehen zu wollen.
Damit möchte ich jetzt natürlich keinem Callcenter-Mitarbeiter zu nahe treten. Diese Arbeit ist immerhin noch ein wenig besser, als Omas die Handtaschen zu klauen. Und selbstverständlich ist sie auch löblicher, als beim Amt die Hand aufzuhalten. Doch jeder, der dort tätig ist, sollte sich überlegen, wie er möglichst schnell eine sinnvollere Beschäftigung für sich findet.

Doch nun zurück zu Ihnen, liebe Würgafones. Da Sie der zentrale TV-Hoflieferant meines Vermieters sind, haben Sie wohl das Recht, mich über neuen Nepp … Entschuldigung, neue Angebote, zu informieren. Angebote, die mich, wie ich schon erwähnte, einen Dreck interessieren. Deshalb werde ich auch weiterhin nicht ans Telefon gehen, wenn ich Ihre Nummer im Display sehe. Außerdem werde ich mir in Kürze ein neues Telefon anschaffen, eines, in dem man ungewünschte Nummern sperren lassen kann – welch tolle Erfindungen es doch gibt!

Eigentlich wollte ich an dieser Stelle vorschlagen, dass Sie mir künftig Ihre Informationen per Post zuschicken. Die Altpapiertonne liegt auf meinem Weg zur Arbeit. Dann würden Ihre Anrufe mich auch nicht mehr nerven. Doch andererseits wäre ich in diesem Falle für den unnötigen Tod vieler Bäume mitverantwortlich.
Daher schlage ich Ihnen Folgendes vor: Ich richte für Sie einen eigenen Email-Account ein – Adresse: Würgafone@mülleimer.de. Dorthin können Sie mir dann gerne Ihre wichtigen Infos zuschicken. Ich werde diesen dann die Beachtung zukommen lassen, die sie verdient haben.

Hochachtungsvoll

Ihr

Ich-Will-Nicht-Kunde
 

anbas

Mitglied
Hallo, liebe anonyme Werter und Werterinnen,

danke fürs Lesen und die Rückmeldung in Zahlen ;).

Liebe Grüße

Andreas
 



 
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