Ohne Titel (Am Morgen des dritten Tages)

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G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Für mich ist hier nichts bleischwer oder ungelenk.

Am Morgen des dritten Tages
beschenkte er die Jünger:
Die Formulierungen "dritter Tag" und "Jünger" lenken das Verständnis ins Religiöse. Jünger ist das überkommene Wort für Schüler eines bekenntnisstiftenden Meisters. Der dritte Tag ist weitgehend offen, z.B. als Tag der Hochzeit zu Kana, oder als der dritte Tag nach der Passion Jesu, der zugleich erster Tag der Woche ist. Bestätigt durch das meisterliche "Beschenken" der Schüler mit Seelengaben.

Die Gläubigen mit Stolz
Die Furchtsamen mit Feuereifer
Die Ehrfürchtigen mit Bildern.
"Gläubige" schränkt es wieder auf das religiöse Feld ein, könnte natürlich spöttisch verstanden werden, und dazu paßt die Gabe des "Stolzes", die eigentlich in die Büchse der Pandora gehört. Stolz ist das Böse, von dem ein "Jünger" täglich erlöst zu werden bittet.
Ansonsten Gaben, die in den Anfang der Bergpredigt zu passen scheinen. Gut pointiert, verdichtet aufs Wesentliche.

Die Demütigen aber
Ließ er in Frieden.
Das heißt, so verstehe ich es, die Seelengaben für die vorherigen drei Empfänger lassen die Schüler nicht infrieden. Sie beunruhigen. Ein kritischer Rückschlag in deren Lernprozeß: Wohin denn führt der Feuereifer, der die Furchtsamen zunächst aufweckt, zur Tätigkeit treibt, die Tätigkeit zur Glut bringt? Und sogar die Bilder, von denen z.B. Gedichte leben, die ihre Abstraktheiten sinnlich füllen, ihre Verständnisklüfte überbrücken? Bildbefangenheiten verschleiern den Frommen die Wahrheit. Es ist so eine Sache mit den Bildern.

Eine schlichte und dadurch kraftvolle Schluß-Pointe.

Ausgezeichnet!
 

molly

Mitglied
Hallo Der Neue

ein interessantes Gedicht, weder bleischwer noch ungelenk. Wenn das ginge, würde ich auch Mondnein für seinen Beitrag zu diesem Gedicht 5 Sterne schenken.

Mit Gruß
molly
 



 
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