olfaktorisches gedächtnis

4,20 Stern(e) 9 Bewertungen

fee_reloaded

Mitglied
olfaktorisches gedächtnis



noch heute finde ich mich im moment -
betört vom duft wilder narzissen -
auf almen wieder unter lichtem blau,
in dem vom gelb der trollblumen
betupften satten grün der wiesen,
als kleines kind von vielleicht vier;

ich trotze dunklen teufelskrallen
und fühle unterm lattichhut
den mut verwegener entdecker,
großmutters hand, die warme sonne
in ihren augen, wenn sie lacht,
und meine siebenmeilenstiefel
aus rotem gummi an den füßen.

in unsren mündern prickelnd süß
vom beutezug im himbeerschlag
der nachgeschmack erfüllter zeit,
geteilten glücks und so viel

liebe.






.august_2022
 

Tula

Mitglied
Hallo fee
In der Tat ist unsere Erinnerung an die Kindheit, und damit auch unsere emotionale Verbundenheit mit gewissen Orten, durchaus von Gerüchen mitgeprägt. Wald, Wiese, Garten usw. riechen in der Tat nicht überall gleich. Schön verdichtet.

LG
Tula
 

fee_reloaded

Mitglied
In der Tat ist unsere Erinnerung an die Kindheit, und damit auch unsere emotionale Verbundenheit mit gewissen Orten, durchaus von Gerüchen mitgeprägt. Wald, Wiese, Garten usw. riechen in der Tat nicht überall gleich. Schön verdichtet.
Herzlichen Dank, Tula!

Ich erinnere mich, irgendwo aufgeschnappt zu haben, dass das Gedächtnis über Gerüche besonders rasch und langfristig vernetzt ist. Das allerdings auf einer unterbewussten Ebene - das nennt man dann "passive Erinnerungen". Die stark emotionale Komponente, die dabei mitspielt, kommt daher, dass beim Riechen die Amygdala und der Hypothalamus aktiviert werden - dort werden also Emotionen mit Gerüchen verknüpft.

Aber genug kluggeschwatzt. Ich freu mich, dass dir mein Versuch der Verdichtung einer solchen Erinnerung gefällt!

Liebe Grüße,
fee
 
Hallo Fee,
Wer zur richtigen Zeit vom Pötschenpass hinunter in das Ausseer Land fährt, taucht in eine einzige Narzissenwolke ein. Aus der ganzen Welt kommen Menschen, um die prächtig geschmückten Bootscorsos zu sehen. Beeindruckend.
Beislgrüße
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich erinnere mich, irgendwo aufgeschnappt zu haben, dass das Gedächtnis über Gerüche besonders rasch und langfristig vernetzt ist.
Hallo!

Ich habe mal in mich gespürt und es ist tatsächlich so: Die Gerüche bleiben erhalten und wenn es nur der schlammige Badesee ist.
Sehr schön in Szene gesetzt!

Liebe Grüße
Manfred
 

Scal

Mitglied
Der Titel "olfaktorisches gedächtnis" "riecht" wie eine nicht allzu trostreiche, sandige Ebene - Gewiss, es gibt diese Landschaften, mit ihren jeweilig speziellen eigenen Wertigkeiten.
Wird der Geruch des Titels verlassen, beginnt die trostreiche Landschaft des Duftes (die warme Sonne in ihren Augen).
Ich neige dazu, phänomenologisch zu denken und bevorzuge Wanderungen auf Almen.

Gruß
Scal
 

fee_reloaded

Mitglied
Wer zur richtigen Zeit vom Pötschenpass hinunter in das Ausseer Land fährt, taucht in eine einzige Narzissenwolke ein. Aus der ganzen Welt kommen Menschen, um die prächtig geschmückten Bootscorsos zu sehen. Beeindruckend.
Genau dort, lieber Hans,
in der - inzwischen in Privatbesitz befindlichen - Villa Castiglione am Grundlsee hatte ich als kleines Kind das unbeschreibliche Glück mit meiner Großmutter die Urlaube verbringen zu dürfen, lieber Hans. Ein magischer Ort und magische Zeiten.

Die Gerüche bleiben erhalten und wenn es nur der schlammige Badesee ist.
Sehr schön in Szene gesetzt!
Danke schön, lieber Manfred!
"Nur" vermutlich aus heutiger Sicht. Wenn man den Geruch als Erinnerung gespeichert hat, ist damit höchstwahrscheinlich etwas verbunden, das damals tief beeindruckt hat.

Wird der Geruch des Titels verlassen, beginnt die trostreiche Landschaft des Duftes (die warme Sonne in ihren Augen).
Vielleicht ist der sehr sachliche Titel dem Versuch geschuldet, lieber Scal,

die für mich sehr (!) wertvollen und gefühlsbefrachteten Erinnerungen nicht noch mit einem völlig überfrachteten Titel zu überladen und so dem Kitsch gefährlich nahe zu kommen. So biegt der Leser um die erste Ecke und es erblüht Unerwartetes. Das war durchaus beabsichtigt. :cool: Außerdem mag ich die Wissenschaft eben auch. Nicht nur die Natur - auch, wenn dieser meine Liebe gehört.

Danke euch allen für die schönen Kommentare und Besternungen!
LG,
fee
 
G

Gelöschtes Mitglied 24409

Gast
Der humanmedizinische Titel muss ausgetauscht werden. Es ist ein Irrtum, dass kalte Zitate zu poetischen Texten passen. Eine Neueinrichtung wäre keine Verkitschung.

Kleinschreibung - wunderbar! Aber warum dann noch Zeichensetzung? Pardon, weg damit ... ich lese sogar ein Semikolon, in der Lyrik ein No-go!

Bitte sei so gut und transportiere liebe zurück in ihre Zeile.

Wie könnte bloß ein neuer Titel lauten?


Kristian
 
G

Gelöschtes Mitglied 24194

Gast
olfaktorisches gedächtnis



noch heute finde ich mich im moment -
betört vom duft wilder narzissen -
auf almen wieder unter lichtem blau,
in dem vom gelb der trollblumen
betupften satten grün der wiesen,
als kleines kind von vielleicht vier;

ich trotze dunklen teufelskrallen
und fühle unterm lattichhut
den mut verwegener entdecker,
großmutters hand, die warme sonne
in ihren augen, wenn sie lacht,
und meine siebenmeilenstiefel
aus rotem gummi an den füßen.

in unsren mündern prickelnd süß
vom beutezug im himbeerschlag
der nachgeschmack erfüllter zeit,
geteilten glücks und so viel

liebe.







.august_2022
Strophe 3 ragt heraus.
 

Aufschreiber

Mitglied
Hallo fee_reloaded,

minutiös erinnert und so liebevoll erzählt.
Da lockt es mich doch gleich wieder nach Kärnten (nächste Woche).

Emotion ohne Schwulst. Das mag ich sehr.

Beste Grüße,
Steffen
 
G

Gelöschtes Mitglied 24409

Gast
Ich bin von allen hier derjenige, der gemäß der Lupe-Vorgabe Textarbeit leiste, und ausgerechnet ich werde von der Autorin auf respektlose Weise links liegengelassen.

Muss ich mir merken ...
 

fee_reloaded

Mitglied
Ich bin von allen hier derjenige, der gemäß der Lupe-Vorgabe Textarbeit leiste, und ausgerechnet ich werde von der Autorin auf respektlose Weise links liegengelassen.

Muss ich mir merken ...
Servus, Kristian.

Freut mich auch, dich kennenzulernen.

Ich hatte nicht das Gefühl, dass du einen Dialog starten wolltest...eine direkte, respektvolle Anrede hätte da ev. geholfen.


die Autorin
 

petrasmiles

Mitglied
Ich bin von allen hier derjenige, der gemäß der Lupe-Vorgabe Textarbeit leiste, und ausgerechnet ich werde von der Autorin auf respektlose Weise links liegengelassen.
Lieber Kristian,

ich musste jetzt aber lachen - links liegen lassen ist links liegen lassen, ich glaube nicht, dass das respektvoll geht :)
Aber mal im Ernst - Du polterst ganz schön los, der Titel muss weg, Semikolon geht gar nicht - ich glaube, das ist respektlos einem Autor gegenüber.
Manchmal ist ignorieren ein Akt der Höflichkeit.
Und was den Titel betrifft, Du scheinst mit der Ablehnung alleine da zu stehen - und es gibt auch kein 'richtig' oder 'falsch', sondern nur Meinung.
Würdest Du sagen, Dir erscheint der Titel zu kalt und denkst, das passe nicht zu poetischen Texten, dann kann jemand darüber nachdenken und diskutieren, aber wenn Du bereits ein Verdikt aussprichst, dann kommt kein Dialog zustande; das ist dann auch keine Textarbeit.
Das kannst Du doch besser.

Liebe Grüße
Petra

P.S. Entschuldige Fee, dass ich mich eingemischt habe; ich konnte nicht anders :oops:
 
G

Gelöschtes Mitglied 24409

Gast
Betrachtet meine Vorschläge als gegenstandslos!
 
habe mal in mich gespürt und es ist tatsächlich so: Die Gerüche bleiben erhalten und wenn es nur der schlammige Badesee ist.
Hallo Fee,
In der Ausbildung zum Demenzbetreuer war ein Kapitel auch die Erkenntnisse des Dr. Spitzer. Das olfaktorische Gedächtnis, ist wie die Musik, Gehör in der der älteren Hirnrinde verankert, war also überlebenswichtig, das Sprachzentrum im Kleinhirn kam erst viel viel später.
Beislgrüße
 

fee_reloaded

Mitglied
P.S. Entschuldige Fee, dass ich mich eingemischt habe; ich konnte nicht anders :oops:
:cool: Ja, manchmal muss man einem starken inneren Ruf einfach folgen, liebe Petra!

Das kann ich sehr gut nachfühlen. Danke fürs Einmischen! Ich hätte es definitiv nicht so sachlich hinbekommen.
Girlpower! Yay!

Betrachtet meine Vorschläge als gegenstandslos!
Zur Kenntnis genommen, lieber Kristian.
Mit der "liebe" - ganz allein in seiner eigenen Zeile - hast du mich übrigens schon zum Nachdenken gebracht. Da bin ich mir mit mir selbst aber noch nicht einig. Ev. ändere ich das noch und folge deinem Vorschlag. Und das dann auch gerne.

Das olfaktorische Gedächtnis, ist wie die Musik, Gehör in der der älteren Hirnrinde verankert, war also überlebenswichtig,
Das, lieber Hans, erinnert mich an eine Aussage - ich glaube, ebenfalls von Herrn Spitzer - in einer sehr interessanten Radiosendung zu diesem Thema: "Wenn der Säbelzahntiger um die Ecke kommt, geht die Amygdala an" (als Erklärung für die Art und Weise, in der die Amygdala auch heute noch funktioniert, obwohl der Säbelzahntiger längst ausgestorben ist). Ich liebe es, wenn Wissenschaftler Dinge so einprägsam auf den Punkt bringen - ganz ohne Überfrachtung mit komplizierten Fachausdrücken.

Euch allen liebe Grüße,

fee
 



 
Oben Unten