Opas neue Liebe

Curd Belesos

Mitglied
Wenn ich auch alt und Opa schon geworden,
Schwelt in mir doch noch Lust mit stiller Glut,
Denn hier bei mir, im kühlen, hohen Norden,
Durchströmt uns lang noch sehnend heißes Blut.

Die erste Liebe habe ich genossen,
Wir waren uns über Jahrzehnte treu,
Sie ging von mir und meine Tränen flossen,
Doch jetzt im Herbst des Lebens will ich neu

Mein brennend Herz und meine Liebe schenken,
Wenn meine Kinder das auch anders sehn.
Will an die neue Frau im Leben denken,
Wird doch durch sie mein grauer Alltag schön.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
when I'm sixty four

Offensichtlich ein Spottlied, deshalb wohl auch die verstolperte Metrik und das ungelenke Enjambement: Es soll naiv klingen, ein bißchen doof, wie Du Dir halt alte Leute vorstellst. (Ein Blick in Dein Profil zeigt, daß Du selbst ja eher in dem Alter bist, in dem Käfer Paul sich seinen Rentenbeginn imaginiert hat.)
Tja, ich fühle mich ertappt (mit meinen sehnsüchtigen Liebesliedern), bin auch gar nicht beleidigt (wenn auch nicht so besonders amüsiert oder belustigt). Wem sich der Silberrücken sträubt, der braucht für den Spott nicht zu sorgen.
 
F

Fettauge

Gast
Lieber Curd,

vom Drehstuhl reißt mich dein Gedicht zwar nicht, dazu fehlt ihm einfach die Tiefe, die ich von sogenannter Altersdichtung erwarte, zumal bei diesem Thema; das Gedicht bleibt nicht nur sprachlich, sondern auch gedanklich ein wenig an der Oberfläche.

Aber: Im Gegenteil zu Mondnein, der da wohl noch wenig Verständnis aufbringen kann, wie mir scheint, empfinde ich das Gedicht keinesfalls als ein Spott- oder selbstironisches Gedicht. Nein, ich glaube, du hast deinen Text ganz ernsthaft gemeint, der praktische Naturbursche von der Waterkant spricht sich was vom liebenden Herzen. Irgendwo verstehe ich das auch, nicht jeder ältere Mensch will gestelzten Tiefsinn verkünden, sondern schlicht erzählen, wie er sein Leben mit seiner neuen Liebe einfach nur lebt. Aus jeder Zeile spürt man die neue Lust am Leben.

Und auch im Gegenteil zu Mondnein finde ich dein Strophen-Enjambement gekonnt, daran gibt es überhaupt nichts zu kritisieren.

In der 2. Strophe allerdings "Wir waren uns über Jahrzehnte treu", stimmt es metrisch nicht.

Sprachlich, habe ich oben schon geschrieben, bin ich nicht so richtig zufrieden. Du gebrauchst zu viele gängige und ein wenig nichtssagende Wortverbindungen, z. B. brennend Herz,
meine Tränen flossen usw. Hier hättest du vielleicht doch nicht nach dem erstbesten Ausdruck greifen sollen, was dem Gedicht vielleicht sogar inhaltlich mehr Tiefe hätte geben können.

Liebe Grüße, Fettauge
 



 
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