Pfingstgewitter

5,00 Stern(e) 4 Bewertungen

klausKuckuck

Mitglied

Du hast das Licht gedimmt. Hast ihn verflucht:
«Er greift mich wie man Pflastersteine greift!»
Hast pfeifend eins ums andre abgestreift,
Hast nackt nach Bleistift und Papier gesucht

Und Worte! Worte! Ungeheuerliche!
Ihm aufs Papier gemalt: «Mein Angetrauter,
Auf deiner Lammfelldecke liegen lauter
Besonders sanft umträumte Jugendliche!»

Oh, dieses Stück Papier! Oh, diese Nacht!
Du sagtest Horst zu mir und Heiner,
Wie du, Johannes, streichelt keiner,

Mein Ochsenhörnchen, meine Kummergurke,
Mein Pfingstsmatratzenschlummerschurke …
Du hast … du hast mich schier verhundertfacht.
 

sufnus

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Hey!
Mir ergehts bei diesem sprachlich richtig schicken und ein bisschen verrückten Sonett tatsächlich so wie Dir bei dem Klopapiermumiengedicht (thx für die Sterne!!! :) )... ich mag Dein Gedicht sehr... und verstehe doch nur Bahnhof... irgendwie ist das eine Art Liebesnacht... aber dann komm ich bei der verstandesgetriebenen Exegese nicht mehr so recht weiter - zum Glück ist der Verstand nicht alles! :)
LG!
S.
 

gitano

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Wenn ich empfehlen dürfte, würde ich dem Text auch eine Empfehlung anheften!
Ein nicht gerade populäres Thema in der Öffentlichkeit.... / Haltung des LyrIch scheint mir sehr genau ausbalanciert und getroffen. Auch die Textform erscheint mir persönlich als genau passend. Wortschöpfungen und Formulierungsideen unterstützen sehr treffend den Transport einer Haltung zum Thema.

Ob der Titel etwas den geneigten Leser irritiert?

Mir selbst erschließt sich inhaltlich leider noch nicht "besonders sanft umträumte Jugendliche" im Zusammenhang.
Z9 bis 14 sind atmospärisch schön direkt und dicht/LyrIch Haltung- ein Knaller!
...und wie immer bei guten Sonetten weißt die Begebenheit inhaltlich weit über ihren Rand hinaus!

Gefällt mir sehr gut und gehört zum Besten was ich in den letzten Wochen hier (Lyrik) gelesen habe!
Winke & Grüße
gitano
 
Zuletzt bearbeitet:

sufnus

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Also jetzt ist dieses von mir ja schon ausgiebig (und gerne mit einem Ausgiebigkeitsnachschlag) gelobpriesene Gedicht von zahlreichen weiteren Lesern mit Sternen bedacht worden - aber die Kommentare bleiben spärlich - mit gitanos löblicher Ausnahme - und selbst wenn ich seinen Kommentar mit einbeziehe, will niemand so recht damit heraus, worum es hier wohl gehen könnte (oder ob es vielleicht auch dadaistischerweise um gar nichts bestimmtes geht).
Mittlerweile bin ich aber doch soweit, dass hier eine männliche Masturbation aus der Sicht jenes Körperteils geschildert wird, dessen umgangssprachliche Grobbenamsung schon der alte Goethe als bekümmernswert empfand ("gib mir statt 'der Schwanz' ein ander Wort, oh Priapus!") und eben jene Namensfindungsbemühung trieb nun auf dieser Deutungsebene auch Kuckuckklausens schönes Gedicht engagiert voran.
Lieg ich da wohl richtig? Wohlan, lass mich, Dichter, nicht hängen und steh mir bei! :)
LG!
S.
 

fee_reloaded

Mitglied
Ich bin da doch bei zwei Anwesenden (naja, eigentlich sind es ja hundertundeins, wenn man's genau nimmt), was meine Lesart angeht...mir will sich sonst kein sehr stimmiges Bild zeichnen, wie jene ungeheuerlichen Worte zu Papier gebracht werden könnten. :cool:

Könnte eine von (positivem) Leichtsinn getragene, vom Pfingstgewitter angeregte wilde Nacht sein, in der die eine Seite der anderen etwas über Zärtlichkeit beibringt. Und zwar erfolgreich, wie ich meine. Ich mag die Verspieltheit, die darin steckt. Das Ausloten, das Abstreifen (auch des Alltags), die vielen Rollen und Facetten des Sich-Jung-Fühlens, die ausgelebt werden.

Da schwingt eine herrlich übermütige Vertrautheit mit, die mir sehr gefällt! Zärtlich ungestüme Jugend sozusagen. Schön!
Und einen Pfingstmatratzenschlummerschurken zu haben, ist schon ein echtes Glück!

Sehr gerne gelesen, lieber @klausKuckuck !

LG,
fee
 

klausKuckuck

Mitglied

Ein Vieldeutigkeitsspektakel, in das ich hier hineingeraten bin, wie schön! Mit interpretierender Eindeutigkeit will ich das natürlich nicht zerstören. Ich bedanke mich rundum und im Besonderen bei sufnus für das noch nie gehörte «dadaistischerweise», das ich bei künftigen Interpretationsvorhaben mit Vergnügen ins Spiel bringen werde.
klausKuckuck

ps – die Anwesenheitsliste betreffend scheint mir fee auf der richtigen Spur zu sein ;)
 



 
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