Pilla auf Reisen - ab 6 Jahre

Olli

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Einführung

Es war einmal eine Ente, eine Kuscheltierente, die lebte in einem nahe gelegenen Kaufhaus, zwischen vielen anderen gleichgesinnten Entchen.
Sie lebte dort in einem Regal und rund um sie und alle diese Stofftierentchen herum lebten noch unzählige andere Arten und Sorten von Stofftieren.
Aber diese eine Ente, von der ich hier erzähle, heißt Pilla und sie ist eine ganz Besondere ihrer Art...


1.Kapitel: Kuscheltier, komm wünsch dir was

Als Pilla, sich unbeobachtet fühlend, von ihrem Regal halb stieg, halb flog und flatterte, begab sie sich letztlich watschelnd, ganz leise, zu diesem funkelnden ´Dingsda´, wie sie es nannte. Trotz der überwiegenden Dunkelheit schimmerte und flackerte dieses bogenförmige ´Dingsda´ mal regenbogenfarbend und dann wider Erwartungen hell wie ein Strahl der Sonne. Wurde Pilla hier von dem Strahl, dem Licht, warm oder von innen heraus durch diesen Anblick? So oder anders ging es von diesem ´Dingsda´ aus.
Pilla war aufgeregt und näherte sich bis auf wenige Zentimeter an das Geheimnis heran.
„Das kenne ich doch!“, dachte Pilla. „Es ist, ja genau, dieses Dingsda, ein, hach wie nennen Menschen das? Flimpa, Schlinka, Glinzda…eine Wimper!“
Pilla hielt, leise vor sich hin quakend, die Hände vor ihren Schnabel und wiederholte flüsternd immer wieder das Wörtchen: "Wimper, Wimper.“
Plötzlich, als ihre Augen anfingen zu funkeln, drang wie aus dem Nichts der Spross eines Gedanken in ihr Bewusstsein. Hatte sie nicht einmal von Wunscherfüllungen im Zusammenhang mit diesen Wimpern gehört?
Ja! An einem Tag stand da ein Kind am Regal, dass unbedingt solch eine Ente wie Pilla haben wollte. Die Mutter dieses Kindes hob eine Wimper von der Jacke des kleinen Jungen und sagte: „Puste so stark du kannst und während die Wimper davon fliegt, schließt du die Augen und wünschst dir ganz fest, was in Erfüllung gehen soll.“
Nach diesem Gedanken sah Pilla wieder die Wimper an und dachte nach: „Könnte das vielleicht auch bei mir funktionieren?“
Die Wimper schimmerte sogleich scheinbar noch heller und farbenfroher! Der Farbenschimmer traf auf einen Glaskristall im gegenüberliegenden Regal, wodurch sich der Schein fein verzweigt abgelenkt im Raum verteilte. Von einem Lichtermeer umgeben, verschwamm ihr Blick hinein in Träume, undurchsichtige Hoffnungen und Wünsche. Kurz darauf wurde es dunkler im Raum, weil Pilla die Wimper unter ihren Flügelchen versteckte. Aber in Pilla selbst wurde es klarer. Sie hatte einen Entschluss gefasst…
„Wer ist da?!“, rief der Mann, der das Geschäft nachts bewachte. Er musste wohl das Licht der Wimper gesehen haben.
„Hatschi!“, schoss es aus Pilla heraus.
Pilla war nun aufgeregt und wirklich immer wenn sie aufgeregt ist, muss sie niesen: „HHaaaatschii!“
„Also das ist doch wohl…dir werd ich…!“ und schon lief der Wächter schnellen Schrittes quer durch die Regale, stand mit einem Mal direkt vor dem Regal, in dem sich Pilla verkrochen hatte und…flitzte, ohne Pilla zu bemerken, weiter. Und Pilla? Sie hielt sich ein Füßchen vor den Schnabel. In den Flügeln versteckte sie ja die Wimper.

Einen Tag später setzte sich Pilla unbeobachtet in eine ruhige Regalecke. Direkt vor ihr lag die Wimper. Sie dachte tagsüber kaum an etwas anderes als an ihren Wunsch, den sie klar vor sich sah. Diesen Traum wollte sie nun durch die Wimper wahr werden lassen. Und so wie es hier steht geschah es:
Pilla nahm die Wimper sachte und legte diese auf ihrem rechten Flügel ab. Sie schloss nun die Augen und wünschte sich so sehnlich die Welt hinter den Regalen zu entdecken. Sie pustete…und die Wimper flog davon…


2.Kapitel: Gibt es Wunder?

Am nächsten Morgen wachte Pilla auf und schaute sich um. Etwas verschlafen stellte sie fest, dass sich alles am alten Platz befand. Absolut nichts hatte sich geändert. Leise quakte sie vor sich hin. Ihre Laune war nicht die beste. Pilla wollte sich noch einmal einkuscheln und später in den Tag starten, aber plötzlich hob sie jemand hoch. Das Geschäft hatte bereits geöffnet und es war eine Frau, sie hieß Mary, die Pilla zu sich nahm.
„Ist die süß“, sagte sie zu ihrem Mann George.
Der aber winkte etwas abwesend ab und meinte nur: „Wir müssen heute noch einiges für unseren Wochenendausflug einkaufen. Ein Kuscheltier passt da nicht mehr in unser Gepäck.“
„Nun gut“, dachte Mary und legte Pilla zurück in das Regal.
Was Mary und George nicht merkten war aber Folgendes: Beim Wegdrehen stieß Mary mit ihrem halb offenen Rucksack gegen das Regal. Pilla saß gefährlich nahe am Rand des Regals. Bei dem Stoß verlor Pilla das Gleichgewicht und mit einem ´rumms´ landete sie weich im Inneren des Rucksacks. Sie war so sehr damit beschäftigt bei dem Wackeln im Rucksack Halt zu finden, dass sie nicht daran dachte, um Hilfe zu quaken. Nach einer Weile fand Pilla eine kleine ausgepolsterte Tasche in dem Rucksack und legte sich hinein: „Das ist ja wie in einer Hängematte!“, quakte sie wippend vor sich hin. Und bei den Bewegungen die Mary beim Laufen nun einmal machte, dem Wippen und Wanken im Rucksack, schlief Pilla selig ein.
Sie träumte von ihrem Zuhause, wie sie in den Regalen mit ihren anderen Enten-Freunden spielte und alle lustig zusammen quakend den Tag verbrachten. Sie versuchten fliegen zu lernen, so wie die großen Enten es konnten. Erst versuchte es nur eine der kleinen Enten, dann mehrere gleichzeitig. Alle machten zwei, drei Flügelschläge und dann setzten sie plumpsend mit ihrem Hinterteil auf dem Regalboden auf. Nur Pilla schaute längere Zeit zu. Sie betrachtete das Treiben der anderen und zögerte vor dem ersten Versuch. Dann aber setzte sie ganz langsam an. Sie breitete ihre kleinen Flügelchen aus und machte nur einen Flügelschlag. Sie bekam große Augen als sie merkte, dass sie schwebte! Ja, sie flog in dem Traum davon und auch ihre Freunde sahen was da passierte. Quakend sagten alle Freunde: „Guck doch, schau, die Pilla fliegt!“
Da wurde Pilla ganz langsam wach. Sie spürte und sah, dass etwas sie anfasste. Ja, eine Hand hielt sie und hob sie aus dem Rucksack, ganz vorsichtig. Da blickten sie auch schon zwei Augen an. Es waren Marys Augen: „Wo kommst du denn her?! George, wir haben einen kleinen Passagier!“
Die beiden konnten sich nicht erklären wie Pilla in ihren Rucksack kam und mussten erst einmal herzlich lachen.
„Was sollen wir mit der kleinen Ente machen? Sie gehört uns ja nicht.“, sagte George. Und er sagte nach kurzem Überlegen weiter: „Wir sollten sie nach unserer Reise wieder in den Laden zurück bringen, denn jetzt sind wir schon zu weit gereist.“
Mary und George schauten sich liebevoll an und nahmen Pilla für ihre Reise auf.
Pilla dachte erstaunt: „Was? Gereist sind wir? Wir reisen tatsächlich?! Dann hat das mit der Wimper ja doch funktioniert!“
Mary sagte ohne Pilla gehört zu haben: „So eine Süße, ich nehme das Entchen gleich mal in meine Brusttasche, dann hat sie eine super Aussicht.“
George schaute sich das belustigt an und fand dabei ein kleines Bändchen am Hals von Pilla. Er hielt es vorsichtig und sagte: „Hey, schau an, das Entchen hat sogar einen Namen!“
„So ein Quark“, sagte Mary. Sie dachte das George wieder einen seiner Späße mit ihr machte. Pilla hörte das Mary Quak gesagt hatte und dachte mit großen Augen:
„Sie sprechen ja sogar meine Sprache! Die zwei gefallen mir!“
Dabei rutschte ihr ein leises aber hörbar kicherndes Quaken heraus. George hörte es und fragte Mary: „Sag mal, quietschen deine Schuhe neuerdings?“
Mary sah George dabei so verdattert wie selten an und lachte laut los: „Haha, was ist denn mit dir? Bekommt dir die gute Sonne nicht?“
Mary hatte das Quaken von Pilla also nicht gehört. George kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf und meinte murmelnd:
„Ja, wahrscheinlich hast du recht. Komm, wir wollen weiter wandern, ja? Lange ist es heute nicht mehr hell und anscheinend muss ich mich ausruhen.“
Pilla hatte nun auf dem weiteren Weg eine wunderbare Aussicht und ab und an streichelte Mary Pilla sanft das Köpfchen.

Gestern erst wünschte sich Pilla das dieser Wunsch einer Reise mithilfe der Wimper in Erfüllung geht und schon jetzt war das Realität. Es hatte also wirklich funktioniert.
Mary und George wanderten durch Wälder und quer über Felder. Es war ein beschwerlicher Weg, aber überall gab es Neues zu sehen und zu entdecken. Vor allem für Pilla. Sie kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, sah wunderschöne Blumen, Vögel, Käferchen und eine Landschaft die ihr völlig neu war. Sie atmete die frische, süße Luft ein und murmelte sich zufrieden in Marys Hemdtasche. Wieder streichelte Mary so wohltuend über Pillas Kopf.

Am Abend saßen alle am Rand eines Feldes, direkt dort, wo ein Wäldchen begann. Neben ihrem Zelt knisterte ein warmes Lagerfeuer in hellgelb bis rot, wie der Sonnenuntergang selbst. Bei Gitarrenmusik und schönem Gesang von George und Mary schlief Pilla, die sich in Marys Schlafsack kuscheln durfte, ein.


3.Kapitel: Nichts kommt wie man denkt

Als Pilla wieder aufwachte, lag noch immer der rauchige Duft von dem Lagerfeuer in ihrer Nase. George und Mary schliefen noch, aber Pilla wurde zunehmend munter. Kurzum schlich sich Pilla durch die Stoffberge im Zelt bis zum Ausgang.
„Hindurch“, flüsterte Sie der Zelttür zu und dabei bewegte sie ihren rechten Flügel als wenn sie der Zelttür zuwinken würde, von links nach rechts. Die Zelttür blieb verschlossen. Irgendwie war diese Tür scheinbar kaputt, dachte Pilla. Im Kaufhaus funktionierten alle Schiebetüren etwa ähnlich. Man ging auf sie zu und die Tür öffnete sich. Falls nicht, musste man nur kurz winken. Was war also falsch an dieser Tür? Da sah Pilla am untersten Rand eine kleine offene Stelle. Die Tür war nicht ganz geschlossen. Da war sogar ein Reißverschluss. Komisch dachte Pilla, so etwas hatte sie an den Türen im Kaufhaus noch nie gesehen. Sie zog an dem Verschluss und es tat sich ein Spalt auf der groß genug war, damit Pilla hindurch schlüpfen konnte. Auf dem kühlen Boden vor dem Zelt angekommen reckte und streckte sich Pilla und hob die Flügel für schnelle Flatterschläge.
„Hm, jetzt ein Bad“, dachte sie. Also ging sie los um nach Wasser zu suchen. Dabei fiel ihr wieder ein Lied von gestern Abend ein, dass sie dabei vor sich hin schnatterte. “Hatschi“, Pilla schüttelte sich.
Sie hatte ihre Ohrwurmallergie ganz vergessen, aber das Lied ging ihr nun einfach nicht mehr aus dem Köpfchen. Sie musste also nicht nur Niesen wenn sie aufgeregt war, so wie damals im Kaufhaus, sondern eine Allergie gegen Ohrwürmer plagte sie hier und dann auch schon einmal. Hier draußen in der Natur fühlte sie jedoch eine Besserung. Im Kaufhaus lief ja täglich die gleiche Musik, weshalb viele Kuscheltiere schon seit Generationen allergisch auf wiederholte Melodien reagieren. Vor allem auf jene, die im Ohr bleiben.
Als Pilla gerade immernoch auf der Suche nach Wasser vor sich hin watschelte, spürte sie plötzlich ein kurzes unangenehmes Stechen in ihrer Brust. Das war der Moment als sie Angst bekam. Angst davor, dass Mary und George sie hier zurück lassen könnten, sie vergessen. Pilla hatte in diesem Augenblick das Gefühl ganz allein zu sein und überlegte, ob sie schnell umkehren sollte. Da vernahm sie ein Geräusch: „Blubb, blub, blubb.“
Das verdrängte schnell ihre Besorgnis, denn hier gleich in der Nähe war wohl Wasser.
„Nur kurz rein in das Nasse und geschwind zurück“, dachte sie.
Und los ging es! Hinter dem nächsten Busch rechts, „Quak!“, rief sie, denn da war der…es war unglaublich. Vor Pilla tat sich ein Wasserbecken auf, darin hätte das gewaltige Kaufhaus zwei oder gar dreimal hinein gepasst! So etwas hatte Pilla nicht erwartet. Ihre Augen funkelten so hell glänzend, dass man sie mit dem glitzernden Wasser selbst verwechseln konnte.
„Das hier“, dachte Pilla, „das muss ich unbedingt den anderen erzählen!“
Nie hat jemand zuvor eine Ente vom Land aus einen Kopfsprung ins Wasser springen sehen. Pilla tat es. Diese begnadete Schwimmerin glitt geschmeidig am Ufer entlang, schoss pfeilartig auf die Mitte des Sees zu und hüpfte sogar aus einer kleinen ihr entgegen kommenden Welle. Sie flog wenige Meter über der Wasseroberfläche. Erst merkte sie es in ihrem Hochgefühl kaum, bis es in ihr Bewusstsein drang: „Quak! Quak, quak, quak! Schaut, ich fliege!“, rief sie.
Und in einer Rechtskurve schaute sie in Richtung des Ufers von dem sie eben kam. Oh Schreck, das brachte sie ganz aus der Fassung.
„So weit weg…?!?“, murmelte sie ehrfürchtig und nahm die Flügel vor den Schnabel. Platsch! Schwapschwidaschwapglucks. Pilla tauchte ab, ungewollt. Vor Schreck schluckte sie Wasser, öffnete bei dem Tauchgang die Augen und sah die Wasseroberfläche. Mit einem „Pfffsch“, spuckte sie das Wasser in einer Fontäne durch ihren Schnabel aus. Geschafft, sie war wieder aufgetaucht.
Das hatte Pilla ganz vergessen: In Kapitel 1 der Entenflugtheorie steht: Wer fliegen will braucht Flügel! Und im zweiten Absatz: Die Flügel immer schön gestreckt halten!
Da schwamm Pilla nun mitten auf dem See. Es war wie verhext, sie schaffte es auch nach mehreren Versuchen nicht noch einmal abzuheben. Aber Pilla war ja eine gute Schwimmerin und beeilte sich wieder zurück an das Ufer zu gelangen. Sie sagte hastig vor sich hin: „Mary und George warten doch bestimmt schon!“
Mit erschöpften Beinchen gelang es Pilla schließlich das Ufer zu erreichen. Sie schüttelte ihr nasses Gefieder an Land gekonnt trocken und watschelte flink zurück zu Mary und George. Sie bog ab und ihr Herz schlug schneller als sie nur noch wenige Meter vom Lager entfernt war. Völlig außer Puste stand sie da:
„Bin ich hier richtig?“, fragte sie sich.
Ach ja, da war die Feuerstelle und in sicherer Entfernung dazu stand….oh NEIN! Ein erschrockenes: „Quak!“, platzte aus Pilla heraus, als sie sah, dass da kein Zelt mehr stand!
Aber es war doch die richtige Stelle, ganz sicher. Warum nur? Das Gras, dort wo das Zelt hätte stehen müssen, war noch ganz platt gedrückt. Und die Stellen waren quakdratisch, dachte Pilla, wie der Zeltboden eben auch war.
“Oh nein, oh nein“, stammelte Pilla immer wieder: „Was soll ich denn nun machen? Wo sind die zwei denn ohne mich nur hin?“

Pilla lief verloren kreuz und quer durch den Lagerplatz, aber Fußspuren konnte sie keine ausfindig machen. Sie fand nur noch ein paar Brotkrümelchen die sie gleich, hungrig wie sie war, verspeiste. Und da lagen etwas weiter noch ein paar Krümelchen und dann weiter hinten wieder zwei Stückchen. Das musste doch eine Spur sein! Sie folgte dieser so weit der Hunger reichte und dann…stand sie wieder an dem See von heute Morgen. Nur an einer anderen Stelle. Das war ja erst einmal gut, denn sie hatte nach all dem Essen doch gewiss Durst. Dennoch, weit und breit waren ihre zwei Freunde nicht auffindbar. Das machte Sie sehr traurig.


4.Kapitel: Zu Hilfe!

Pilla hatte aber ganz plötzlich keine Zeit mehr um traurig zu sein, denn aus dem Gestrüpp am Wasser schauten sie zwei dunkle, tief schwarze Augen an. Pilla wurde ganz still und bewegte sich nicht mehr. Ihr war das unheimlich. Da war ein weißer Kopf zu erkennen. Plötzlich tauchte noch einer dieser unheimlichen Kreaturen auf und Pilla wurde mit einem Schlag sehr nervös. Das waren doch Schlangen, oder?
Pilla stolperte bei dem Versuch umzudrehen und wegzulaufen, über ihre eigenen Watschelfüße. Sie fiel hin. Dabei wurde sie noch aufgeregter. Ihr Herz schlug schnell in der Brust und sie fing im liegen an zu rennen. Sie merkte erst als über ihr einer der weißen Köpfe auftauchte, dass sie am Boden liegend, mit den Füßen in der Luft, versuchte wegzuwatscheln. Sie hielt dann inne, während diese schwarzen Augen Pilla anstarrten und sich der Mund der Kreatur öffnete:
„Was bist du denn für eine?“, fragte eine auffallend freundliche Stimme.
Pilla stammelte nur: „We, wa, was?“
Pillas tretmühlenartige Schritte wurden nun langsam immer langsamer.
Wieder sagte das Wesen etwas: „Geht es dir gut?“
Pilla antworte weiterhin unsicher: „Ähm, schon, aber… wer und was seid ihr? Etwa Schlangen?“
Langgezogenes quakendes Gelächter folgte von diesen Wesen. Pilla verstand das alles nicht.
"Komisch", dachte sie, "die sprechen ja meine Sprache und lachen auch wie ich!"
„Wir sind Schwäne und suchen unsere Mutter. Haben sie beim Spielen verloren. Und du? Wer bist denn du?“
Pilla wurde etwas gelassener und antwortete: „Ich bin eine Ente und Pilla ist mein Name.“
„So, so“, meinte Rolfi, „eine graue Ente, ja? Wo gibt es denn so etwas?“
Pilla wunderte sich: „Grau?“
Sie schaute im gleichen Augenblick ihre Flügel, den Bauch und kurz danach in einer Pfütze ihr tatsächlich auch graues Gesicht an. Sie schüttelte sich, aber blieb am ganzen Körper grau. Es sah beinahe wie ein Tänzchen aus.
Pilla hatte gar nicht bemerkt, dass sie bei all der Aufregung und Suche nach Mary und George im Lager immer wieder durch die kalte Asche des Lagerfeuers gewatschelt war. Nun klebte die graue Asche wie fest angewachsen an ihrem plüschigen Körper. Sie sagte besorgt:
„Das ist doch nicht wahr, wie soll ich das nun wieder ab bekommen? Rolfi, weißt du da etwas oder ihr anderen? Ich bin doch eigentlich ganz gelb!“
Rolfi antwortete: „Wenn es mit Wasser auch nicht ab geht, leider nein.“, seufzte er und sagte weiter: "Pilla, hilf uns doch unsere Mutter zu finden, sie hat immer eine gute Idee. Und auf der Suche erzählst du uns erst einmal wo du her kommst. Wir haben dich hier nämlich noch nie gesehen.“
Und so geschah es. Pilla erzählte Rolfi und seinen vier kleineren Geschwistern ihre Geschichte. Hätte man zu dieser Zeit selbst am Ufer gestanden, so hätte man fünf kleine Schwäne und eine graue Ente schnatternd über den See schwimmen gesehen. Manchmal war in der Stille ein Plätschern zu hören, sonst nichts. Nicht einmal das schöne Zwitschern der Vögel am anderen Ufer konnte man hören. Alle schwammen dicht beieinander. In einer kleinen Bucht leuchtete ein weißes Federkleid. Daraufhin änderten alle kleinen Schwäne und Pilla die Richtung eben dorthin und trafen auf den Vaterschwan. Dieser bemerkte die Kleinen kaum, aber er schien doch etwas zu spüren, woraufhin sich der große Schwan in sanftem erhabenem Schwung zu ihnen drehte. Mit schüttelndem Kopf zählte der Vater:
„1, 2, 3, 4…6? Also erstens, wo kommt ihr her? Zweitens, wo ist eure Mutter und drittens: Rolfi, Raul, Rosi, Raymond, Raskal, wer ist der sechste bei euch?!“
Rolfi, der älteste, schwamm vor und erklärte Pillas Dasein. Daraufhin drehte sich der Vaterschwan langsam und etwas ungläubig in die Richtung des grauen Entleins. Er fragte Pilla mitfühlend: „So ist dir das alles passiert?“
Pilla senkte den Kopf, nickte und verlor wohl eine Träne, weil sie Mary und George so vermisste. Der Schwan wischte ihr sanft die Träne weg und alle kleinen Schwäne drückten sich an Pilla und trösteten sie. Der große Schwan setzte alle seine fünf Kinder und das graue Entlein Pilla schließlich auf seinen Rücken zwischen die mächtigen Flügel. Er sagte: "Eure Mutter sorgt sich bestimmt schon sehr um euch, ich fliege euch also erst einmal nach Hause. Und dann überlegen wir gemeinsam, wie wir Pillas Eltern wiederfinden, okay Pilla?“
„Oh danke großer Papaschwan!“, rief Pilla. Sie dachte dabei: "Ja, vielleicht sind Mary und George mehr als meine Freunde. Vielleicht werden die zwei ja meine Familie?"
Und kurz darauf setzte der große Schwan mit allen Kleinen an Bord zum Start an.


5.Kapitel: Zu Hause bei der Schwanenfamilie

Die Schwanenfamilie lebte in einem außergewöhnlich schönen, grünen Örtchen direkt am Wasser. Bienen summten über die Wiesen, an Blumen entlang und streiften neckisch das Wasser mit den Flügeln. Der große Papaschwan setzt zur Landung an und schwang seine majestätischen Flügel ein, zwei letzte Male, bevor seine Füße die Wasseroberfläche berührten. Mamaschwan quakte kurz auf, als sie ihren Mann schon am Fluggeräusch erkannte. Sie hüpfte aus dem Häuschen auf die Wiese und schnellte ans Ufer. Im gleichen Augenblick glitt Papaschwan wie mit Wasserskiern auf dem See entlang. Die mutigsten kleinen Schwäne, das waren Rolfi und Raskal, hielten sich jeweils am äußeren Ende des linken und rechten Flügels ihres Vaters fest und glitten mit ihm über die glitzernde Wasseroberfläche. Aufgeregt jubelten die anderen Kinder ihren Geschwistern zu: „Juhu, ihr seid die Meistergleiter, weiter…neuer Rekord!!!“
Pilla guckte verdutzt zu und musste immer wieder auflachen bei diesem einzigartigen Spektakel.
„Mama“, rief Rosi und drückte sich an ihre Mutter: „Wir haben dich gesucht, wo warst du?“
„He, hm!“, räusperte sich die Mutter: „Ihr habt mich zu einem Wettschwimmen bis nach Haus überredet und kaum seid ihr einmal außer Sichtweite, ist keiner mehr von euch zu finden! Bei meiner Suche habt ihr keinen Mucks mehr von euch gegeben. Warscheinlich habt ihr meine lauten Rufe gar nicht gehört, hm?“
Der pfiffige Raul antwortete darauf: „Ach, und ich dachte wir spielen immer noch verstecken!“
Raymond kicherte, aber Papaschwan merkte es und ein Blick genügte, damit sie sich bei ihrer Mama entschuldigten. Alle drückten ihre Mutter und streichelten sie lieb, bis auf…Pilla. Die Mutter guckte ihren Mann und dann wieder Pilla an. Der Vater erzählte daraufhin kurz, was geschehen war, worauf Mamaschwan Pilla ihren Flügel reichte. Pilla schmiegte ihr Köpfchen an. Sie brauchte diese Nähe gerade wirklich. Die Mutter spürte es und drückte sie noch etwas fester an sich.
„Pilla, wir zeigen dir erst einmal unser Nest!“, rief Rosi. „Solange du bei uns bist, kannst du bestimmt mit in meinem Zimmer schlafen!“
„Das ist sehr lieb von dir Rosi“, sagte Mamaschwan.
Alle Kinder watschelten zusammen mit Pilla los und zeigten ihr alles. Von dem idyllischen Nest, bis zur näheren Umgebung, die sie gern unsicher machten.


6.Kapitel: Wer suchet, der findet

Am nächsten Morgen wachte Pilla von einem unbekannten Duft auf. Es roch süßlich, nach Kuchenteig, aber da wurde etwas gebraten. Es knisterte ganz deutlich und dann und wann zischte es lauter auf. Was konnte das nur sein? Die kleine Rosi kam in das Zimmer und rüttelte aufgeregt an Pilla:
„Pilla, komm schnell mit, es gibt Feierkuchen! Die Jungs essen uns noch alles weg!“
"Feierkuchen?", dachte Pilla, "hm, dass klingt doch gut!"
Beide watschelten in die Küche, wo sich schon alle anderen befanden. Es herrschte eine enorme Lautstärke die Pilla kurz erschrak, da alle Kinder wild umher quakten, teilweise schlugen Flügel, die Mehl aufwirbelten und zwischendrin wurde gebraten und gegessen. Als Pilla in die Küche watschelte hob die Mutter einen Flügel, das war das Zeichen für alle Kinder, dass jetzt Ruhe einkehren sollte. Wer nicht saß, setzte sich nun. Die Flügel wurden eingefahren und das Quaken eingestellt. Mutterschwan fragte nun: „Pilla, möchtest du auch einen Eierkuchen?“
Pilla guckte die Mutter verdutzt an: "Sie meinen doch wohl einen Feierkuchen?!“
Da war es plötzlich ganz still in der Küche. Dann hielt es keiner mehr aus. Auch die Mutter brach in schallendes Lachen aus und das gesamte Schwanennest schien vor Lachen zu beben. Der Papaschwan flüsterte Pilla und Rosi zu, was hier das Missverständnis war: Es heißt nämlich Eierkuchen und nicht Feierkuchen. Daraufhin fingen auch die zwei herzlich an zu lachen, bis sie fast umfielen!
Schon jetzt war dieser Tag ein Geschenk. Wie könnte man besser als mit einem gemeinsamen Lachen einen Tag beginnen?
„Allesamt zum Bad!“, rief Mamaschwan nach dem Frühstück.
Sie hatte in einer abgelegenen Nische des Sees bereits etwas biologisches Federweiß – ein Schaumbad speziell für Schwäne – im Wasser verteilt und das schäumte super. Quakend sprangen, rutschten, plumpsten alle Kinder hinein ins Nass. Pilla wurde einfach mitgerissen.
Habt ihr schon einmal an einem See gestanden und wilde laut quakende Geräusche gehört? Dann waren es vielleicht diese Kinderschwäne zusammen mit der grauen Pilla.
Aber was ist das?! Mutterschwan zog Pilla mit einem Mal etwas ungläubig aus dem Wasser und guckte sich Pilla genau an:
„Also das ist ja etwas…du bist ja ganz gelb gefärbt?! Bist du gar kein Schwan meine Liebe?"
Sie lächelte Pilla dabei freundlich an. Pilla schmunzelte:
„Das hatte ich schon fast vergessen, ich bin doch eine Ente! Aber meine Federn hatten sich vor einigen Tagen ganz grau gefärbt. Ich dachte schon nicht mehr daran, aber nun bin ich wieder ganz ich in gelb, juhu!“
Pilla flog vor Freude zwei, drei, fast fünf Meter hoch und ließ sich dann ins kühle Wasser plumpsen.
„Ha, ha, ha“, lachte die Mutter, „die Kleine steckt voller Überraschungen.“
Lachend ging sie ins Haus, um Handtücher für die Kleinen zu holen.
„Das ist ja schwantastisch!“, rief Rolfi draußen zu Pilla, „du kannst ja fliegen! Bring es uns bei, bitte!“
Pilla erzählte: „Bei mir hat das so geklappt: Ich habe es mir lange Zeit immer wieder gewünscht und ganz oft ausprobiert. Und dann hat es irgendwann einfach funktioniert, es war ein Wunder!“
„Kommt alle her meinen Kleinen, Zeit zum Abtrocknen“, sagte Mamaschwan.
„Oh nein, gerade wollten wir von Pilla lernen wie man fliegt…“
„Nächste Mal könnt ihr gerne weiter üben, aber heute suchen wir Pillas Eltern, einverstanden?“, sagte Mamaschwan.
Alle Schwänchen riefen: „Ach ja, na klar, Pilla wir helfen dir!“
Und so geschah es: Mama- und Papaschwan nahmen jeder drei Kinder auf den Rücken, Pilla durfte bei Mamaschwan mitfliegen. Und schon liefen sie an. Mamaschwan war tatsächlich noch etwas schneller beim Anlauf über das Wasser als Papaschwan. Die Kinder quakten wie verrückt, um ihre Eltern anzufeuern, bis beide losflogen. Flügel an Flügel schwebten sie in luftig frischen Höhen über Äcker und Wiesen, Wälder und Flüsse. Immer wieder trafen sich dabei ihre liebevollen Blicke.
„Papa, darf ich es mal probieren?“, rief Raymond. „Ich will flliieeegeeen“, setzte er mit bittend gefalteten Flügeln nach, den Blick zum Himmel gerichtet.
„Na gut, aber bitte wie immer vorsichtig. Die Flügel immer gestreckt lassen und gleiten.“
Ja, ja bestimmt!“, rief Raymond.
Pilla schaute nun bei einer kleinen Flugstunde von Schwänen zu und kam aus dem Staunen nicht heraus. Raymond breitete seine Flügelchen aus und der Vater ging langsam in einen Sinkflug über. Dabei hob Raymond vom Rücken des Papaschwans ab. Raymond flog nun tatsächlich. Na gut, vielleicht ab und an etwas wackelig, aber er schwebte in der Luft.
„Kann nicht mehr!“, rief Raymond nach fast einer ganzen Minute.
Das war das Signal für Papaschwan und er flog wieder etwas höher, so dass Raymond auf dem sicheren Rücken des Vaters landen konnte. Alle Kinder jubelten Raymond zu. Auch Mamaschwan reckte kurz ihren Hals herüber und gab Raymond einen Kuss auf die Stirn. Er freute sich sehr, das war ein schönes Erlebnis.
„Mama?“, fragte der kleine Raskal, „warum blitzt es da unten?“
„Wie meinst du das?“, fragte sie.
„Na da unten“, Raskal zeigte auf die Stelle, „da blitzdingst es.“.
Zack, da war es tatsächlich wieder. Mutter und Vater blickten mit ihren langen Hälsen geneigt zu der Stelle.
„Das sind Menschen, sie fotografieren uns im Flug“, sagte der Vater verdutzt.
Pilla guckte an dem Flügel vorbei in Richtung der Blitze und sah während des Sinkflugs der Mutter, dass das tatsächlich Mary und George waren.
„Das sind sie, mit Mary und George bin ich gereist, bis ich sie verloren habe!“
„Pilla, das ist ja wunderbar! Wir landen in sicherer Entfernung. Uns Schwäne machen Menschen immer ganz nervös“, sagte der Vater Schwan.

Gesagt, getan, die Schwaneltern landeten auf einer Wiese mit einem großzügigen Abstand zu den zwei immer noch fotografierenden Menschenwesen.
„Bitte Kinder, es tut mir leid, aber ihr müsst euch nun von Pilla verabschieden“, sagte Mutter Schwan. Und weiter: „Du wirst mir und uns fehlen meine Kleine, du bist ein ganz zauberhaftes Entlein.“
Die Mutter drückte Pilla an sich und ließ nun den Vater und alle Kinder auf Wiedersehen sagen. Vor allem Rosi fiel der Abschied schwer, aber die Eltern trösteten sie und kurz darauf strahlte sie auch schon wieder, weil die Eltern Pilla einluden, wann immer sie mochte, zu Besuch zu ihnen fliegen zu dürfen.
„Super“, quakte Pilla, als in wenigen Sekunden darauf die Eltern samt ihren Kindern auf dem Rücken losflogen.
Im nächsten Augenblick stand Mary schon ganz dicht vor Pilla: „George, es ist unglaublich! Hier liegt unsere verloren geglaubte Pilla!“
George winkte ab und lachte auf: „Ja, Mary und morgen läuft uns ein Mammut über den Weg.“
Mary nahm Pilla und hielt sie George genau vor die Augen: „Du und deine Witze George, was sagst du jetzt?“
„Waaass?!“, stammelte George, „Das ist doch unmöglich!“
Mary entgegnete ihm:
„Siehst du George und ich habe es schon immer gewusst, nichts ist unmöglich, wenn man es sich nur stark genug wünscht. Ich habe Pilla wieder! Meine süße kleine Ente.“
Mary guckte Pilla an und streichelte sie ganz sanft. Einmal dachte sie sogar, dass Pilla zurück lächelte. War das möglich? Sie kicherte, sagte George aber erst einmal nichts.
Pilla saß nun wieder in Marys Tasche. Nun konnte sich Pilla erholen und dabei die Aussicht genießen. Mary war überglücklich. Auch George, aber er grübelte wie so etwas möglich sein konnte. Ja, wie unwahrscheinlich so ein Moment scheint.

Nach einem schier endlosen Marsch saßen George, Mary und auch Pilla in der Bahn. Alle fuhren gemeinsam heim und so lernte Pilla auch die hübsche Wohnung der beiden kennen. Als wenn Mary wusste das Pilla sie verstehen konnte, zeigte sie Pilla die ganze Wohnung. Überall standen hübsche Pflänzchen und Blumen, einen Balkon hatten sie auch und George saß vor einem Rechteck, in dem sich bewegende Bilder abspielten.
„Komisch,“, dachte Pilla, „wozu das wohl gut sein soll?“
Schlussendlich setzte Mary die kleine Pilla in ihr Bett direkt auf ein Kissen und sagte:
„Ruh dich schön aus meine Kleine, morgen geben wir dich zurück, schließlich sind wir keine Diebe.“
„Diebe?“, quakte Pilla. Sie hatte sich ja selbst gewünscht auf Reise zu gehen.
Mary hörte das Quaken dieses Mal ganz deutlich und drehte sich an der Tür noch einmal zu Pilla um. Dabei quietschte eine Diele des Bodens und Mary kam so ab von dem Gedanken, dass die plüschige Pilla das gerade gewesen sein konnte.
„Oh Gott bin ich müde“, seufzte Mary mit einem Lächeln.
Sie putzte sich noch die Zähne und legte sich dann ins Bett, wo sich Pilla ankuschelte.


7.Kapitel: Zurück zum Anfang – Alles bleibt anders

An diesem heutigen Tag hieß es ausschlafen. Pilla war über Nacht anscheinend im Schlaf vom Bett geflogen. Ja, die Kleine Pilla watschwandelt so wie mancher Mensch eben schlafwandelt. Gerade wachte sie in einem Pantoffel neben dem Bett auf. Auch Mary wachte in diesem Augenblick auf und beim Aufrichten ließ sie ihre Füße an der Bettkante herunter gleiten. Und wohin glitten ihre Füße? Natürlich Richtung Pantoffel. Pilla hielt das für ein Spiel und lief schnackend zwischen den sanft aufsetzenden Menschenfüßen hin und her. Gerade holte Pilla noch einmal Schwung mit den Flügeln, als das Spiel plötzlich aus war. Kopfschüttelnd lag Pilla auf dem Rücken und wurde im nächsten Augenblick von Mary hochgehoben:
„Na, im Bett war es dir wohl zu eng?“, sagte Mary und George schnaubte nur verschlafen: „Waaass…?“
„Ach nichts George…“, kicherte Mary und gab Pilla ein guten Morgen Küsschen.
So wie Mary und George es während der Reise besprochen hatten, begaben sie sich nun auf den Weg zum Kaufhaus. Pilla erkannte das Gebäude sofort wieder und guckte die beiden verdutzt an.
„Ach, sie ist so süß George!“, sagte Mary auf einmal.
„Ja, ist sie wirklich“, meinte George und lächelte dabei auffallend lieb seine Mary an.
Mary fühlte sich ein wenig veralbert, aber George meinte es so und beide drückten sich.
„Bald ist ja dein Geburtstag Mary und ich glaube, gerade ist mir eine Idee gekommen, was ich dir schenken könnte. Das errätst du nie!“, schmunzelte er.

Im Kaufhaus angekommen wirkte auf Pilla alles irgendwie etwas kleiner, ja überschaubarer. Sie erkannte alte Freunde wieder und viele, Groß und Klein jubelten Pilla zu und freuten sich, dass ihr Weg zu ihnen geführt hatte. Freunde machen eben Freude.
Mary lief gedankenversunken, ja eher verträumt, zu dem Regal wo Pilla auf wundersame Weise in ihren Rucksack gefallen sein musste. Oder doch etwa gesprungen? Sie betrachtete kurz die anderen Enten und drückte Pilla etwas fester an sich. Dann setzte sie die Kleine zu den anderen Enten. Pilla konnte man aber doch deutlich von den anderen unterscheiden. Sie schien etwas heller. Es war fast ein leuchtendes Gefieder.
Das musste wohl an dem Schwanenschaumbad liegen. Erinnert ihr euch?

Alle Enten freuten sich einfach riesig Pilla endlich wieder zu sehen und horchten gespannt ihrer Erzählung zu.
Während dessen eilte eine Verkäuferin mit einem Lächeln herbei und begrüßte Mary und George. George stand etwas abseits und betrachtete alle Tierchen genauestens.
„Wie kann ich ihnen helfen?“, trällerte die Dame melodisch gleich einem Kanarienvogel zu Mary.
Bei dieser Verkäuferin erlaubten sich die Enten immer einen Spaß und zwitscherten wie Vögel und zwar alle im Chor: „Tschilp, tschilp, tschilp!“.
Ein Entchen musste dabei so lachen, dass es nach hinten umfiel.
Die Verkäuferin sah dies, stellte die Ente wieder hin und bemerkte beiläufig: „Dieses Regal steht aber wackelig, da muss ich endlich dem Hausmeister Bescheid geben."
Mary erzählte daraufhin die ganze Geschichte von Pilla. Von Anfang an, bis sie bemerkte, dass die Verkäuferin sie ganz starr anblickte und dabei ihr Mund offen stand.
Mary fragte also: „Entschuldigung, ist alles in Ordnung?“
„Aber ja, bitte erzählen sie weiter. Diese Geschichte ist ja herzerweichend!“
Und so erzählte Mary die ganze Geschichte vom Kennenlernen bis zum heutigen Tag.
„Also das ist ja unglaublich! Und doch glaube ich Ihnen.“, sagte die Verkäuferin aufgeregt.
Mary guckte noch einmal zu Pilla und lächelte dabei verträumt.
„Warten sie bitte kurz“, sagte die Verkäuferin im Vorbeigehen und griff in das Regal: „Pilla, richtig?“, trällerte sie.
„Ja, genau das ist sie“, sagte Mary.
„Schau einer an, ein ganz besonderes Entlein. Nun, es tut mir leid, aber dieses Entchen kann ich nicht mehr zum Verkauf anbieten. Das Schild mit dem Namen drauf ist etwas ausgefranst und das Fellchen ist ja heller und plüschiger als von allen anderen, stellt ja alle anderen in den Schatten, ha! Tja, da gibt es nur zwei Möglichkeiten.“, stellte die Verkäuferin mit nun fester Stimme fest: „Diese Ente geht zurück an den Hersteller oder…vielleicht würden sie ja Pilla bei sich aufnehmen?“
Bei diesem Satz zwinkerte die Verkäuferin Mary vielsagend zu.
„Wirklich?! Ja, ich meine unbedingt!“, rief Mary.

So überreichte die Verkäuferin Mary das Entlein und Mary schenkte Pilla gleich einen Kuss auf das Köpfchen. Erst jetzt bemerkte Mary, dass die Verkäuferin die Filialleiterin des Kaufhauses war und bedankte sich noch einmal herzlich für dieses wunderbar liebevolle Geschenk. Als wenn Mary wusste, dass die kleinen Enten im Verkaufsregal sich unterhalten konnten, hielt sie Pilla über alle anderen Enten, damit sie sich von Pilla verabschieden konnten.
„Sie kann fliegen!“, zwitscherten dabei alle.
„Das sagte ich doch!“, rief Pilla noch und flog dann davon.
„George, du wirst nicht glauben was mir eben passiert ist! Pilla gehört jetzt zur Familie!“
Sie erzählte George von allem. Mary strahlte über ihr schönstes Gesicht und so auch George.

Aus einmal Glück wurde zweimal Freude. Oder besser, hier gleich dreimal! Denn auch Pilla war überglücklich, dass die Lebensreise nun mit ihrer Familie weitergehen konnte und kuschelte sich erst einmal für ein Nickerchen in Marys zarte Hand.


Aus einem scheinbaren Zufall wurde ein Wunder. Sozusagen ein Wunderfall, der Pilla in den Rucksack von Mary beförderte und zu all dem Erzählten führte.



Ende
 
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ahorn

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Hallo Olli,

ich finde es toll, dass du den Weg in die Leselupe, gar den Weg in die Kinderecke gefunden hast. Kindergeschichten sind die Anspruchsvollsten, denn in keinem Genre, das ich kenne, muss sich der Autor, derart genau auf seinen Leser abstimmten. Eine Leserschaft, die wächst, größer wird – dabei meine ich nicht derer Anzahl. Aus Zuhören, die bei manch einem Satz lächeln, bei einem anderen vor Schauer ihre Augen verschließen, werden Abenteurer die Wörter erkunden, diese über ihre Lippen pressen, bis sie selbst ihren Eltern ein Lächeln auf die Münder zaubern. Sie lernen.
So, wie diese Kinder, die zu Jugendlichen werden, müssen auch wir, die die diese Geschichten erschaffen, lernen.
Ja, deine Geschichte, die du geschrieben hast, die ich – ich gebe es zu – nicht bis zum Ende gelesen habe, ist ansprechend – von Grammatik- und Rechtschreibfehlern sehe ich ab, wer ist schon perfekt, aber, ja aber, keine Kindergeschichte.
Kinder ab 6 Jahren sind Grundschüler, Erstleser. Für sie ist der Text zu schwer, als Vorlesetext zu kindlich. Grundschüler sind schon groß, verlangen nach mehr, nach den ‚drei Fragezeichen‘, ‚Hanni und Nanni‘ und vieln anderen Geschichten dieser Art. Geschichten für ältere gewiss, aber das ist interessant.
Nein, deine Geschichte ist gut, jedoch eher ein kindliches – dieses nicht als Abwertung – Märchen und da gehört es hin: in Märchen und Fantasiegeschichten.

Oder du spitzt den Bleistift und gestaltest deinen Text ‚kindgerecht‘. ;)
Mit dem ersten Satz im ersten Kapitel würde ich anfangen, dort presst du einen kompletten Absatz in einen Satz.

Trotz der überwiegenden Dunkelheit schimmerte und flackerte dieses bogenförmige ´Dingsda´ mal regenbogenfarbend und dann wider Erwartungen hell wie ein Strahl der Sonne.
Das ‚trotz‘ ist unsinnig, denn trotz der Dunkelheit flackerte das ‚Dingsda‘ bestimmt nicht.
Das wie eine Banane gebogene ‚Dindsda‘ schimmerte mal in all den Farben des Regenbogens, mal strahlte es hell wie die Sonne.

Wurde Pilla hier von dem Strahl, dem Licht, warm oder von innen heraus durch diesen Anblick?
Pilla wusste nicht, ob das Licht ihn wärmte oder der Anblick des ‚Dingsda‘.


Pilla hielt KOMMA leise vor sich hin quakend KOMMA die Hände vor ihren Schnabel und wiederholte flüsternd immer wieder das Wörtchen: „Wimper, Wimper.“
Kommata können beim Lesen helfen. ;)

Pilla verdeckte ihren Schnabel und quakte, flüsterte, wiederholte: „Wimper, Wimper.“

Plötzlich, als ihre Augen anfingen zu funkeln, drang wie aus dem Nichts der Spross eines Gedankens in ihr Bewusstsein.
Ihre Augen funkelten (von mir aus), als aus dem Nichts ihr eine Idee kam.

An einem Tag stand da doch ein Kind am Regal, dass unbedingt solch eine Ente wie Pilla haben wollte.
Wat für an Fisch: ein Kind in der Spielwarenabteilung.
Sie erinnerte sich an das Kind, das sie gegriffen hatte; sie haben wollte.

So fort.
Kurze einfache Sätze ohne Schischi: Subjekt, Prädikat, Objekt (maximal eine Adverbialerweiterung), wenn möglich, keine Partizipien oder (Amts)Wörter (-heit, -keit, -schaft, -ung, …)


Liebe Grüße
Ahorn
 

Olli

Mitglied
Hallo Ahorn,

vielen Dank für deine Willkommensworte und jene Kommentare zum Text sowie Vorschlägen. Anpassungen folgen!

Die Einordnung der Gattung ist hier im Forum selbst ein Thema. Im Forumstext Märchen steht dazu:
„…Handelt es sich bei den Texten eher um Märchen, die für Kinder geeignet sind, sind sie im Forum "Kindergeschichten" vielleicht besser aufgehoben und finden dort auch mehr Resonanz. Diese Alternative sollte immer in Betracht gezogen werden…“
Also habe ich den Text hier rein gestellt, gleichwohl ich deinen Punkt zur Differenzierung von Gattungen nachvollziehen kann und super finde, dass du darauf aufmerksam machst, danke dafür.
Meine Einstellung ist erst einmal grundlegend: Was Kinderohren gefällt, ist für Kinder (natürlich im Rahmen des Kindeswohls). Da konnte ich, auch mit diesem Text, positive Erfahrungen machen. Natürlich musste ich bei einigen Stellen teilweise Worte erläutern, durch einfachere ersetzen, aber ich muss sagen, diese scheinbar störenden Unterbrechungen bilden auch Chancen. Einer Lesepause, Stichpunkt Aufmerksamkeit der Kinder (vor allem wenn wenige/keine Bilder vorhanden sind). In Kommunikation zu treten und das Sprechen sowie das Sprachverständnis zu diskutieren und zu erweitern und ganz nebenbei Bindungsarbeit zu leisten. Den Kindern durch das (wiederholte) Vorlesen selbst die Möglichkeit zu geben, Sinnzusammenhänge zu verstehen und Wortbedeutungen zu erkennen. So wird das Vorlesen selbst ganzheitlicher und gegenüber anspruchsvolleren Texten positiver betrachtet. Natürlich sollte der Text trotzdem grundlegend für Kinder verständlich sein (was du mit kindgerecht meinst) und du hast Recht, dass das bei meinem Text vielleicht häufiger der Fall sein sollte. Auch hier werde ich mir Gedanken machen, ob ich den Kindern vielleicht zu viel zumute.

Über weitere Meinungen und gerne auch kritische Vorleseeindrücke von Kindern würde ich mich freuen.

Viele Grüße

Olli
 
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