Pilze

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Sinelenis

Mitglied
Überarbeitete Version 31.10.2020

Die Sonne versteckte sich hinter dicken grauen Wolken, es hatte seit Tagen nicht geregnet, aber das war gut so.

Eine junge Frau mit Namen Jennifer, sie hatte vor wenigen Wochen ihren 22 Geburtstag gefeiert, stand am Fenster und schaute raus. Eine Strähne ihrer blonden Haare rutschte aus dem locker gebundenen Zopf nach vorne und sie strich diese, mit einer lockeren Bewegung, zurück hinter die Ohren. Ihre grauen Augen passten fast perfekt in die Welt die grau und trist erschien.
Sie blickte hinter sich in den Raum. Dieser war, samt seiner Möbel, mit einer Staubschicht überzogen. Jennifer sah auf die Abdrücke von Gläsern oder anderen, die ihren Abdruck in der Staubschicht hinterlassen hatte. Sie hatte überlegt durchzuwischen, doch lange bleiben wollte sie hier nicht. Auf dem Boden, mitten im Raum, stand eine weiße Schüssel mit Wasser gefüllt.
Die Luft war so trocken, dass man schon den Staub und Sand auf der Zunge schmecken konnte. Vorsorglich hatte Jennifer ein nasses Laken über das gekippte Fenster gehängt. So sahen fast alle Fenster in der kleinen Stadt aus, in welcher sie gerade verweilte. Über fast jedes Fenster, welches Jennifer von ihrem Zimmer sehen konnte, war ein Laken gehängt worden, damals, als alles begonnen hatte. Sie wusste, denn Jennifer hatte schon einige Zimmer in ihrer Wanderschaft gesehen, dass die Laken alle nicht mehr feucht waren und die Zeit und die Wärme diese getrocknet hatten.

Ihr Laken hingegen war frisch und gerade erst aufgehängt worden, der Wind würde so wenigstens einige Räume feucht halten.

Sie blickte gen Himmel, hoffte, obgleich die Luft trocken war und nicht eine Wolke den Himmel zierte, dass es nicht regnete. Regen bedeutete, dass die Pilze sprießen würden und umso weiter sie sprießen, desto weiter verteilten sie sich, wenn sie platzten.

Als das Ganze begonnen hatte, hatte die Wissenschaft keine Antworten auf all die Fragen, die für sie ganz neu waren. Für das Gemisch aus trockenem Pilz und haftenden Schleim hatten sie keinen Namen und so blieb es „der Pilz“. Die Wissenschaft stand vor einem Rätsel der Natur, einen ganz neue Art von Bedrohung.

Wo der Pilz sich niederließ, da wuchsen neue Pilze. Wer diese Pilze einatmete oder auf die Haut bekam, wurde langsam selber zu einem Pilz.
Jennifer hatte es selber erlebt, sie setzte sich auf den Boden, gelehnt an eine Wand, dachte über die letzten Wochen nach. Sie hatte seit Wochen niemand Menschlichen mehr gesehen, es war, als wäre sie der letzte menschliche Mensch. Pilz-Menschen kamen immer wieder an ihr vorbei. Sie hatte gelernt sich fast unauffällig zu verhalten, reagierten diese Art von Menschen doch auf Bewegung und Lärm.
Jennifer zog die Beine näher an sich ran. Sie schluchzte leise, so dass man es kaum hören konnte. Gedanklich fragte sie sich, wieso sie sich nicht einfach in ein Pilz-Beet legte, so konnte sie einfach die Sporen einatmeten, die klebrige Masse abbekommen und dann wäre es vorbei. Sie würde selber zum Pilz werden.
Sie konnte nicht. Irgendwo auf der Welt gab es sicherlich noch normale Menschen.
Jennifer hatte sich ein kleines Gemüsebeet angepflanzt, hatte es so geschützt das die Pilze es nicht ungenießbar machen konnten. Eines Nachts aber, es hatte gerade geregnet, kam eine Gruppe von fünf jungen Männern.

Jennifer wollte die Männer eigentlich in die Flucht schlagen, sie entschied sich aber um, es waren ihr zu viele und so versteckte sie sich zwischen den Balken in dem Zwischenboden bei der Decke. Einen Ort, den sie zufällig entdeckt hatte. Einen Tag harrte sie so aus, bis ein Kräftiger Sturm die Pilze platzen ließ und die Sporen durch die offenen Fenster trugen. Jennifer in ihrem Versteck gefror das Blut in den Adern.
Niemals zuvor war sie so dicht dabei gewesen, als den Menschen die Pilze aus dem Armen wuchsen. Einer der Männer platzte und setzte noch mehr Sporen frei. Die Männer waren verloren und es dauerte Ewigkeiten bis Jennifer es aus dem Haus geschafft hatte. Sie schnappte sich das Nötigste und lief zu dem Wagen, den sie vor dem Haus geparkt hatte. Ihr Beet war übersät mit Pilzen. Es war, als wäre das ganze Haus ein gigantischer Pilz.

Jetzt hockte sie hier, alleine in ihrem neuen Versteck und sie schüttelte sich noch einmal. Hier war viel Staub und sie schätzte die Familie, welche hier vorher gewohnt hatte, war jetzt auch einfach nur ein Pilz geworden. Wie die meisten anderen Menschen auch.


Erste Version 07.09.2020

Die Sonne versteckte sich hinter dicken grauen Wolken, es hatte seit Tagen nicht geregnet, aber das war gut so. Jennifer, eine junge Frau Anfang 20, stand am Fenster und schaute raus. Sie strich sich eine Strähne ihrer blonden Haare beiseite. Ihre grauen Augen passten fast perfekt in das graue Klima.
Sie blickte zurück in den Raum, er war mit einer Staubschicht überzogen und man konnte sehen, wo sie etwas bewegt oder hingestellt hatte. Auf dem Boden, mitten im Raum, stand eine weiße Schüssel mit Wasser gefüllt.
Die Luft war so trocken, dass man fast schon den Staub und Sand auf der Zunge schmecken konnte. Vorsorglich hatte Jennifer ein nasses Laken über das gekippte Fenster gehangen. So sahen fast alle Fenster in der kleinen Stadt aus, in welcher sie gerade verweilte. Der Wind würde so wenigstens einige Räume feucht halten. Sie guckte in den Himmel, hoffte, obgleich die Luft trocken war, dass es nicht regnete. Regen bedeutete, dass die Pilze sprießen würden und umso weiter sie sprießen, desto weiter verteilten sie sich. Eine starke Windböe bedeutete, dass der Pilz aufplatzte und die Sporen sich verteilten. Die Wissenschaft konnte sich, als das Ganze begonnen hatte, nicht erklären wieso das bei diesem Pilz so war. Sie hatten keinen Namen für ihn und schon schnell war es nur noch „der Pilz“.
Eine ekelige Mischung aus trockenem Pilz und haftendem Schleim, wirbelte dann durch die Luft. Wo dieses Gemisch auftrat, da wuchsen neue Pilze. Wer diese Pilze einatmete oder auf die Haut bekam, wurde selber zu einem Pilz.
Jennifer hatte es selber erlebt, sie setzte sich auf den Boden, gelehnt an eine Wand, dachte über die letzten Wochen nach. Sie hatte seit Wochen niemand Menschlichen mehr gesehen, es war, als wäre sie der letzte menschliche Mensch. Pilz-Menschen kamen immer wieder an ihr vorbei. Sie hatte gelernt sich fast unauffällig zu verhalten, reagierten diese Art von Menschen doch auf Bewegung und lärm.
Jennifer zog die Beine näher an sich ran. Sie schluchzte leise, so leise das man es kaum hören konnte. Gedanklich fragte sie sich, wieso sie sich nicht einfach in ein Pilz-Beet legte, so konnte sie einfach die Sporen einatmeten, die klebrige Masse abbekommen und dann wäre es vorbei. Sie würde selber zum Pilz werden.
Sie konnte nicht. Irgendwo auf der Welt gab es sicherlich noch normale Menschen.
Jennifer hatte sich ein kleines Gemüsebeet angepflanzt, hatte es so geschützt das die Pilze es nicht ungenießbar machen konnten. Eines Nachts aber, es hatte gerade geregnet, kam eine Gruppe von fünf jungen Männern.

Jennifer wollte die Männer eigentlich in die Flucht schlagen, sie entschied sich um, es waren ihr zu viele und so versteckte sie sich zwischen den Balken in dem Zwischenboden bei der Decke. Einen Ort, den sie zufällig entdeckt hatte. Einen Tag harrte sie so aus, bis ein Kräftiger Sturm die Pilze platzen ließ und die Sporen durch die offenen Fenster trugen. Jennifer in ihrem Versteck gefror das Blut in den Adern.
Niemals zuvor war sie so dicht dabei gewesen, als den Menschen die Pilze aus dem Armen wuchsen. Einer der Männer platzte und setzte noch mehr Sporen frei. Die Männer waren verloren und es dauerte Ewigkeiten bis Jennifer es aus dem Haus geschafft hatte. Sie schnappte sich das Nötigste und lief zu dem Wagen, den sie vor dem Haus geparkt hatte. Ihr Beet war übersät mit Pilzen. Es war, als wäre das ganze Haus ein gigantischer Pilz.

Jetzt hockte sie hier, alleine in ihrem neuen Versteck und sie schüttelte sich noch einmal. Hier war viel Staub und sie schätzte die Familie, welche hier vorher gewohnt hatte, war jetzt auch einfach nur ein Pilz geworden. Wie die meisten anderen Menschen auch.



 
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DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Sinelenis,

herzlich willkommen auf der Leselupe! Dein Einstand mit kafkaesk anmutender Geschichte ist schon mal gelungen!

Ein paar kleinere Rechtschreibfehler kannst Du noch verbessern.

Viel Freude hier wünscht Dir

DS
 

Sinelenis

Mitglied
Hallo DS,

vielen Dank für dein positives Kommentar. Freut mich, dass mir der Einstand gelungen ist. So sollte es sein.
Die Rechtschreibfehlerchen werde ich noch ausmerzen und entffernen. :)
Danke für den Hinweis.

Sinelenis
 

Val Sidal

Mitglied
Wesentliche Elemente einer spannenden Story-Idee sind zusammengekommen – ein guter Ausgangspunkt ist erreicht, um mit der literarischen Arbeit zu beginnen. Das Folgende kann ignoriert werden, wenn daran kein Interesse besteht.


Die Sonne versteckte sich hinter dicken grauen Wolken, es hatte seit Tagen nicht geregnet.
aber das war gut so
."aber das war gut so" - Da wir noch keinen Protagonisten haben, muss das wohl die Bemerkung der Erzählers sein. Werden wir hier etwa einen personalen Erzähler haben, der sich mit solchen Kommentaren in die Story einmischt?

Jennifer, eine junge Frau Anfang 20, stand am Fenster und schaute raus.
-> dass Jennifer mit Anfang 20 keine alte Frau ist, ist selbstredend.

Sie strich sich eine Strähne ihrer blonden Haare beiseite.
->stilistisch ungelenk formuliert.

Ihre grauen Augen passten fast perfekt in das graue Klima.
->passten nicht, denn Klima ist farblos …

Sie blickte zurück in den Raum,
-> „zurückblicken“ ist eine zeit- und nicht ortsbezogene Handlung.

er war mit einer Staubschicht überzogen
-> wenn es dem so wäre, dann wäre der Raum leer, sonst wären Möbel, Teppiche u.Ä. mit Staub überzogen.

und man konnte sehen, wo sie etwas bewegt oder hingestellt hatte.
->ungeschickte Formulierung …

Auf dem Boden, mitten im Raum, stand eine weiße Schüssel mit Wasser gefüllt
. -> Das Bild irritiert und bricht die Gesamtschau – erzeugt eine atmosphärische Störung. Das ist gut! Weiter im Text wird man aber vergeblich auf die Entfaltung der Spannung warten. Nichts dergleichen. Nur eine Nebelkerze gewesen.

Die Luft war so trocken, dass man fast schon den Staub und Sand auf der Zunge schmecken konnte.
-> fast schmecken geht nicht – entweder man schmeckt oder man schmeckt nicht.

Vorsorglich hatte Jennifer ein nasses Laken über das gekippte Fenster gehangen.
-> wohl eher gehängt …

So sahen fast alle Fenster in der kleinen Stadt aus, in welcher sie gerade verweilte.
-> NEIN! So kann man das nicht abfrühstücken! Hier wird doch gerade ein wesentlicher Baustein der Story eingeführt: seltsam – tun alle Bewohner der Stadt das Gleiche? Geht Jennifer von Haus zu Haus? Was ist hier los?

Der Wind würde so wenigstens einige Räume feucht halten. Sie guckte in den Himmel, hoffte, obgleich die Luft trocken war, dass es nicht regnete. Regen bedeutete, dass die Pilze sprießen würden und umso weiter sie sprießen, desto weiter verteilten sie sich.
->Also Jennifer hängt nasse Laken über gekippte Fenster – WAAS? Es ist spannend. Sprachlich sehr dürftig und ungeschickt beschrieben.

Eine starke Windböe bedeutete, dass der Pilz aufplatzte und die Sporen sich verteilten. Die Wissenschaft konnte sich, als das Ganze begonnen hatte, nicht erklären wieso das bei diesem Pilz so war. Sie hatten keinen Namen für ihn und schon schnell war es nur noch „der Pilz“.
Eine ekelige Mischung aus trockenem Pilz und haftendem Schleim, wirbelte dann durch die Luft. Wo dieses Gemisch auftrat, da wuchsen neue Pilze. Wer diese Pilze einatmete oder auf die Haut bekam, wurde selber zu einem Pilz.
-> das kann spannender eingeführt werden: „wo dieses Gemisch auftrat…“ – es klingt, als wäre Pilz mit Schleim ein Straßenkünstler, der da und dort auftritt …


SO -- in diesem Stil sollte der ganze Text bearbeitet werden.

Bin gespannt, ob AutorIn das Zeug hat, aus der Idee einen literarischen Text zu machen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Sinelenis

Mitglied
Hallo Val Sidal,

Vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Ich habe mir deine Punkte zu Herzen genommen und einige Änderungen vorgenommen.

Sinelenis
 



 
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