Pubertext '64

Vorige Nacht habe ich wieder von Atombomben geträumt statt von Ina, Tina und Martina. Die drohende Wolke kam und wir gingen in den Keller. Kohlenstaub, Gerümpel, Bretterkisten. Merkwürdige Sonnenstrahlen, die durch Spalten und Ritzen dringen und hier eine Handvoll Dreck, dort ein paar verstaubte Holzreste oder lauter winzige, in alten Spinneweben gefangene Kalkklümpchen beleuchten, sie zu unbewegten, grellen Bildern ausstanzen, die das Schwarz zum Rahmen haben.

Die Luken wurden mit dünnen, verbeulten Blechdeckeln verschlossen, zum Schutz gegen die Atomstrahlen der Wolke.

Aber es wurde nicht lichtlos dunkel. Durch Ritzen drang ein klangloser grauer Ton und erfüllte den Raum, breitete sich aus wie Sirup im Wasser, bis er gleichmäßig verteilt war. Ob die Wolke kam oder nicht, ich weiß es nicht. Ich zog es vor, aufzuwachen. Es ist gut, wenn man aufwachen kann.

Schnell musste ein neuer Eindruck her. Licht und Radio an!
Grelle elektronische Töne zerreißen das Grau im geträumten Lagerkeller. Ein Saxophon bläst den Nebel weg. Es ist 3 Uhr. Morgen ist eine Mathearbeit zu schreiben. Ich muss schlafen. Licht und Radio aus!

Leise verglühen Skalenbirnchen und Röhren in meinem gehäuselosen Bastelradio. Aufrecht und angeschwärzt stehen Spulen und Kondensatoren, runde und viereckige Abschirmbecher aufgetürmt. Starr und unbewegt das große Skalenrad mit den vier Speichen, dahinter ein wirres Drahtgeflecht. Die Röhren sind ausgeglüht, nur noch ein unbestimmtes Grau ist zu spüren. Sonst ist alles tot.
 



 
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