purnam adah purnam idam (distichen)

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G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
[ 4]purnam adah purnam idam


zweckmäßigkeit heißt die hand der natur die organe gestaltet
[ 4]ob auch die menschen dem zweck[ 4]dienen gefügt wie ein mensch
ganz wie zum körper geflochtene adern geäste und knäuel
[ 4]die miteinander verstrickt[ 4]botschaften tauschen und saft?

sei es symmetrischer tanz - primadonnen ästhetisch geordnet
[ 4]die sich bereits allerseits[ 4]gleichen im gleichton-gewicht
sei es das kultische form-dirigat im orchester der priester
[ 4]lieder so alt wie die welt[ 4]laufen die jahre im kreis

sieh die fabriken gewachsen aus stahl wo die stähle gemangelt
[ 4]glutbreie walzen zu blech[ 4]tropfen gezogen zu draht
sieh die termine-termiten in gängen verlaßner verliese
[ 4]rechnungen schreiben und geld[ 4]wandeln in mathematik

sieh das kasino la casa wo schulden gewaschen gemangelt
[ 4]wenden verlust in gewinn[ 4]einer ist immer auf draht
fülle ist ihm jener mangel der selbst wenn du ihn von sich abziehst
[ 4]immer des mangels entleert[ 4]voll ist: gefüllt von sich selbst
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Feldlinien

wenn auch der Inhalt mir etwas orakelhaft erscheint.
Danke, und ja: das Gedicht macht im Ganzen einen ziemlichen Bogen, eine Art logischer Krümmung, so daß der Sanskrit-Titel nur auf den Schluß paßt, nicht so sehr auf den Anfang; und wenn mann den Anfang als Aufgabenstellung nähme, dann wäre der Schluß nicht Erfüllung dieser Aufgabe.

Gemeinsam ist den beiden Polen, zwischen denen die Feldlinien des Gedichts gespannt sind, vielleicht der Blick auf abstrakte bzw. (besser noch) symmetrische Strukturen: zuerst die Zweckmäßigkeit in den organischen Strukturen, von dort ausgehend die organische Struktur gesellschaftlicher, nämlich künstlerischer, religiöser und industrieller Symmetrien, stärker abstrahiert und in der Reflexionsebene der Worte bzw. Epiphern homonymisiert - "mangel" und "draht" - dann so etwas wie die Erweiterung der Zahlenreiche durch komplementäre Operationen, wo z.B. durch die Subtraktion das Reich der natürlichen Zahlen zu dem der ganzen Zahlen, und durch Division das Reich der ganzen Zahlen zu dem der rationalen erweitert wird usw.
Und deshalb hast Du durchaus recht: Man verliert den "logischen" Boden unter den Füßen. Es scheint rational zu beginnen und wird dann scheinrational, ja irrational, letztendlich surreal.
 



 
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