Puzzle – der Winter ist lang

Teil in Teil in Teil.
Füge ein zerbrochenes Ganzes wieder zusammen, mache ein Kaputtes wieder heil – das hat schon was für sich in diesen Tagen.
„Zeitverschwendung“ sagt mein Mann, und dass Puzzle legen was für Behinderte ist – aber ist schon okay. Immerhin hat der Mann einen behinderten Sohn, der gern Puzzles legt und weiß offensichtlich, wovon er redet.
Er hat ja recht.
Es schafft nichts, es ist nichts. Sinnlos. Ein reiner Minutenfresser, das Puzzle-Spiel. Und doch…

Zäpfchen in Loch: Wenn man das laut sagt, hat das beinah was Sexuelles, aber eigentlich glaube ich nicht.
Auf jeden Fall hat es etwas Lustbetontes, wenn zwei Teile passgenau ineinander einrasten. Farben und Formen visuell abtasten, sortieren. Über die fertig gepuzzelte, glattglänzende Oberfläche streichen.
Hände und Augen sind konstruktiv beschäftigt.
Mitdenken muss man, aber so oberflächlich, dass man darunter auch tiefere Gedanken entwickeln kann. Oder nebenbei Radio hören, sich unterhalten.

Es ist ein Spiel, und Spielen hat eine Bedeutung. Eine gute!
Kinder wissen das.
Mein Mann sagt: Das Ganze hätte ja vielleicht noch einen Sinn, wenn ich die fertig gepuzzelten Bilder später dann zusammengeklebt einrahmen und an die Wand hängen würde – aber so eine bin ich nicht.
Schon suche ich Motive aus, die mir gefallen und nicht ganz so arg kitschig sind, aber zum an-die-Wand-hängen reicht es nicht.
Grad baue ich an einem Panorama-Puzzle mit den ägyptischen Pyramiden drauf. „Edition Humboldt“.
Panorama-Puzzle bedeutet, dass das Format mehr lang als breit ist, 94 mal 33 cm, um genau zu sein.
Hab ich am Flohmarkt gefunden und Flohmarkt heißt, es ist extra spannend, ob wirklich alle tausend Teile drin sind. (Spoiler: Es sind nur 999!)

Meine Puzzles baue ich auf einem großen weißlackierten Brett, das ich mir mal aus dem Sperrmüll gezogen habe. So kann ich meine Spielstatt variabel hin und her tragen und blockiere nicht tagelang den Ess-, Wohnzimmer- oder Schreibtisch.
Ist ein billiges Vergnügen, vor allem, wenn man am Flohmarkt nur einen Euro pro Puzzle zahlt.
Aber auch regulär sind die Spiele nicht allzu teuer.
Zuletzt im Laden gekauft hatte ich eine Premiere: Ein rundes Puzzle im Mandala-Style. Das war schön bunt für November und hat nur € 7 gekostet.
Aufgehoben habe ich mir das Puzzle-Puzzle: Ein Puzzle-Motiv, das seinerseits nur aus Puzzle-Teilen besteht. Das war echt spaßig und auch sehr farbenfroh – wenngleich ein wenig teurer.

Wenn ich einmal angefangen habe, kann ich mich nur schwer wieder losreißen vom Puzzle-Tisch. Eine Reihe noch! Bis das blaue Eck fertig ist!
Auf einmal ist es halb eins in der Früh.
Ich sage euch, Puzzle macht süchtig.
Und ob ihr’s glaubt oder nicht, so ein 1000-Teile-Teil baue ich in weniger als einer Woche - wenn ich die Zeit habe.
An den Pyramiden habe ich nur fünf Tage gebaut, obwohl wirklich alles nur sandfarben war. Da braucht es den Blick für Nuancen!

Auf den letzten Meter, wenn nur noch wenige Teile fehlen, finden sich überraschenderweise oft beflissene Helferhände, die an der Fertigstellung teilhaben möchten. Aha.
Nach der Vollendung liegt das fertige Puzzle dann vielleicht noch ein paar Tage herum, wird abfotografiert, dann zerstört und wieder rein in die Schachtel. Die wiederum wird meist verschenkt oder gespendet.
Noch nicht habe ich ein Puzzle zweimal gebaut, aber schauen wir mal.
Der Winter ist lang.
 



 
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