Rand. Erscheinung. - Sonett

4,90 Stern(e) 10 Bewertungen

Walther

Mitglied
Rand. Erscheinung.

Der Rand ist nie ein Ort. Er ist nur Grenze,
Ein Horizont, der Tag und Nacht zertrennt,
Der einen Anfang und ein Ende kennt,
Doch was dazwischen ist, fehlt ihm in Gänze.

Im Zimmer dort, in dem das Licht noch brennt,
Sitzt jemand still und schreibt. Sein Auge glänzt
Und spiegelt Worte, die du nicht erkennst.
Er tippt, was man den letzten Willen nennt.

Er will nicht bleiben, wo wir alle sind:
Den Rand hat er schon lange überschritten,
Ihm sind der Tag und auch die Nacht entglitten.

Er ist für jede Schönheit taub und blind.
Am Horizont entfacht das Feuerkind
Den Tag: Er lässt sich nicht sehr lange bitten.
 

Henrik

Mitglied
Hei, Walther,

ist das LI schon depressiv oder am Rand einer solchen? Andererseits ist die Auseinandersetzung mit seiner eigenen Sterblichkeit sehr klug und es könnte auch eine Mischung aus Übermüdung und Melancholie sein. Das "Feuerkind" mag ich am meisten - sehr gerne gelesen.

LG
Henrik
 

Jou Maveken

Mitglied
Meiner Ansicht nach ein sehr gelungenes Gedicht! Ich finde es immer beeindruckend, wenn jemand es schafft, ein Gedicht nach den Regeln des Sonetts zu verfassen und es nicht gezwungen wirken zu lassen.
 

Walther

Mitglied
Hei, Walther,

ist das LI schon depressiv oder am Rand einer solchen? Andererseits ist die Auseinandersetzung mit seiner eigenen Sterblichkeit sehr klug und es könnte auch eine Mischung aus Übermüdung und Melancholie sein. Das "Feuerkind" mag ich am meisten - sehr gerne gelesen.

LG
Henrik
hey @Henrik,
danke fürs lesen und besprechen. das LI beobachtet. es wird über das überschreiten nachgedacht. darüber, dass der rand ein ende und einen anfang hat, nur nicht vom selben zu- oder gegenstand.
lg W.
Meiner Ansicht nach ein sehr gelungenes Gedicht! Ich finde es immer beeindruckend, wenn jemand es schafft, ein Gedicht nach den Regeln des Sonetts zu verfassen und es nicht gezwungen wirken zu lassen.
hi @Jou Maveken,
danke fürs lesen und das kompliment. wenn ein gedicht gezwungen klingt, ist es nicht gut gelungen. am ende ist - leider - alles eine frage der übung.
lg W.

der dichter dankt @Tula, @hans beislschmidt, @Scal und @Jou Maveken fürs leseempfehlen und @Henrik fürs fürgutbefinden.
 

aliceg

Mitglied
Hallo Walther,

ja, die Grundstimmung ist eher melancholisch gefärbt, aber die letzten beiden Zeilen strahlen frohes Erwachen aus!

lg aliceg
 

sufnus

Mitglied
Hi Walther,
ich lese hier, trotz des anbrechenden Morgens am Ende des Gedichts, keinen Hoffnungsschimmer heraus. Da will jemand seinem Leben ein Ende setzen oder sehnt zumindest sterbenskrank das Ende herbei. Also wird auch hier, wie in Deinem Bachmut-Sonett, eine finstere Situation (wenngleich hier eben auf der persönlichen Ebene und nicht als furchtbares Leiden zweier Nationen*) in einer sehr ästhetischen Weise geschildert.
Im Gegensatz zu Deinen Zeilen zur Menschenschlachterei in der Ukraine empfinde ich hier aber die mitschwingende Trauer und das Mitgefühl. Das ist es vielleicht, was man auch als tröstliches Element des Gedichts lesen könnte.
Ich finde, es ist ein ganz wunderbares Sonett!
Danke fürs Teilen!
LG!
S.


*) Bevor ein Missverständnis hineingelesen wird: Die russische Führungsebene ist hierbei ausgeblendet, die leiden natürlich nicht und werden sich vor der Geschichte verantworten müssen (hoffentlich wenigstens der ein oder andere auch vor einem Gericht).
 

Wolke

Mitglied
Rand. Erscheinung.

Der Rand ist nie ein Ort. Er ist nur Grenze,
Ein Horizont, der Tag und Nacht zertrennt,
Der keinen Anfang und kein Ende kennt,

[/QUOTE

Bis dahin ist das echt grandios,
das Beste, was ich je von dir gelesen habe und überhaupt,
aber was mir absolut nicht gefällt,
ist das in Gänze

das reimt sich nichtmal und ist einfach nur blöd

mich juckt es, mit dir eine Lösung dafür zu finden,
 
Zuletzt bearbeitet:

Walther

Mitglied
Bis dahin ist das echt grandios,
das Beste, was ich je von dir gelesen habe und überhaupt,
aber was mir absolut nicht gefällt,
ist das in Gänze

das reimt sich nichtmal und ist einfach nur blöd

mich juckt es, mit dir eine Lösung dafür zu finden,
hey,
vorschläge immer gern.
lg W.
 

Mimi

Mitglied
Lieber Walther,
ein schönes Sonett, gerade auch wegen der melancholischen Sprachbilder.
Schön, dass das Gedicht in der Schlusszeile nicht im trüben Licht abschließt, sondern stattdessen einen Lichtstreifen am Horizont erkennen lässt ...

Gruß
Mimi
 

Walther

Mitglied
Lieber Walther,
ein schönes Sonett, gerade auch wegen der melancholischen Sprachbilder.
Schön, dass das Gedicht in der Schlusszeile nicht im trüben Licht abschließt, sondern stattdessen einen Lichtstreifen am Horizont erkennen lässt ...

Gruß
Mimi
Hi Mimi,
danke für die freundlichen worte aus berufenem monde. es war die doppelbödigkeit, die mich besonders gereizt hat.
lg W.
Hallo Walther,

ja, die Grundstimmung ist eher melancholisch gefärbt, aber die letzten beiden Zeilen strahlen frohes Erwachen aus!

lg aliceg
Schön auch dass du, Mimi, das Gedicht so siehst wie ich - bzw. ich es so sehe wie du!

lg aliceg
lb aliceg,
auch hier lieben dank. dem dunkel sollte ein licht leuchten.
lg W.


der dichter dankt: @aliceg, @Mimi, @sufnus, @fee_reloaded und @mondnein fürs leseempfehlen!
 



 
Oben Unten