Ratschläge für alle, die Liebesgedichte schreiben wollen

Ofterdingen

Mitglied
Zu den folgenden Gedanken wurde ich von dem Auftritt eines Schauspielers angeregt, habe viel von ihm übernommen:

Nichts ist so schwer zu schreiben wie ein gutes Liebesgedicht. Wartet wenigstens 70 Jahre, bis ihr eines von eurem Schreibtisch entlasst. Davor könnt ihr euch allem Möglichen zuwenden, zum Beispiel den Bergen, den Jahreszeiten, einem Fensterladen. Es gibt keine Gegenstände, die sich nicht für Poesie eignen. Nur: Lasst sie nicht irgendwo draußen, nehmt sie in euch auf, werdet selber zu dem, was ihr darstellt!

Bei Liebesgedichten müsst ihr eure Worte sehr sorgsam wählen. Lasst euch Zeit, und wenn es sieben Monate dauert, bis ihr ein Wort gefunden habt. Verliebt euch! Wer sich nicht verlieben kann, ist tot und seine Zeilen sind es auch. Liebe macht alles lebendig, schafft ungeahnte Bewegung in euer Leben, bringt euch der Welt und den Menschen näher. Werdet glücklich und habt keine Angst. Ja, es wird schmerzende Abschiede geben, es wird euch schlecht gehen, ihr werdet verzweifelt sein. Was ist ein Liebesgedicht? Alles, sonst ist es das Papier nicht wert, auf dem es steht. Und wenn euch die Liebe zu Boden wirft, dreht euch auf den Rücken und schaut in den Himmel, entdeckt Schönheit! Blickt euch nicht nur um, sondern schaut, seht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Widerspruch!

Bekanntlich werden Liebesgedichte ja geschrieben, um dem geliebten Wesen poetisch etwas mitzuteilen, folglich wäre es arg traurig, damit bis in die 70er zu warten. Im Gegenteil, man kann - wie mit dem Schreiben überhaupt - gar nicht früh genug damit anfangen.

Meint:
Binsenbrecher
 

Ofterdingen

Mitglied
Um dem "geliebten Wesen" etwas mitzuteilen, reichen meist wenige Worte, wenn sie nur berühren, und seien es auch bloß Phrasen aus einem Arztroman oder ein eher flaches Gedicht. Und gibt es in der Interaktion nicht auch noch allerhand nonverbale Möglichkeiten, Liebkosungen, die ganze Bandbreite der Leidenschaft? Die 70 Jahre sind natürlich übertrieben, aber bevor man einen Text auf die Welt loslässt, sollte man sich ruhig Zeit lassen, oder meinst du nicht? Gibt es nicht schon genug gut Gemeintes, aber manchmal Unerträgliches digital und analog?
 
aber bevor man einen Text auf die Welt loslässt, sollte man sich ruhig Zeit lassen,
Natürlich hast Du recht. Und es ist gewiss ein Unterschied zwischen irgendeinem Textgestammel, das - als reine Zweck- und Funktionsliteratur sozusagen - vor allem und einzig der/den Geliebten beeindrucken soll und solcher Texte, die eine gewisse literarische Gültigkeit erreichen wollen.
Ich hab's halt auch mit einem ;) hingeschrieben.

MfG
Binsenbrecher

Aber das will ich noch anmerken: Mit einer Prase aus einem Arztroman könnte das geliebte Wesen auch vertrieben werden ...
 

wüstenrose

Mitglied
Hallo Ofterdingen,
auch dieser Text spricht mich nachhaltig an!
Fast will es mir scheinen, der trockene Titel bzw. auf einen dahergelaufenen Schauspieler verweisende Vorspann dient dem Autor nur als Aufhänger, um über die Liebe an sich zu sprechen. Die launisch wirkenden Ratschläge bergen viel Tiefgang, sofern man die Ohren spitzt und die Zwischentöne vernimmt. Plötzlich landet man bei "den letzten Fragen". Ach nein, das kann nicht sein, es sind nur vergleichsweise banale Tipps, die hier verhökert werden. Oder?

Liebe macht alles lebendig, schafft ungeahnte Bewegung in euer Leben, bringt euch der Welt und den Menschen näher.
Vorschlag für diese Stelle:
Liebe macht alles lebendig, bringt ungeahnte Bewegung in euer Leben, verbindet euch mit den Menschen und der Welt.

Gruß, wüstenrose
 

Ofterdingen

Mitglied
Hallo Wüstenrose,

Mich freut es immer ganz besonders, wenn ich einen Kommentar (oder auch einen anderen Text) von dir lese.

Ofterdingen
 



 
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