Ratte auf Reise

4,80 Stern(e) 16 Bewertungen

anbas

Mitglied
Wie ich gerade sehe, ist eine weitere gute Wertung hinzugekommen.
Danke Anonymus!

Liebe Grüße

Andreas
 

anbas

Mitglied
Komplett überarbeitet



Ratte auf Reise *

Die Ratte Alma lebt in Kiel
wo sie der Depression verfiel.
Sie hat es wirklich schwer auf Erden,
und möchte nur gestreichelt werden.

Man weiß ja: Ratten sind verhasst.
Für Alma ist das eine Last.
Kein Leid ist ihr erspart geblieben,
man hat sie immer nur vertrieben.
Sie wünscht sich aber Liebe, Glück
– und sei es nur ein kleines Stück.
Doch bleibt ihr Leben weiter trist,
so dass sie am Verzweifeln ist.
Die Sehnsucht wächst und tut so weh,
dann kommt ihr endlich die Idee:

Sie hörte mal von einem Platz,
wo man gekost wird wie ein Schatz.
Dafür muss sie sich nur verkleiden,
um ab sofort nie mehr zu leiden.
Der Plan erscheint ihr bombensicher.
Schon fährt sie los mit viel Gekicher,
maskiert und ganz inkognito,
als Meerschweinchen zum Streichelzoo.

Ja, Alma fühlt sich wunderbar.
Ihr größter Traum wird jetzt bald wahr.
Von Kiel fährt sie mit Affenzahn
gen Süden auf der Autobahn,
um einen Streichelzoo zu suchen.

Doch bald schon hört man sie laut fluchen:
"Ich kenn gar keinen Streichelzoo
und fahr nur blöd ins Nirgendwo!
In Zukunft muss ich besser planen,
anstatt dem ersten ganz spontanen
Gedanken blindlings nachzujagen.
– Was soll's, jetzt hilft mir auch kein Klagen!
Von nun an glaub' ich unbeirrt
daran, dass alles besser wird.
Die Hoffnung lass ich mir nicht nehmen."

– Schon steckt sie in 'nem Stau bei Bremen.

Sie gibt nicht auf und kehrt gleich um,
doch das ist wiederum sehr dumm.
Die and'ren Fahrer sind verwirrt,
als sie zum Geisterfahrer wird.
Mit wilden Gesten und Geschrei
– ihr Leben zieht an ihr vorbei –
schafft sie's, natürlich ohne Plan,
herunter von der Autobahn.

Auf Bundesstraßen geht es weiter,
das findet sie nun doch gescheiter.
Noch immer fährt sie Richtung Süden,
doch dann beginnt sie zu ermüden,
und nickt beim Fahren kurz mal ein,
fährt fast in einen Laster rein,
bleibt letztlich auf 'nem Feldweg stehen,
ihr Magen fängt sich an zu drehen.
Dann bricht das Elend auch schon raus,
und sie will einfach nur nach Haus.

Doch erst mal muss sie kurz pausieren,
da spürt sie plötzlich was vibrieren.
Das Handy ist's, ein Freund ruft an,
der ihr 'nen Hinweis geben kann.

Sogleich wird Alma wieder munter,
die triste Welt scheint wieder bunter.
Sie tritt aufs Gas und rast davon,
denn nun geht’s schnellstens nach Heilbronn.

Angeblich lebt dort Rosinante,
sie ist von diesem Freund 'ne Tante.
Die kam im Leben sehr viel rum
und ist angeblich auch nicht dumm.
Hier hofft sie einen Tipp zu kriegen,
wo diese Streichelzoos nun liegen.

Die Weiterfahrt ist dann recht leicht,
doch als sie nachts Heilbronn erreicht
ist Rosinante – ungelogen –
vor ein paar Stunden fortgezogen.
Wohin sie zog, kann niemand sagen.
So hört man Alma lauthals klagen,
das Leben sei so ungerecht.
Es geht ihr wirklich furchtbar schlecht.
In einer Rattenkneipe dann
säuft sie sich einen Filmriss an.

Am nächsten Morgen: Katzenjammer!
In ihrem Schädel tanzt ein Hammer.
Doch eine Alma schreckt das nicht.
Mit wild entschlossenem Gesicht,
umklammert sie ganz fest das Steuer
– und weiter geht ihr Abenteuer.

Die Weiterfahrt ist, wie man ahnt,
natürlich auch nicht durchgeplant.
Erneut versäumt sie es komplett
mit ein paar Klicks im Internet
nach Streichelzoos zu recherchieren.
Nein, sie ist nur am Spekulieren
und jagt durch Deutschland kreuz und quer
dem Traum der Träume hinterher.
Die letzte Tour führt sie gen Osten.
Aufgrund der hohen Reisekosten,
ist dies für sie die letzte Chance
– inzwischen fährt sie, wie in Trance.

In Sachsen-Anhalt angekommen,
ist sie auf einmal ganz benommen.
Da steht ein Bild von Rattenmann,
wie ihn kein Künstler malen kann.
"Boah, ist der scharf!" durchfährt es sie,
"So einen Typ sah ich noch nie!
Den kann kein Rattenweib verschmähen".

Es ist komplett um sie geschehen.
Die Welt erstrahlt in rosa Licht
– nur er beachtet Alma nicht.
Doch diese wird nun immer kesser
(Ein Kerl – statt Streichelzoo – ist besser).
Sie spürt, jetzt muss sie alles geben,
und flirtet so, wie nie im Leben.

Der Rattenmann jedoch bleibt cool.
Und sie durchfährt's: "Der Typ ist schwul!".
Dann fällt ihr ein, dass sie – welch Mist –
als Meerschweinchen verkleidet ist.
Und so beendet sie noch grade
zur rechten Zeit die Maskerade.

Der Rattenmann staunt nun nicht schlecht,
denn er ist selber auch nicht echt.
Er ist ein Meerschwein und verkleidet,
da er aufgrund der Ratten leidet.
Denn überall trifft er nur Frauen,
die voller Ekel ihn beschauen,
weil diese dummen Weibsgestalten
ihn für 'ne miese Ratte halten.
Und weil er deshalb Ratten hasst,
hat er dann diesen Plan gefasst:
"Anstatt mich lauthals zu beklagen,
werd' ich die blöden Viecher jagen."
Seit dem tut er dies mit Bravur
in seiner Rattengarnitur.

Eh Alma diesen Trick versteht,
da ist es leider schon zu spät.
Sie denkt grad noch: "Das kann nicht sein!"
Da fängt er sie schon locker ein.
So landet sie ganz nah bei Halle
in Meerschweinmännchens Rattenfalle.
Doch hält er sie nur kurz gefangen,
dann wird sie auf 'ner Farm für Schlangen
und ein paar anderen Exoten
als Lebendfutter angeboten.

So endet scheinbar Almas Reise
auf nicht so angenehme Weise.
Der Tag vergeht, und in der Nacht
hört man ein Meerschwein, das laut lacht.

Tags drauf geht's weiter mit Gebimmel
am Hauptportal vom Rattenhimmel.
Man öffnet und Sekunden später
hört man statt Harfen nur Gezeter.
Als wär' vom Wahnsinn sie besessen,
tobt Alma, sichtlich angefressen,
hinein ins Rattenparadies
und brüllt dort weiter, wie am Spieß.
Sie flucht und pöbelt volle Röhre,
man hört nicht mehr die Himmels-Chöre,
und manchem Engel bleibt vor Schrecken
das Manna glatt im Halse stecken.

Ihr Leben, so hört man sie schreien,
bestand doch nur aus Plagereien.
Sogar ihr Tod wär noch misslungen!
Denn jenes Vieh, das sie verschlungen,
mit Haut und Haaren und den Knochen,
hätt furchtbar aus dem Hals gerochen!

Doch ab sofort wird sie sich wehren
und gleich beim großen Chef beschweren.
Dem will sie es nun aber zeigen,
ihm deutlich mal die Meinung geigen.
Nach weit'rem Fluchen und Gequengel,
führt sie ein kleiner Rattenengel
zu einem wunderschönen Garten.
Dort bittet er sie, kurz zu warten.

Und Alma wartet – Ewigkeiten!
Der Chef kommt nicht – will wohl nicht streiten.
Doch Alma will das, absolut!
Ihr schwillt der Hals, es steigt die Wut.
Man möchte sie hier wohl brüskieren,
sie ist ganz kurz vorm Explodieren.
Nein, das ist alles gar nicht fair,
verärgert läuft sie hin und her.

Da hört sie plötzlich sanfte Töne
und ganz genussvolles Gestöhne.
Dies ruft bei ihr dann ganz spontan
den Hauch von Neugier auf den Plan.
Erregt folgt sie dem Hörspiel gleich
zu einem hinteren Bereich
des Gartens, den paar dichte Hecken
vor Almas Blicken gut verdecken.
Sie denkt: "Da sind wohl paar am Poppen!"
und ist sofort nicht mehr zu stoppen.
So zwängt sie sich dann auf der Stelle
durchs Strauchwerk hin zur Stöhnungsquelle.

Als sie dort ankommt, bleibt sie steh'n,
wird starr, kann nicht mehr weitergeh'n.
Denn vor ihr, auf bequemen Matten,
da liegen ein paar tausend Ratten,
die dort von ganzen Meerschwein-Herden
umsorgt und sanft gestreichelt werden.

Gebannt folgt sie dem ganzen Treiben,
hier möchte sie für immer bleiben.
Erst zaghaft streckt sie ihre Glieder,
legt sich auf einer Matte nieder
und räkelt sich mit viel Genuss.
Sie weiß, es ist jetzt endlich Schluss;
das Schicksal nimmt hier eine Wende,
der ganze Wahnsinn hat ein Ende.
Dann spürt sie plötzlich, wie zwei Pfoten
am Rücken ihre Muskelknoten
ganz sanft und vorsichtig massieren.
Sofort beginnt sie zu vibrieren.

Als sie kurz aufschaut, sieht sie dann
den ihr bekannten Meerschwein-Mann.
Der sollte in der Hölle braten
aufgrund von seinen Missetaten.
Doch landete er ziemlich schnelle
in jener Höllen-Außenstelle.
Dort muss er Alma nun verwöhnen,
und die hört man bald leise stöhnen:
"Ich hab das Paradies gefunden
und mich nicht ganz umsonst geschunden."
Das Meerschwein aber denkt im Stillen:
"Wär ich nicht tot, würd' ich mich killen!"







* entstanden im Rahmen von "Komische Lyrik III" (ehemaliger Faden in der Schreibwerkstatt, Fingerübungen)
 

anbas

Mitglied
Hallo in die Runde,

ich habe dieses Mamut-Werk nun komplett überarbeitet und bin gespannt auf Eure Reaktion.

Vor allem das Ende war ja umstritten, da es zu "schwarz-humorig" war (auch auf einer Lesung, auf der ich den Text vorgetragen hatte). Nun hat es zwar weiterhin einen Beigeschmack, aber keinen ganz so bitteren mehr - mir jedenfalls gefällt er besser. Daher bedanke ich mich auch noch mal für die Anregungen, ihn zu ändern.

Liebe Grüße

Andreas
 

anbas

Mitglied
Bevor ich es vergesse, eine konkrete Frage zur Überarbeitung habe ich noch:

In der neuen Fassung habe ich die Überschriften weggelassen. Gut so, oder sollte ich sie wieder aufnehmen?

Natürlich bin ich auch an jeder anderen Rückmeldung zu der Überarbeitung interessiert.

Liebe Grüße

Andreas
 

anbas

Mitglied
Komplett überarbeitet



Ratte auf Reise
(Ein Drama in 9 Kapiteln)



1. Der Plan

Die Ratte Alma lebt in Kiel
wo sie der Depression verfiel.
Sie hat es wirklich schwer auf Erden,
und möchte nur gestreichelt werden.

Man weiß ja: Ratten sind verhasst.
Für Alma ist das eine Last.
Kein Leid ist ihr erspart geblieben,
man hat sie immer nur vertrieben.
Sie wünscht sich aber Liebe, Glück
– und sei es nur ein kleines Stück.
Doch bleibt ihr Leben weiter trist,
so dass sie am Verzweifeln ist.
Die Sehnsucht wächst und tut so weh,
dann kommt ihr endlich die Idee:

Sie hörte mal von einem Platz,
wo man liebkost wird wie ein Schatz.
Dafür muss sie sich nur verkleiden,
um ab sofort nie mehr zu leiden.
Der Plan erscheint ihr bombensicher.
Schon fährt sie los mit viel Gekicher,
maskiert und ganz inkognito,
als Meerschweinchen zum Streichelzoo.


2. Erste Irritationen

Ja, Alma fühlt sich wunderbar.
Ihr größter Traum wird jetzt bald wahr.
Von Kiel fährt sie mit Affenzahn
gen Süden auf der Autobahn,
um einen Streichelzoo zu suchen.

Doch bald schon hört man sie laut fluchen:
"Ich kenn gar keinen Streichelzoo
und fahr nur blöd ins Nirgendwo!
In Zukunft muss ich besser planen,
anstatt dem ersten ganz spontanen
Gedanken blindlings nachzujagen.
– Was soll's, jetzt hilft mir auch kein Klagen!
Von nun an glaub' ich unbeirrt
daran, dass alles besser wird.
Die Hoffnung lass ich mir nicht nehmen!"

– Schon steckt sie in 'nem Stau bei Bremen.

Sie gibt nicht auf und kehrt gleich um,
doch das ist wiederum sehr dumm.
Die and'ren Fahrer sind verwirrt,
als sie zum Geisterfahrer wird.
Mit wilden Gesten und Geschrei
– ihr Leben zieht an ihr vorbei –
schafft sie's, natürlich ohne Plan,
herunter von der Autobahn.


3. Aufgeben gilt nicht

Auf Bundesstraßen geht es weiter,
das findet sie nun doch gescheiter.
Noch immer fährt sie Richtung Süden,
doch dann beginnt sie zu ermüden,
und nickt beim Fahren kurz mal ein,
fährt fast in einen Laster rein,
bleibt letztlich auf 'nem Feldweg stehen,
ihr Magen fängt sich an zu drehen.
Dann bricht das Elend auch schon raus,
und sie will einfach nur nach Haus.

Doch erst mal muss sie kurz pausieren,
da spürt sie plötzlich was vibrieren.
Das Handy ist's, ein Freund ruft an,
der ihr 'nen Hinweis geben kann.

Sogleich wird Alma wieder munter,
die triste Welt scheint wieder bunter.
Sie tritt aufs Gas und rast davon,
denn nun geht’s schnellstens nach Heilbronn.

Angeblich lebt dort Rosinante,
sie ist von diesem Freund 'ne Tante.
Die kam im Leben sehr viel rum
und ist angeblich auch nicht dumm.
Hier hofft sie einen Tipp zu kriegen,
wo diese Streichelzoos nun liegen.


4. Der Rückschlag

Ab jetzt scheint alles spielend leicht,
doch als sie nachts Heilbronn erreicht
ist Rosinante – ungelogen –
vor ein paar Stunden fortgezogen.
Wohin sie zog, kann niemand sagen.
So hört man Alma lauthals klagen,
das Leben sei so ungerecht.
Es geht ihr wirklich furchtbar schlecht.
In einer Rattenkneipe dann
säuft sie sich einen Filmriss an.


5. Neustart

Am nächsten Morgen: Katzenjammer!
In ihrem Schädel tanzt ein Hammer.
Doch eine Alma schreckt das nicht.
Mit wild entschlossenem Gesicht,
umklammert sie ganz fest das Steuer
– und weiter geht ihr Abenteuer.

Die Weiterfahrt ist, wie man ahnt,
natürlich auch nicht durchgeplant.
Erneut versäumt sie es komplett
mit ein paar Klicks im Internet
nach Streichelzoos zu recherchieren.
Nein, sie ist nur am Spekulieren
und jagt durch Deutschland kreuz und quer
dem Traum der Träume hinterher.
Zum Abschluss fährt sie dann gen Osten.
Aufgrund der hohen Reisekosten,
ist dies für sie die letzte Chance
– inzwischen fährt sie, wie in Trance.


6. Hoffnungsvolle Begegnung

In Sachsen-Anhalt angekommen,
ist sie auf einmal ganz benommen.
Da steht ein Bild von Rattenmann,
wie ihn kein Künstler malen kann.
"Boah, ist der scharf!" durchfährt es sie,
"So einen Typ sah ich noch nie!
Den kann kein Rattenweib verschmähen".

Es ist komplett um sie geschehen.
Die Welt erstrahlt in rosa Licht
– nur er beachtet Alma nicht.
Doch diese wird nun immer kesser
(Ein Kerl – statt Streichelzoo – ist besser).
Sie spürt, jetzt muss sie alles geben,
und flirtet so, wie nie im Leben.

Der Rattenmann jedoch bleibt cool.
Und sie durchfährt's: "Der Typ ist schwul!".
Dann fällt ihr ein, dass sie – welch Mist –
als Meerschweinchen verkleidet ist.
Und so beendet sie noch grade
zur rechten Zeit die Maskerade.


7. Reinfall mit Folgen

Der Rattenmann staunt nun nicht schlecht,
denn er ist selber auch nicht echt.
Er ist ein Meerschwein und verkleidet,
da er aufgrund der Ratten leidet.
Denn überall trifft er nur Frauen,
die voller Ekel ihn beschauen,
weil diese dummen Weibsgestalten
ihn für 'ne miese Ratte halten.
Und weil er deshalb Ratten hasst,
hat er dann diesen Plan gefasst:
"Anstatt mich lauthals zu beklagen,
werd' ich die blöden Viecher jagen."
Seit dem tut er dies mit Bravur
in seiner Rattengarnitur.

Eh Alma diesen Trick versteht,
da ist es leider schon zu spät.
Sie denkt grad noch: "Das kann nicht sein!"
Da fängt er sie schon locker ein.
So landet sie ganz nah bei Halle
in Meerschweinmännchens Rattenfalle.
Doch hält er sie nur kurz gefangen,
dann wird sie auf 'ner Farm für Schlangen
und ein paar anderen Exoten
als Lebendfutter angeboten.

So endet scheinbar Almas Reise
auf nicht so angenehme Weise.
Der Tag vergeht, und in der Nacht
hört man ein Meerschwein, das laut lacht.


8. Aufruhr

Tags drauf geht's weiter mit Gebimmel
am Hauptportal vom Rattenhimmel.
Man öffnet und Sekunden später
hört man statt Harfen nur Gezeter.
Als wär' vom Wahnsinn sie besessen,
tobt Alma, sichtlich angefressen,
hinein ins Rattenparadies
und brüllt dort weiter, wie am Spieß.
Sie flucht und pöbelt volle Röhre,
man hört nicht mehr die Himmels-Chöre,
und manchem Engel bleibt vor Schrecken
das Manna glatt im Halse stecken.

Ihr Leben, so hört man sie schreien,
bestand doch nur aus Plagereien.
Sogar ihr Tod wär noch misslungen!
Denn jenes Vieh, das sie verschlungen,
mit Haut und Haaren und den Knochen,
hätt furchtbar aus dem Hals gerochen!

Doch ab sofort wird sie sich wehren
und gleich beim großen Chef beschweren.
Dem will sie es nun aber zeigen,
ihm deutlich mal die Meinung geigen.
Nach weit'rem Fluchen und Gequengel,
führt sie ein kleiner Rattenengel
zu einem wunderschönen Garten.
Dort bittet er sie, kurz zu warten.

Und Alma wartet – Ewigkeiten!
Der Chef kommt nicht – will wohl nicht streiten.
Doch Alma will das, absolut!
Ihr schwillt erneut der Hals vor Wut.
Man möchte sie hier wohl brüskieren,
sie ist ganz kurz vorm Explodieren.
Nein, das ist alles gar nicht fair,
verärgert läuft sie hin und her.


9. Geschafft

Da hört sie plötzlich sanfte Töne
und ganz genussvolles Gestöhne.
Dies ruft bei ihr dann ganz spontan
den Hauch von Neugier auf den Plan.
Erregt folgt sie dem Hörspiel gleich
zu einem hinteren Bereich
des Gartens, den paar dichte Hecken
vor Almas Blicken gut verdecken.
Sie denkt: "Da sind wohl paar am Poppen!"
und ist sofort nicht mehr zu stoppen.
So zwängt sie sich dann auf der Stelle
durchs Strauchwerk hin zur Stöhnungsquelle.

Als sie dort ankommt, bleibt sie steh'n,
wird starr, kann nicht mehr weitergeh'n.
Denn vor ihr, auf bequemen Matten,
da liegen ein paar tausend Ratten,
die dort von ganzen Meerschwein-Herden
umsorgt und sanft gestreichelt werden.

Gebannt folgt sie dem ganzen Treiben,
hier möchte sie für immer bleiben.
Erst zaghaft streckt sie ihre Glieder,
legt sich auf einer Matte nieder
und räkelt sich mit viel Genuss.
Sie weiß, es ist jetzt endlich Schluss;
das Schicksal nimmt hier eine Wende,
der ganze Wahnsinn hat ein Ende.
Dann spürt sie plötzlich, wie zwei Pfoten
am Rücken ihre Muskelknoten
ganz sanft und vorsichtig massieren.
Sofort beginnt sie zu vibrieren.

Als sie kurz aufschaut, sieht sie dann
den ihr bekannten Meerschwein-Mann.
Der sollte in der Hölle braten
aufgrund von seinen Missetaten.
Doch landete er ziemlich schnelle
in jener Höllen-Außenstelle.
Dort muss er Alma nun verwöhnen,
und die hört man bald leise stöhnen:
"Ich hab das Paradies gefunden
und mich nicht ganz umsonst geschunden."
Das Meerschwein aber denkt im Stillen:
"Wär ich nicht tot, würd' ich mich killen!"





* entstanden im Rahmen von "Komische Lyrik III" (ehemaliger Faden in der Schreibwerkstatt, Fingerübungen)
 

anbas

Mitglied
Habe mich nun doch für Überschriften entschieden - ich denke, dass dadurch der Text nicht ganz so "erschlagend" wirkt. Außerdem sind noch ein paar Änderungen dazu gekommen ...

Gruß

Andreas
 

anbas

Mitglied
Komplett überarbeitet



Ratte auf Reise
(Ein Drama in 9 Kapiteln)



Kapitel 1: Der Plan

Die Ratte Alma lebt in Kiel
wo sie der Depression verfiel.
Sie hat es wirklich schwer auf Erden,
und möchte nur gestreichelt werden.

Man weiß ja: Ratten sind verhasst.
Für Alma ist dies eine Last.
Kein Leid ist ihr erspart geblieben,
man hat sie immer nur vertrieben.
Sie wünscht sich aber Liebe, Glück
– und sei es nur ein kleines Stück.
Doch bleibt ihr Leben weiter trist,
so dass sie am Verzweifeln ist.
Die Sehnsucht wächst und tut so weh,
dann kommt ihr endlich die Idee:

Sie hörte mal von einem Platz,
wo man liebkost wird wie ein Schatz.
Dafür muss sie sich nur verkleiden,
um ab sofort nie mehr zu leiden.
Der Plan erscheint ihr bombensicher.
Schon fährt sie los mit viel Gekicher,
maskiert und ganz inkognito,
als Meerschweinchen zum Streichelzoo.


Kapitel 2: Irritationen

Ja, Alma fühlt sich wunderbar.
Ihr größter Traum wird jetzt bald wahr.
Von Kiel fährt sie mit Affenzahn
gen Süden auf der Autobahn,
um einen Streichelzoo zu suchen.

Doch bald schon hört man sie laut fluchen:
"Ich kenn gar keinen Streichelzoo
und fahr nur blöd ins Nirgendwo!
In Zukunft muss ich besser planen,
anstatt dem ersten ganz spontanen
Gedanken blindlings nachzujagen.
– Was soll's, jetzt hilft mir auch kein Klagen!
Von nun an glaub' ich unbeirrt
daran, dass alles besser wird.
Die Hoffnung lass ich mir nicht nehmen!"

– Schon steckt sie in 'nem Stau bei Bremen.

Sie gibt nicht auf und kehrt gleich um,
doch das ist wiederum sehr dumm.
Die and'ren Fahrer sind verwirrt,
als sie zum Geisterfahrer wird.
Mit wilden Gesten und Geschrei
– ihr Leben zieht an ihr vorbei –
schafft sie's, natürlich ohne Plan,
herunter von der Autobahn.


Kapitel 3: Aufgeben gilt nicht

Auf Bundesstraßen geht es weiter,
das findet sie nun doch gescheiter.
Noch immer fährt sie Richtung Süden,
doch dann beginnt sie zu ermüden,
und nickt beim Fahren kurz mal ein,
fährt fast in einen Laster rein,
bleibt letztlich auf 'nem Feldweg stehen,
ihr Magen fängt sich an zu drehen.
Dann bricht das Elend auch schon raus,
und sie will einfach nur nach Haus.

Doch erst mal muss sie kurz pausieren,
da spürt sie plötzlich was vibrieren.
Das Handy ist's, ein Freund ruft an,
der ihr 'nen Hinweis geben kann.

Sogleich wird Alma wieder munter,
die triste Welt scheint wieder bunter.
Sie tritt aufs Gas und rast davon,
denn nun geht’s schnellstens nach Heilbronn.

Angeblich lebt dort Rosinante,
sie ist von diesem Freund 'ne Tante.
Die kam im Leben sehr viel rum
und ist angeblich auch nicht dumm.
Hier hofft sie einen Tipp zu kriegen,
wo diese Streichelzoos nun liegen.


Kapitel 4: Der Rückschlag

Ab jetzt scheint alles spielend leicht,
doch als sie nachts Heilbronn erreicht
ist Rosinante – ungelogen –
vor ein paar Stunden fortgezogen.
Wohin sie zog, kann niemand sagen.
So hört man Alma lauthals klagen,
das Leben sei so ungerecht.
Es geht ihr wirklich furchtbar schlecht.
In einer Rattenkneipe dann
säuft sie sich einen Filmriss an.


Kapitel 5: Neustart

Am nächsten Morgen: Katzenjammer!
In ihrem Schädel tanzt ein Hammer.
Doch eine Alma schreckt das nicht.
Mit wild entschlossenem Gesicht,
umklammert sie ganz fest das Steuer
– und weiter geht ihr Abenteuer.

Die Weiterfahrt ist, wie man ahnt,
natürlich auch nicht durchgeplant.
Erneut versäumt sie es komplett
mit ein paar Klicks im Internet
nach Streichelzoos zu recherchieren.
Nein, sie ist nur am Spekulieren
und jagt durch Deutschland kreuz und quer
dem Traum der Träume hinterher.
Zum Abschluss fährt sie dann gen Osten.
Aufgrund der hohen Reisekosten,
ist dies für sie die letzte Chance
– inzwischen fährt sie, wie in Trance.


Kapitel 6: Hoffnungsvolle Begegnung

In Sachsen-Anhalt angekommen,
ist sie auf einmal ganz benommen.
Da steht ein Bild von Rattenmann,
wie ihn kein Künstler malen kann.
"Boah, ist der scharf!" durchfährt es sie,
"So einen Typ sah ich noch nie!
Den kann kein Rattenweib verschmähen".

Es ist komplett um sie geschehen.
Die Welt erstrahlt in rosa Licht
– nur er beachtet Alma nicht.
Doch diese wird nun immer kesser
(Ein Kerl – statt Streichelzoo – ist besser).
Sie spürt, jetzt muss sie alles geben,
und flirtet so, wie nie im Leben.

Der Rattenmann jedoch bleibt cool.
Und sie durchfährt's: "Der Typ ist schwul!".
Dann fällt ihr ein, dass sie – welch Mist –
als Meerschweinchen verkleidet ist.
Und so beendet sie noch grade
zur rechten Zeit die Maskerade.


Kapitel 7: Reinfall mit Folgen

Der Rattenmann staunt nun nicht schlecht,
denn er ist selber auch nicht echt.
Er ist ein Meerschwein und verkleidet,
da er aufgrund der Ratten leidet.
Denn überall trifft er nur Frauen,
die voller Ekel ihn beschauen,
weil diese dummen Weibsgestalten
ihn für 'ne miese Ratte halten.
Und weil er deshalb Ratten hasst,
hat er dann diesen Plan gefasst:
"Anstatt mich lauthals zu beklagen,
werd' ich die blöden Viecher jagen."
Seit dem tut er dies mit Bravur
in seiner Rattengarnitur.

Eh Alma diesen Trick versteht,
da ist es leider schon zu spät.
Sie denkt grad noch: "Das kann nicht sein!"
Da fängt er sie schon locker ein.
So landet sie ganz nah bei Halle
in Meerschweinmännchens Rattenfalle.
Doch hält er sie nur kurz gefangen,
dann wird sie auf 'ner Farm für Schlangen
und ein paar anderen Exoten
als Lebendfutter angeboten.

So endet scheinbar Almas Reise
auf nicht so angenehme Weise.
Der Tag vergeht, und in der Nacht
hört man ein Meerschwein, das laut lacht.


Kapitel 8: Aufruhr

Tags drauf geht's weiter mit Gebimmel
am Hauptportal vom Rattenhimmel.
Man öffnet und Sekunden später
hört man statt Harfen nur Gezeter.
Als wär' vom Wahnsinn sie besessen,
tobt Alma, sichtlich angefressen,
hinein ins Rattenparadies
und brüllt dort weiter, wie am Spieß.
Sie flucht und pöbelt volle Röhre,
man hört nicht mehr die Himmels-Chöre,
und manchem Engel bleibt vor Schrecken
das Manna glatt im Halse stecken.

Ihr Leben, so hört man sie schreien,
bestand doch nur aus Plagereien.
Sogar ihr Tod wär noch misslungen!
Denn jenes Vieh, das sie verschlungen,
mit Haut und Haaren und den Knochen,
hätt furchtbar aus dem Hals gerochen!

Doch ab sofort wird sie sich wehren
und gleich beim großen Chef beschweren.
Dem will sie es nun aber zeigen,
ihm deutlich mal die Meinung geigen.
Nach weit'rem Fluchen und Gequengel,
führt sie ein kleiner Rattenengel
zu einem wunderschönen Garten.
Dort bittet er sie, kurz zu warten.

Und Alma wartet – Ewigkeiten!
Der Chef kommt nicht – will wohl nicht streiten.
Doch Alma will das, absolut!
Ihr schwillt erneut der Hals vor Wut.
Man möchte sie hier wohl brüskieren,
sie ist ganz kurz vorm Explodieren.
Nein, das ist alles gar nicht fair,
verärgert läuft sie hin und her.


Kapitel 9: Ausklang

Da hört sie plötzlich sanfte Töne
und ganz genussvolles Gestöhne.
Dies ruft bei ihr dann ganz spontan
den Hauch von Neugier auf den Plan.
Erregt folgt sie dem Hörspiel gleich
zu einem hinteren Bereich
des Gartens, den paar dichte Hecken
vor Almas Blicken gut verdecken.
Sie denkt: "Da sind wohl paar am Poppen!"
und ist sofort nicht mehr zu stoppen.
So zwängt sie sich dann auf der Stelle
durchs Strauchwerk hin zur Stöhnungsquelle.

Als sie dort ankommt, bleibt sie steh'n,
wird starr, kann nicht mehr weitergeh'n.
Denn vor ihr, auf bequemen Matten,
da liegen ein paar tausend Ratten,
die dort von ganzen Meerschwein-Herden
umsorgt und sanft gestreichelt werden.

Gebannt folgt sie dem ganzen Treiben,
hier möchte sie für immer bleiben.
Erst zaghaft streckt sie ihre Glieder,
legt sich auf einer Matte nieder
und räkelt sich mit viel Genuss.
Sie weiß, es ist jetzt endlich Schluss;
das Schicksal nimmt hier eine Wende,
der ganze Wahnsinn hat ein Ende.
Dann spürt sie plötzlich, wie zwei Pfoten
am Rücken ihre Muskelknoten
ganz sanft und vorsichtig massieren.
Sofort beginnt sie zu vibrieren.

Als sie kurz aufschaut, sieht sie dann
den ihr bekannten Meerschweinmann.
Der sollte in der Hölle braten
aufgrund von seinen Missetaten.
Doch landete er ziemlich schnelle
in jener Höllen-Außenstelle.
Dort muss er Alma nun verwöhnen,
und die hört man bald leise stöhnen:
"Ich hab das Paradies gefunden
und mich nicht ganz umsonst geschunden."
Das Meerschwein aber denkt im Stillen:
"Wär ich nicht tot, würd' ich mich killen!"






* entstanden im Rahmen von "Komische Lyrik III" (ehemaliger Faden in der Schreibwerkstatt, Fingerübungen)
 



 
Oben Unten