Recht egal

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Walther

Mitglied
Recht egal


Wo er recht hat, hat er recht:
Wenn er nicht recht hat, ist’s schlecht.
Dann ist was bestimmt nicht richtig.
Dass er recht hat, ist ihm wichtig.

Recht zu haben, früh bis spät,
Das schafft Lebensqualität.
Sogar noch in tiefer Nacht
Wird man um sein Recht gebracht!

Mancher stirbt, das macht beklommen.
Ohne zu dem Recht zu kommen,
Das ihm zusteht, das ist klar:
Recht zu haben, immerdar!

Oder ist er eine sie?
Recht bekomm‘ sie irgendwie.
(Recht zu haben wird zur Qual:
Du hast recht! Mir ist‘s egal.)
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Walther,

noch ein Nachtrag:
Ich habe mir beim Lesen der ersten drei Strophen gedacht, warum schreibt er eigentlich immer "er". Da würde doch "sie" genauso gut passen.
Und siehe da in der vierten Strophe: "Sie"

Genial!!

Liebe Grüße
Manfred
 

Walther

Mitglied
Recht egal


Wo er recht hat, hat er recht:
Wenn er nicht recht hat, ist’s schlecht.
Dann ist was bestimmt nicht richtig.
Dass er recht hat, ist ihm wichtig.

Recht zu haben, früh bis spät,
Das schafft Lebensqualität.
Sogar noch in tiefer Nacht
Wird man um sein Recht gebracht!

Mancher stirbt, das macht beklommen,
Ohne zu dem Recht zu kommen,
Das ihm zusteht, das ist klar:
Recht zu haben, immerdar!

Oder ist er eine sie?
Recht bekomm‘ sie irgendwie.
(Recht zu haben wird zur Qual:
Du hast recht! Mir ist‘s egal.)
 
O

orlando

Gast
:D:)

Ein hintersinniges Werk, das den Lesern zwar wenig "Interpretationsspielraum" lässt, sich aber dafür umso netter an eine Rechtsabteilung der Literatur schmiegt. ;)
 
F

Fettauge

Gast
Lieber Walther,

es gibt so Leute, die man einfach nicht mag, denen man aus tiefster Lust Gemeinheiten andichtet, weil sie den Finger aufs Schlimme gelegt haben. Man ist verwundet, man möchte sich von seiner Mitwelt pflegen lassen, man leidet ja so sehr. Denn wenn einer recht hat, dann nur man selbst! Diese zwischen den Zeilen stehende Selbsterkenntnis (ich will nicht von Selbstentlarvung reden) hast du nach meinem Eindruck ganz gut beschrieben.

Nun ist das Streben nach Rechthabenwollen meistens das Streben kleiner Geister, die nicht begreifen können, dass es nicht um das Rechthaben geht, sondern um eine bestimmte, objektive Sache, womit ich dem Autor obigen Werkes selbstverständlich nicht zu nahe treten will. Aber so hohl sind die Leute. Ich sag es ja, keiner ist perfekt.

Liebe Grüße, Fettauge
 

Walther

Mitglied
hi fettauge,

ich fange diesmal hinten an: in der tat ist lyrik IMMER selbstentlarvung, vor allem die, die mit dem zeigefinger wedelt. der autor schreibt in diesen fällen zumeist von etwas, das er gut (er)kennt. wer das bestreitet, braucht kein glashaus mehr, wer sich dessen schämt, sich selbst damit natürlich auch zu meinen, ist selbst schuld.

es ist sehr beruhigend zu diagnostizieren, daß die meisten psychologen und psychiater diese fächer studieren, um sich selbst besser zu verstehen. die dahinter verborgene störung kennen wir (oder können sie uns ergoogeln).

was sagt man zum abschluß zu schön? du hast recht und ich mei ruh.

danke fürs kommentieren!

lg w.


lb. franke,

rechthaber sind furchtbare zeitgenossen. schön, daß wir dazu gehören. :)

danke + lg w.


lb. orlando,

ob wir auf dem rechten weg sind oder nicht, wissen wir meistens erst, wenn der weg endet. ;)

danke + lg w.


lb marie-luise,

mich freut es sehr, dich diesmal erfreuen zu können!!!

danke + lg w.
 
Lieber Walther,
du bist ein wenig ungerecht.
Viele deiner Gedichte haben mir gefallen. Nur die nicht, mit denen du in der Schreibweise und auch sonst experimentell unterwegs bist.
Ich bin noch altmodisch.

Viele Grüße,
Marie-Luise
 

Walther

Mitglied
lb marie-luise,

ich bin nicht ungerecht, weil mich wirklich gefreut hat, dich gut unterhalten zu haben. meine art, gedichte zu schreiben, ist nicht in jedem falle jedermanns sache. und wenn du ehrlich bist, habe ich dafür sogar verständnis, wie ich immer wieder betone. ;)

also, zur wiederholung: es freut mich saumäßig, dich diesmal erfreut zu haben!!!

lg w.
 
Danke, lieber Walther, für deine Worte.
Du hast mich wirklich erfreut mit deinem Gedicht über das Rechthaben. Letzteres begegnet einem ja immer wieder.

Liebe Grüße von mir.
 

anbas

Mitglied
Hi Ihr Lieben,

zum Thema "Rechthaberei" mal eine Geschichte aus dem Leben, die zeigt, dass man - wenn die Chemie stimmt - damit auch sehr locker umgehen kann:

Vor einigen Jahren nahm ich an einer Fortbildung teil, in der es um den Umgang mit Konflikten ging. Im Laufe des Seminars erzählte der Referent von einem älteren Ehepaar, dass er vor einiger Zeit als Teilnehmer eines ähnlichen Seminars kennengelernt hatte. Die beiden gingen sehr harmonisch mit einander um. In einer Seminarpause fragte der Leiter die beiden nach ihrem "Geheimnis". Es war zunächst das Übliche: Mit einander reden, Absprachen treffen und diese auch einhalten usw. Der Seminarleiter bohrte nach.
"Wenn man so lange zusammen ist, gibt es doch auch immer mal Konflikte, in denen es irgendwann nicht mehr um den Inhalt, sondern nur noch darum geht, wer Recht hat. Wie geht ihr damit um?"
"Hm," sagte der Ehemann, "was für ein Datum haben wir heute? Den 12. - Mist, dann habe ich heute immer Unrecht, denn es ist eine grade Zahl..."

Das Ehepaar hatte sich also darauf geeinigt, auf das Datum zu schauen, wenn sie merkten, dass es bei einem Konflikt nur noch ums Rechthaben ging. Der Mann hatte an ungraden Tagen immer Recht, die Frau an den graden Tagen. Schon bald reichte bei einem Streit die Frage: "Welches Datum haben wir eigentlich?"

Das ist sicherlich kein Patentrezept, man muss solch spielerische Lösungsansätze mögen, und kann das nur vereinbaren, wenn die Chemie stimmt, kein Konflikt im Raum steht und sich beide darauf einlassen können.


Lieber Walther,

Deine Zeilen haben die Erinnerung an dieses auch sonst sehr gute Seminar wieder wachgerufen. Danke dafür! Abgesehen davon gefällt mir das Gedicht auch so.

Liebe Grüße

Andreas
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Gedanken anregend

Recht zu haben und falsch zu haben - das ermüdet, ist ja auch ein hartes Stück Arbeit. Und ist in Gespräche eingebettet, menschlich, kommunikativ.
Ich erinnere mich an meine Schulzeit: Michael Kohlhaas war mir ein Held, ich war immer traurig darüber, daß man ihn als Karikatur eines Rechthabers sah. So empfinde ich auch heute noch.
Wieso auch sollte ein gut argumentierender Gesprächspartner nicht recht haben dürfen.
Manchmal muß man sich sein Recht erstreiten, oder man darfs, oder man fühlt sich genötigt, es zu tun, oder man scheitert, hat es also, ohne daß es einem zugestanden wird.
 

Walther

Mitglied
lb. anbas,

in der tat gibt bei solchen reflexiven versen gerne sog. "flashbacks". man erinnert sich an ereignisse, die mit dem thema in zusammenhang stehen.

streitkultur ist etwas, das einem helfen kann, schwierige situation zu organisieren. die idee des ehepaars, wechselnd das recht des letzten zugriffs zu verteilen, ist eine weise.

danke für deine rückmeldung.

lg w.


lb. mondnein,

das thema ist komplex und im text sicherlich verkürzt abgehandelt. zustitzung geht immer damit einher, einem sujet nicht in gänze gerecht zu werden. aber werden wir das jemals in ein paar versen?

ich danke dir für deine wichtigen und richtigen gedanken!

lg w.
 



 
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