Wir sind ausgeschlossen vom Club
Gut erklärt, JB.
Natürlich muß ich Dir widersprechen, da ich eine Ästhetik pflege, die mehr an der Musikalität des Gedichtes sowohl in der Klangebene als auch in der Metaphernebene orientiert ist als an irgendeinem "Verstehen". Zum Verstehen haben wir die philosophische Prosa. Da ich ein akademischer Philosoph bin, siehe die Zwölf Körbe, bin ich im Wissenschaftsbereich ein kompromißloser Vertreter des Verstehens, dialogisch sich vermittelnd, kurz: Jede Frage ist einer Antwort wert.
Aber in der Lyrik darf die Sprache in ihren musikalischen Dimensionen erfahren werden. Da kommt es nicht in erster Linie darauf an, daß die Metaphern einen Schlüsselroman bilden (dafür ist der Schlüsselroman besser geeignet), oder satirische Pfeile schießen (dafür habe ich nicht genug Humor, mir sind die Angriffe auf einzelne Personen auch schnurz, es sei denn, es handelt sich um die Feinde moderner Lyrik: denen habe ich noch nicht verziehen, schließlich ist das hier ja ein Lyrikforum, in dem die Freiheit der Kunst absolut gilt) -
sondern in erster Linie kommt es hier darauf an, das die Sprache singt, und auch, daß die Bilder in ihr singen, im "inneren Film" des Lesers. Es ist der große Durchbruch seit Kandinsky und Picasso, daß die Kunst nicht abbildet, sondern schöpferisch wird. Das ist schon seit über hundert Jahren so, und das heißt keineswegs, daß wir alle abstrakt "malen" müssen - aber wir dürfen es - oder nicht reimen dürfen - aber natürlich können wir Klopstocksche Freiheiten nutzen.
Es ist ja bekannt, daß ich reime, in der Malerei aber völlig abstrakt "werkle", und in meinen gereimten Gedichten an die Grenzen des Sagbaren zu gehen versuche - thematisiert z.B. in
dichter lügen du bist dichter also lügst du
Ich erlaube es mir gelegentlich, scheinbar "gegenständlich", erzählend oder beschreibend, zu schreiben (z.B. "der test", siehe in der Rubrik Ungereimtes).
Aber ich erlaube es mir auch, eine Art synthetischen Kubismus in der Sprache auszuarbeiten. Reine Klanggedichte, mit nur noch assoziativen Spuren, habe ich auch schon hier eingebracht, mit dem entsprechenden Peitschenhieb vom Anonymus, obwohl die Rubrik "Experimentelles" heißt, wo ich das vorgestellt habe.
Ein Zweifrontenkrieg: Marie Luise greift mich von der Reimerseite her an, Hermann Knehr kommentiert nicht einmal meine Großschreibungs-Sonette, Du, James, spielst hier den Antimodernisten - und von der Seite der Liebhaber der Flatterrandprosa "trollt" sich neuerdings der Cellist mit Pseudokommentaren unter meinen Liedern, um mir klarzumachen, daß ich nicht zum Club der wahren Dichter gehöre, der toten, denn die verbieten den Reim. Oh Captain mein Captain!