Requiem

Elias

Mitglied
Ich bin das Edle, das an sich zutiefst versagt.
Gespalten ist meine Wesen, die Natur
hält unabstrakt mich auf an Mustern und Struktur
und fesselt mich im Doppelsinn, drum klagt

mein Herz, das die Erbärmlichkeiten kennt,
den falschen Klang, der alles Reine stört.
Ihr hört nur das, was ihr zu wünschen hört,
ihr, die ihr Wahrheit mein Erscheinen nennt.

Ein Hohelied der Sinnlichkeit? Ich war es nie.
Trag die Visionen den Märtyrern weit voraus.
Treib Menschen, Gotteskrieger aus dem Haus
und opfre sie und ihre Opfer dann wie Vieh

auf dem Altar des Ruhmes und der eitlen Macht.
Ihr aber opfert mich in eurer wüsten Schlacht.
 

petrasmiles

Mitglied
Hallo Elias,

ich mag diesen Text, so ein bisschen was zum Nachdenken, -Empfinden. Aber 'unabstrakt' ist nun einmal 'konkret', das zerschießt den guten Sprachfluss. Gibt es da nicht ein Synonym für 'konkret', das passt?

Liebe Grüße
Petra
 

hermannknehr

Mitglied
Hallo Elias,
ein Gedicht, das zu Nachdenken anregt, wohl war. Die Sprache ist schön, der Sprachfluss flüssig, die Regeln des Sonettes eingehalten ( auch wenn ich zum Schluss 2 Terzette gesetzt hätte),alles perfekt, nur der Inhalt! Auch nach wiederholtem, konzentriertem Lesen bleibt mir die Aussage, die das Gedicht machen will, verborgen. Ich grüble also weiter, vielleicht kommt mir ja noch eine Erleuchtung.
 

Elias

Mitglied
Besten Dank. Textarbeit ist ja nicht das schlechteste. Rein vom Sprachklang/Lautfluss finde ich "unabstrakt" irgendwie passend, auch der Rhythmus leidet nur minimal, wobei man sicher eine gewisse Konstruiertheit nicht von der Hand weisen kann. Sicher: Die Negation von „abstrakt“ (äußert unlyrisches Wort) bessert die „lyrische Lage“ nicht sonderlich. Insofern denke ich nach und schlage vielleicht vor: „... die Natur blockt mich an ...“, wobei ich mich eher ungern von „abstrakt“ trenne, ist doch dieses Wort dem philosophischen Duktus recht nahe und ein durchaus prägnanter Ankerpunkt des Sonetts. Die Form gestaltet sich nach Shakespeare (3 Quartette, 1 "heroic couplet"), was mir bei dem philosophisch angehauchten Thema durchaus passfähig erschien. Der Ronsard-Typ ist mir eine Spur zu elegant, geht es doch um nichts weniger als Mord an etwas/an jemandem. Ansonsten dreht es sich um den Begriff der Wahrheit, der bis heute definitorisch heftig umstritten ist (Hegel meinte z.B., W. sei die Einheit des Widersprüchlichen) und vielleicht einer der missbrauchtesten Begriffe, die je eine Sprache verlautlicht hat.

Gruß E.
 



 
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