Rheingold

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James Blond

Mitglied
Golden strahlt das Band der Tugend
noch im Ausklang holder Jugend,
bleibt die Welt auch stets begehrlich
und der Weg hindurch gefährlich.

Spürt der Mensch Vergänglichkeit,
ist zu Edlem er bereit,
greift beflissen und genauer
nach den Werten hoher Dauer.

Viele suchten sie zu fassen,
um ihr Leben dran zu lassen,
bis die kleinen Zipfelmützen
alles taten, Gold zu schützen

Rheines Töchter halten Wacht,
hüten nun die güldne Macht,
denn der Sterbliche vom Rheine
sucht am Grunde stets das Eine.

Nächtlich sorgt sich Wogelinde,
dass kein Narr zum Rheingold finde,
und die holde Wellengunde
wacht im Fluß zur Tagesstunde.

Nur die skeptische Floßhilde
warnt vor Wagners Wahngebilde,
schließlich hat er Nibelungen
seinen Blechklang aufgezwungen.

Wo der Mensch zum Golde drängt,
wird es häufig recht beengt,
lautstark wagnern dort die Waffen,
jenen Hort herbei zu schaffen.

Bayreuth strafft gewitzt die Zügel:
Auf, ihr VIPs, zum Grünen Hügel!
Unser Führer wusste schon:
Rheinmetall bringt Reichen Lohn!

Schon lässt man die Hörner blasen
und posiert vor grünem Rasen,
bis das Gold der Pilgerschar
flüssig strömt wie jedes Jahr.

Rheines Töchter, Heines Söhne
suchen dann den Bund fürs Schöne,
selbst Graf Koks zeigt seine Holde -
so schließt sich der Ring zum Golde.

Brütend lauschen Menschenmengen
angestrengten Jenseitsklängen,
denn der Ring verheißt: Auf Erden
soll die Kunst ersessen werden.


Tönt das Blech aus der Versenkung,
trennt der Kenner in Verrenkung
Klanggenuss vom Führergruß,
der heut gilt als Pferdefuß.


Beispiellos es so gelang,
brauner Zeiten Bläserklang
prominent zu inszenieren,
ohne sich groß zu blamieren.


Kunst ist schließlich, was gefällt,
dafür sorgt ein Ring aus Geld –
Stolz grüßt die Vergangenheit
jenseits der Befangenheit.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Das ist, James,

ein salzloses Porridge, Phrasenmatsch. Ohne Rosinen.

Und falsch etikettiert, denn es zielt an dem Vorabend-Werk zur Ringtrilogie bewußt vorbei.

Daß die Zwerge das Gold "schützen", steht im diametralen Gegensatz zu deren Wirken im "Rheingold".
Das Blechgerede über die Blechklänge im "Rheingold" wird auch durch die aufdringliche Wiederholung nicht veredelt. Die Hauptinstrumentengruppe bilden die Streicher, und für den Klang des Gesamtorchesters sind die weichen Übergänge typisch, wie auch sonst bei Wagner.

Das für das Rheingold Typische ist die Modernität sowohl der Inhalte als auch der Stilmittel, der musikalischen Strukturen:
1. Die Wirkstätte der "Zwerge" ist eine gigantische Fabrik, ein Stahlwerk wie im Ruhrgebiet des 19. Jahrhunderts. Knallharte metallische Ostinati. Sadistischer Unternehmer, mit harten Strafen in Schach gehaltene Arbeiter, versklavt, verängstigt, entfremdet.
2. Die Riesen, gedungene Bauarbeiter, organisieren einen Streik, und es geht schlicht, wie es nun mal im Kapitalismus Sache ist, um die Bezahlung ihrer Arbeit. "Alle Räder stehen still, wo dein starker Arm es will".
3. Gold wird zum Machtmittel (um)gemünzt, anstatt daß es als Licht-Repräsentation am Grunde des Lebensstroms verborgen bleibt.
4. Aber das Wichtigste:
Warum vermeidet Wagner die melodische Ausgestaltung der Musiksprache im Rheingold?
Er verzichtet auf melodische Durchführung der Themen (die sonst bei ihm in der Sonatenhauptsatzform der Ouvertüren erst exponiert und dann polyphon zu einer sinfonischen "Durchführung" verflochten werden) , weil die Akteure im "Rheingold" keine Menschen sind. Melodien formulieren die Seelensprache der menschlichen Individuen, wie z.B. Bratsche und Klarinette im Geflecht mit den Versen der Sieglinde in der "Walküre".
Im "Rheingold" dagegen sind die grundlegenden musikalischen Strukturen entweder
starre Ostinati wie beim Maschinengehämmer im Stahlwerk des "Nibelungen",
stehende Dauerakkorde wie beim endlosen unumgebrochenen Es-Dur-Dreiklang des Vorspiels und im zwölffachen Schlußakkord-Walzer, mit dem die Götter über die Regenbogenbrücke tanzen,
oder der Sprechgesang Loges ohne alle Grundton-Zentralität.
Die Riesen schreiten fast ausschließlich im dissonant aufgespreizten Tritonus.
Sogar das Walhalla-Motiv des am ehesten noch menschengestaltigen Weiß-Alberich will aus dem tonikalen Dreiklang nicht raus, lehnt sich in kurzen Kadenz-Wechseln zwischen Subdominante und Dominante kaum aus dem Fenster, nur um wieder breit in die selbstgefälligen Tonika des Göttervaters einzumünden.

Nichts von all dem in Deinem etwas lang geratenen Spottgedicht.

grusz, hansz
 

James Blond

Mitglied
Nichts von all dem in Deinem etwas lang geratenen Spottgedicht.
Völlig richtig, aber warum sollte es auch? :)

Mein lieber Mondnein,
du hast dir viel Mühe gegeben, mir die musikalischen Raffinessen von Wagners Ringtrilogie zu erläutern und wenn ich es nicht längst schon gewußt hätte, so wäre mir jetzt sicher der Wagnerbewunderer Hansz Mondnein deutlich geworden.

Allerdings hast du, von Wut auf mein vermeintliches Sakrileg aufgestachelt, vermutlich gar nicht begriffen, worum es hier im Gedicht eigentlich geht: Nicht so sehr um das konkrete Wagnerwerk, sondern um dessen lärmende Resonanz in den Publikumsreihen, vornehmlich um den Bohei der Bayreuther Aufführungen und das fragwürdige kulturelle Erbe der Deutschen, ferner auch um die Frage der Trennung ästhetischer und politischer Aspekte künstlerischen Schaffens. Dass hier das Rheingold dabei nur den Aufhänger, die Brücke vom Zwergengold zum gerüsteten Rheinmetall, die Antinomie zwischen dramatischer Verdammung der Goldgier auf der Bühne und zur Schau gestelltem Protz auf dem Grünen Hügel darstellt, scheint dir entgangen zu sein.

Zu deiner Kritik kann ich daher nur mit Bedauern feststellen: Viel Mühe, doch Thema leider verfehlt!

Wagners Musik hingegen wäre mir schon eine gesonderte Betrachtung wert. Allerdings nicht in diesem Theater. :)

Grüße
JB
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
lärmende Resonanz in den Publikumsreihen
paßt nicht auf die Wirklichkeit: Die Eintrittskarten sind vergleichsweise billig, die Premiere, das Schaulaufen der Kaiser und Könige im prunklosen Zweckbau - das ist doch nur die Premiere - danach, zu den "eigentlichen" Aufführungen für die Fans, kommen eben die Fans, die froh sind, nach Jahren endlich an die Karten gekommen zu sein. Die sind meistens aufmerksam und kritisch.
Die Inszenierungen stammen aus der Elite der Avantgarde-Regisseure. Ich bin grenzenlos begeistert von Barrie Koskys Meistersinger-Inszenierung. Die rückwärts laufende Uhr im dritten Akt.
Aber hier wollte ich nur zu "Rheingold" nicht schweigen.
grusz, hansz
 



 
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