Rosas Blues

Heinrich VII

Mitglied
Hallo jon,

ich hab's ja versprochen, deshalb will anhand der aktuellen Version mal aufdröseln, wo du den Schauspielern mehr Raum geben könntest.
Ich bin gespannt.

Gleich nach dem Aufstehen gönnte sich Roswita von Gutenburg eine Prise Kokain, das sie sich am Tag zuvor besorgt hatte. Sie nahm noch eine Line im linken Nasenloch auf und stand einen Moment da, um das Prickeln zu genießen. Dann rückte sie grob ihre Frisur zurecht, wickelte sich ihren seidenen Morgenmantel und ging ins kleine Esszimmer. Dort stand ihr Frühstück schon bereit, Juanita schenkte ihr aromatisch duftenden Kaffee ein und verschwand auf den Wink der Hausherrin hin durch die Tapetentür.
Roswita ließ sich Zeit beim Essen. Sie hatte heute keine Termine, die sie daran hindern konnten, das Frühstück ausgiebig zu genießen. Genau genommen hatte sie fast nie Termine, jedenfalls nicht schon am Vormittag. Sie konnte tun, was ihr gerade einfiel. Und eben fiel ihr etwas ein, etwas Prickelndes.
Beschwingt stand sie auf, schlüpfte in ein sportlich-schickes Outfit und rief dann nach dem Hausdiener.
Ja - ich verstehe. Das bringt mehr Lebendigkeit in den Text.
Ich wollte mich aber mit dem Frühstück weniger lang aufhalten - ist ja auch immer eine Sache worauf man den Fokus legt.

Als er vor ihr stand, sagte sie: „Anton, mach den Ferrari fertig!“
Der Diener sah sie erstaunt an. „Den Ferrari, Madame Roswita?“
Frau von Gutenburg nickte.
„Ihr Mann hat mich gar nicht informiert, dass …“
Roswita unterbrach ihn mit einer Mischung aus Ernst und Umgarnung. „Du wirst mir doch den schönen Tag nicht versauen wollen Anton, oder?“
„Natürlich nicht, Madame Gutenburg, es ist nur …“
Sie unterbrach ihn erneut. Diesmal ein wenig strenger. „Anton?“
Er nickte und ging. Sie sah ihm lächelnd hinterher. Ihr Mann hatte ihr tatsächlich verboten, den Ferrari zu fahren. Er traute ihr womöglich nicht zu, dass sie so ein Auto steuern konnte. Vielleicht lag es auch daran, dass dieses Auto sein ganzer Stolz war, den er ganz alleine zu genießen gedachte. Wie auch immer: Heute war ihr Mann nicht da und sie würde das Auto fahren. Niemand würde sie aufhalten, auch und erst recht nicht ein Domestik.
Es ist so eindrücklicher - das sehe ich.

Das gefällt mir weitgehend, nur diese wie eingeschoben wirkenden breiten Erklärungen stören den Lesefluss deutlich.
Ist das mit der Zeitungsnachricht nötig? Mich stört es. Spannender wäre, das zu streichen und vorerst offen zu lassen, was genau passiert ist. Das würde dir erlauben, zu erzählen, wie Roswita aufwacht, wie sie begreift, dass sie nicht einfach nur verletzt, sondern entstellt war. So kann man zum einem zeigen, was das für Roswita emotional bedeutet, und in Sachen Spannung würde sich erst dann enthüllen, wie schlimm der Unfall war.
Okay - brauchbarer Gedanke.

Inzwischen hatte Roswita ein aberwitziges Tempo erreicht. Die Landschaft flog geradezu an ihr vorbei, es fühlte sich an wie fliegen. Wenn sie jetzt in einem Cabrio gesessen hätte - das wäre ein Spaß gewesen. Gerade als Roswita dies dachte, bemerkte sie, dass sie auf eine scharfe Doppelkurve zuschoss. Sie nahm den Fuß vom Gas. Den rechten Schlenker schaffte sie auch gerade noch. Als sie in die linke Kurve driftete, wurde ihr das zu hohe Tempo bewusst – doch zu spät. Sie bekam das Auto nicht mehr in den Griff, wurde aus der Spur getragen, schleuderte, schrammte ein Stück an der Leitplanke entlang. Und dann – „Nein, nur das jetzt nicht!“ – kam ein LKW auf sie zu.
Das gefällt mir wirklich gut -

Fünf Tage später erwachte Roswita von Gutenburg und wusste nicht, wo sie war. Sie lag offenbar in einem Bett. Es war nicht ihres, dazu lag sie zu flach. Sie trug auch nicht ihren Seidenpyjama. Und etwas störte ihre Sicht. Sie wollte es wegnehmen, konnte aber den rechten Arm kaum anheben. Auch der linke gehorchte ihr nicht. …
So kann man ihre missliche Lage besser darstellen.

Alternativ kann man diese ganze Passage auch extrem eindampfen. Dadurch könnte man stilistisch den Bruch in Roswitas Leben hörbar machen. Dann weiter mit dem neuen Leben in dem szenischen Stil …
Ich hoffe, ich konnte schon mal illustrieren, was ich meine.
Ja, ich denke ich weiß jetzt was du mit "mehr Raum zum schauspielern" meinst. Es macht einen Text wesentlich lebendiger.
Danke, dass du dir die Mühe gemacht hast. Mal sehen, was ich mit der Zeit davon umsetzen kann.

Gruß, Heinrich
 



 
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