Rosenmuster

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Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Er schnitt das Brot. „Es ist wahr, sie war toll, die Alte.“ Er schnitt es behutsam, fast zärtlich, mit dem langen, silbernen Messer, als genösse er es, den Laib langsam und gründlich zu zerteilen.

„Ich habe es im Traum gesehen, die ist die Leiter hochgegangen, die Alte. Und da oben war Licht, ganz hell, wie in den Erzählungen von diesen Nahtodspinnern. Die ist da hoch, hat die verdient, wennde mich fragst, son bisschen Licht.“

Er schnitt noch immer, war beinah erst bei der Hälfte. Ich schwieg.

„Ziemlich hart das Zeug", er lachte, es klang bemüht.

„Glaubste, dass die da oben uns zuhören? Sagen ja viele.“ Er sah mich an, ich schwieg noch immer. „Is ja auch egal. Herrgott, so eine find ich nie wieder.“

Das Messer hatte das Brot inzwischen vollständig zerteilt und schnitt eine Rille in das Brett mit dem Rosenmuster darunter. Er bemerkte es erst nicht, dann doch. „Verdammt, das war doch von ihr!“ Er lachte, es klang wieder bemüht.

„Meinste, dass die mir verzeiht? Hab ja auch nicht alle richtig gemacht … jaja, ich weiß, spars dir …“

Er setzte das Messer an den Brotleib und begann eine zweite Scheibe abzuschneiden, langsam, die ganze Länge des Messers nutzend, gründlich.

„Jetzt hol dir mal die Scheibe hier, bin ja nicht für alles zuständig, oder willste die ganze Zeit dumm in der Gegend rumstehen? Mein Gott, ihr jungen Leute…!“ Aber ich wollte nicht zu ihm.

„Jetzt mach schon, oder was soll das!“ Er seufzte, fuhr sich übers Gesicht. Dann schnitt er wieder. Langsam. Zu langsam.

Nein, ich wollte nicht zu ihm. „Leg das Messer weg!“, sagte ich, langsam, betont.

„HERGOTT, DIESES SCHEIẞDING!“, brüllte er und warf es in die Ecke. Und wieder; „DIESES SCHEIẞDING! SCHEIẞE!“

Ich lachte. Und er vergrub das Gesicht in den Händen.
 
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Gast
Das Schneiden des Brots ist wohl ein Tötungsritual aus einer Verdrängungserinnerung heraus; die nachfolgende 'Verletzung' des Bretts und an ihm des Rosenmusters ist pure Ablenkung, wie eine Seelenentlastung vor dem Hintergrund unbewältigter Konflikte. Das Wegwerfen des Messers ist der vergebliche Versuch, sich innerlich zu reinigen. Der Befreiungsschlag kann nicht gelingen, in den Händen vergräbt sich nicht nur schamhaft das Gesicht, sondern auch alles Wissen um die eigene Hilflosigkeit, mit der auch die eigenartige zweite Figur überfordert ist. Sie kommt mir vor wie ein ins Menschliche herabgesunkenes Gottesgericht, das nur schweigen oder lachen kann.

Das Lesevergnügen wird doch arg getrübt durch die vielen Schreibfehler. Bei Texten dieser Art sollte mehr Sorgfalt angewendet werden. Die Schlichtheit der Handlung lässt an Wolfgang Borchert denken.

Dennoch - hat mir Freude gemacht!

Rudi Esche
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Esche :)

Das Schneiden des Brots ist wohl ein Tötungsritual aus einer Verdrängungserinnerung heraus;
Ja, so hab ich es gemeint, wobei ich auch daran dachte, dass das destruktive Bild, das durch das Messer angedeutet wird, in Verbindung mit der offenbar gestorbenen "Alten" gebracht werden sollte (oder könnte)

die nachfolgende 'Verletzung' des Bretts und an ihm des Rosenmusters ist pure Ablenkung, wie eine Seelenentlastung vor dem Hintergrund unbewältigter Konflikte.
Wow, krass. Hier unterstellst du mir tiefere Gedanken, als ich gehabt habe. Ich habe eigentlich eher das Rosenmuster als Symbol für das Schöne, die Liebe zurate gezogen. Der Schnitt sollte dann andeuten, dass die Person mit dem Messer etwas unwiderruflich zerstört hat. Ich dachte vor allem an eine Familiensituation. Der Mann mit dem Messer wäre der Vater, die "Alte" die Mutter und das "Ich" der Sohn. Aber das kann man ruhig anders lesen, der Text ist ja sehr offen, denke ich.

Das Wegwerfen des Messers ist der vergebliche Versuch, sich innerlich zu reinigen. Der Befreiungsschlag kann nicht gelingen, in den Händen vergräbt sich nicht nur schamhaft das Gesicht, sondern auch alles Wissen um die eigene Hilflosigkeit, mit der auch die eigenartige zweite Figur überfordert ist.
Ja, genau. Das Wegwerfen des Messers ist sozusagen eine Art Katharsis Versuch, der Versuch einer Reinigung, die (der Sohn?) das "Ich" nicht annehmen kann. Vielleicht ist das Lachen am Ende sogar Lust an dem Zerbrechen des Anderen, vielleicht weil Rachegelüste sich melden? Mir war es jedenfalls wichtig, dass es hier kein einfaches "Gut und Böse" gibt, sondern eher wichtig, dass alle Beteiligten sich irgendwie kalt und leblos verhalten.

Das Lesevergnügen wird doch arg getrübt durch die vielen Schreibfehler. Bei Texten dieser Art sollte mehr Sorgfalt angewendet werden.
O Mist! Nein, das ist (leider) nicht mangelnder Sorgfalt geschuldet, sondern Unfähigkeit. Die Zeichensetzung ist es, oder? Da bin ich katastrophal schlecht drin! Falls du mir ein paar Fehler aufzeigen würdest, wäre ich sehr dankbar, denn ich sehe sie wirklich nicht. Normalerweise schreibe ich ja nur Lyrik, denn das kann ich besser, wenn ich mal einen Prosatext schreibe, veröffentliche ich ihn auch nur in 60% der Fälle, genau aus diesem Grund. Weil mir das auch ein bischen peinlich ist.

Die Schlichtheit der Handlung lässt an Wolfgang Borchert denken.
Ich liebe die Kurzgeschichten von Borchert, deswegen hab ich da nichts gegen ;)

LG und vielen Dank für den klugen Kommentar
Patrick
 

wolf999

Mitglied
Hallo Patrick,

Er schnitt das Brot. „Es ist wahr, sie war toll, die Alte.“ Er schnitt es behutsam, fast zärtlich, mit dem langen, silbernen Messer, als genösse er es, den Laib langsam und gründlich zu zerteilen.

„Ich habe es im Traum gesehen, die ist die Leiter hochgegangen, die Alte. Und da oben war Licht, ganz hell, wie in den Erzählungen von diesen Nahtodspinnern. Die ist da hoch, hat die verdient, wennde mich fragst, son bisschen Licht.“

Er schnitt noch immer, war beinah erst bei der Hälfte. Ich schwieg.
Achte auf das Format Dadurch kannst Du feststellen, ob der Leser Deiner Geschichte folgen kann.

Er schnitt das Brot.
„Es ist wahr, sie war toll, die Alte.“ (wer sagt das?)

Er schnitt es behutsam, fast zärtlich, mit dem langen, silbernen Messer, als genösse er es, den Laib langsam und gründlich zu zerteile„Ich habe es im Traum gesehen, die ist die Leiter hochgegangen, die Alte. Und da oben war Licht, ganz hell, wie in den Erzählungen von diesen Nahtodspinnern. Die ist da hoch, hat die verdient, wennde mich fragst, son bisschen Licht.“

Er schnitt noch immer, war beinah erst bei der Hälfte. Ich schwieg.
„Ziemlich hart das Zeug“, er lachte, es klang bemüht. (erst jetzt wird klar, dass der Ich-Erzähler vorher redete)

Er schnitt das Brot. ..

Er schnitt noch immer, war beinah erst bei der Hälfte...

Das Messer hatte das Brot inzwischen vollständig zerteilt ...

Er setzte das Messer an den Brotleib und begann eine zweite Scheibe abzuschneiden...
Anfangs vermittelt Dein Text, dass er einen Brotlaib zerteilt. Erst als „...Er setzt das Messer an den Brotleib und begann ...“ Wird klar, dass es anfangs nur um eine Scheibe Brot geht.
Keine klaren prägnanten Aussagen führen zur Verwirrung des Lesers. Sie entscheiden oft, ob der Leser zu Ende ließt oder sich einem anderen Text zuwendet.

Die Idee, auf der die Geschichte beruht finde ich gut.

Gruß
wolf999
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hey wolf999

großartiger kommentar, den ich erst jetzt richtig gelesen habe. du hast mich zum nachdenken gebracht, ich werde den text wohl noch einmal bearbeiten müssen. ich überlegr noch wie und dann gehe ich auch nochmal auf deine punkte ein und erkläre, warum ich veränderungen vorgenommen habe, oder nicht, aber erstmal muss ich darüber nachdenken.
 



 
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