Rot

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Tadaki

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Rot

Nervös fummele ich an meiner Schreibmappe herum. Blick zur Uhr, fünf vor. Die Tür geht auf, dann der immergleiche Ablauf: Blick zur Tafel („So, Tafeldienst bitte!“), Gang zum Pult. Koffer auf, graue Mappe, jetzt Kontrollblick in die Runde - Totenstille im Klassenzimmer.
Sie ist… rot. Rot, mit weißen Punkten. Das war’s dann wohl. Rot bedeutet Krieg, rot bedeutet Demütigung, rot ist mein Untergang. Angefangen hatte das mit den Farben Anfang des Jahres. Mir fiel damals die offensichtliche Vielfalt in der Kleiderordnung Schmitts auf, mal hatte er einen formellen Frack an, manchmal nur ein schmutzig-braunes Hemd. Was jedoch am Meisten ins Auge stach, waren seine Krawatten: er besaß sie in einer Mannigfaltigkeit, die uns Schüler immer wieder aufs Neue beeindruckte. Weiße, gelbe, grüne, blaue, in nahezu allen Spektralfarben leuchtete er uns entgegen. Das wirklich Interessante (und hier sieht man den Schüler-Pragmatismus) war aber, dass die Krawatten sich mit seiner jeweiligen Stimmung verknüpfen ließen! So merkte ich relativ schnell, dass zum Beispiel blau-grau-kariert eine lockere Schulstunde erwarten ließ, dunkelblau mit weißen Punkten aber erbarmungslose Strenge. Jetzt nur noch eine Tabelle „Farbe/Stimmung“ zu machen, war eine Kleinigkeit. Soweit die Theorie…
„Einer ohne Hausaufgabe?“ Schnarrend kommt die Frage, schnarrend, und bleibt in der Luft stehen, wird nicht durch nachkommende Geräusche ausgelöscht. Zitternd erhebe ich meine Hand, sein Blick ruht einen langen Augenblick auf mir. Ich habe diese Hausaufgabe schlicht vergessen, ohne bösen Willen vergessen, aber Strafmaß und Urteil hängen ja eben von höheren, von mir nicht beeinflussbaren Faktoren ab.
„Komm heraus“. Fast freundlich diese Aufforderung, zu freundlich, unnatürlich. Nur noch automatisch stehe ich auf und gehe mit wankendem Schritt nach vorne, ich spüre die stechenden Blicke meiner Mitschüler im Nacken, manche freuen sich.
Da ist sie, mein Feind, mein Übel, der rote Fleck in grauer Klassenzimmerathmosphäre, rot, rot mit - ungläubig starre ich auf seine Krawatte - rot mit… ich bleibe stehen. Weiße Micky-Maus Figuren bevölkern die Halsbinde des Lehrers, wie zu meiner Demütigung allesamt dämlich lachend aufgereiht und mit Blumentöpfen oder anderem Haushaltsgerät bewaffnet. Schmitt bemerkt meinen Blick, nuschelt etwas verlegen ein „Ist ja Fasching“ in seinen Bart, unsicher fast. Ich verstehe zuerst nicht, verstört starre ich ihn an. Dann reiße ich mich zusammen, murmele ein „achso“, eigentlich sinnlos, aber eben das, was man sagt wenn man nicht weiß was man sagen soll, und zwinge mich, meinen Weg ans Pult fortzusetzen.
„So, also die Hausaufgabe nicht gemacht! Mal sehen, das sieht schlecht aus…“. Die ganze Klasse schweigt, sie alle kennen diesen Ton. „Sechs und Nacharbeit“. Ich zucke zusammen, mein Atem geht schwer, stockend. Hilfe suchend geht mein Blick durch die Klasse, dann zurück zu meinem Lehrer: Schmitt grinst mich an. „Kleiner Scherz. Ist ja Fasching…“



Diese Geschichte entspricht nicht ganz der Wahrheit, das mit den Krawatten stimmt manchmal, ich hoffe ihr verzeiht mir diese kleine Abweichung von der Vorgabe. Ebenso ist er nicht wirklich mein „Chef“, aber da ich ja in dem Sinne keinen solchen habe musste ich mich mit dem was ich habe arrangieren.

Liebe Grüße,
Daniel

edit: bin ab 7.4. am morgen ca. eineinhalb Wochen nicht da, kann also nicht antworten!
 

ZJK

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Leider konnte ich mich nicht wirklich auf einen bestimmten Lehrer festlegen.
Bart---->
Rote Krawatte ----->

das passt nicht zusammen.
Ansonsten eine wirklich nette Geschichte, auch wenn es nun schon etwas länger her ist, dass du sie geschrieben hast...
 



 
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