Roxanne

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Cafard

Mitglied
Ich betrete das gut gefüllte Wohnzimmer, mein Blick sucht vergeblich nach einem bestimmten Objekt, ich sage: „Wo ist der Colani-Fernseher?“ Er ist tatsächlich weg, und darüber komme ich mit einer düster blickenden Frau ins Gespräch, obwohl sie eigentlich keine Lust auf Unterhaltung habe:

„Ich fühle mich heute so soziophob!“

Das muss man sich mal vorstellen, sie geht auf eine Party, obwohl sie sich soziophob fühlt. Um ihr zu helfen, schneide ich das Thema Filme an, das Thema Filme ist oft ein Türöffner, und tatsächlich beginnt sie zu reden: „Ich war neulich im Bambi, der Film spielte in einem Puff, der war scheiße.“

Ich will sofort alles über den Film in einem Puff wissen, aber sie wüsste den Titel nicht mehr und das wäre auch egal: „Der Film war einfach scheiße.“

Zum Glück holt irgendein Joachim seine Gitarre raus, die schlechtgelaunte Frau ruft: „Roxanne!“ Hey, so langsam taut sie auf. Joachim sieht nicht gerade aus wie Sting, ich tippe bei ihm auf: Knock, knock, knockin' on heavens door...

Er macht es spannend, er stimmt minutenlang die Saiten. Die soziophobe Frau ruft erneut: „Roxanne!“ Vielleicht weiß sie, was er drauf hat. Mit einmal legt er los, ich bekomme den Mund kaum zu, der Mann mit den dicken Wanderschuhen überrascht mich:

„Kiss me hard, before you go... Summertime Sadness...“

Kiss me hard, before you go, was für ein Text, das macht mich an, und Summertime Sadness sowieso, meint er etwa die gestörte Frau? Er schaut zu ihr rüber, und siehe da, Joachim singt: „I feel electric tonight!“

Zum Glück ruft sie jetzt nicht Roxanne, ich hätte sonst mein unsichtbares Gewehr auf sie gerichtet...

Nach dem Vortrag gehe ich leise singend in die Küche: „Kiss me hard, before you go“, ich singe das nur so vor mich hin, mit dem Blick aufs Buffet, ansonsten richtungslos, nicht dass Roxanne mir gefolgt ist und man weiß nie, was soziophobe Frauen machen, wenn man „Kiss me hard, before you go“ singt, obwohl sie sich Roxanne gewünscht haben.

Ich wähle von den Tapas, Roxanne ist mir nicht gefolgt, ich kann in Ruhe lesen, was am Kühlschrank hängt: Ich will so sehr ans Meer. Links daneben steht: Ich will einfach nur Pommes. Nicht schlecht, nicht gut.

Plötzlich steht Roxanne am Buffet, sie schaut immer noch düster, immer noch reichlich soziophob. Ich zeige auf einen der beiden Magneten und sage: „Ich will so sehr ans Meer.“ Das kommt nicht an, sie dreht sich um und geht, wahrscheinlich zu Joachim, mich zieht es auch zurück, er stimmt schon wieder seine Gitarre, erneut aufreizend lange, bis es passiert:

„Roxanne, you don't have to put on the red light.“

Wie er das singt... uuuh... als soziophobe Frau wäre ich devot geworden, oder schwach, kontrolliert schwach, insofern ich mich da reindenken kann, in fremde Haut.

Ich werde immer seltener auf Partys eingeladen, das ist wirklich schade.
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo Cafard,

gut und locker geschrieben - das Lesen hat Spaß gemacht.

Gruß Ciconia
 
U

USch

Gast
Hallo Cafard,
nette kleine Geschichte. Den Ausdruck soziophob kannte ich noch nicht. LL lernt mich wikipedia zu nutzen :)
Eine Kleinigkeit:
... und darüber komme ich mit einer düster blickenden Frau ins Gespräch, obwohl [red]sie [/red]eigentlich keine Lust auf Unterhaltung [red]habe[/red]:
[blue]sie hat[/blue] oder [blue]ich habe[/blue] Was wolltest du ausdrücken?
LG USch
 

Cafard

Mitglied
Hallo Usch, bestimmt ist die Passage ein wenig ungelenk, ich wollte mit der indirekten Rede ausdrücken, dass die soziophobe Frau dem Vernehmen nach mitgeteilt hat, dass sie keine Lust auf eine Unterhaltung habe.

Danke für das Interesse!
 
U

USch

Gast
Doch so ist es grammatikalisch sehr ungelenk. "hat" würde besser passen.
LG USch
 

Cafard

Mitglied
Ich betrete das gut gefüllte Wohnzimmer, mein Blick sucht vergeblich nach einem bestimmten Objekt, ich sage: „Wo ist der Colani-Fernseher?“ Er ist tatsächlich weg, und darüber komme ich mit einer düster blickenden Frau ins Gespräch, obwohl ihr nicht danach ist:

„Ich fühle mich heute soziophob!“

Das muss man sich mal vorstellen, sie geht auf eine Party, obwohl sie sich soziophob fühlt. Um ihr zu helfen, schneide ich das Thema Filme an, das Thema Filme ist oft ein Türöffner, und tatsächlich beginnt sie zu reden: „Ich war neulich im Bambi, der Film spielte in einem Puff, der war scheiße.“

Ich will sofort alles über den Film in einem Puff wissen, aber sie wüsste den Titel nicht mehr und das wäre auch egal: „Der Film war einfach scheiße.“

Zum Glück holt irgendein Joachim seine Gitarre raus, die schlechtgelaunte Frau ruft: „Roxanne!“ Hey, so langsam taut sie auf. Joachim sieht nicht gerade aus wie Sting, ich tippe bei ihm auf: Knock, knock, knockin' on heavens door...

Er macht es spannend, er stimmt minutenlang die Saiten. Die soziophobe Frau ruft erneut: „Roxanne!“ Vielleicht weiß sie, was er drauf hat. Mit einmal legt er los, ich bekomme den Mund kaum zu, der Mann mit den dicken Wanderschuhen überrascht mich:

„Kiss me hard, before you go... Summertime Sadness...“

Kiss me hard, before you go, was für ein Text, das macht mich an, und Summertime Sadness sowieso, meint er etwa die gestörte Frau? Er schaut zu ihr rüber, und siehe da, Joachim singt: „I feel electric tonight!“

Zum Glück ruft sie jetzt nicht Roxanne, ich hätte sonst mein unsichtbares Gewehr auf sie gerichtet...

Nach dem Vortrag gehe ich leise singend in die Küche: „Kiss me hard, before you go“, ich singe das nur so vor mich hin, mit dem Blick aufs Buffet, ansonsten richtungslos, nicht dass Roxanne mir gefolgt ist und man weiß nie, was soziophobe Frauen machen, wenn man „Kiss me hard, before you go“ singt, obwohl sie sich Roxanne gewünscht haben.

Ich wähle von den Tapas, Roxanne ist mir nicht gefolgt, ich kann in Ruhe lesen, was am Kühlschrank hängt: Ich will so sehr ans Meer. Links daneben steht: Ich will einfach nur Pommes. Nicht schlecht, nicht gut.

Plötzlich steht Roxanne am Buffet, sie schaut immer noch düster, immer noch reichlich soziophob. Ich zeige auf einen der beiden Magneten und sage: „Ich will so sehr ans Meer.“ Das kommt nicht an, sie dreht sich um und geht, wahrscheinlich zu Joachim, mich zieht es auch zurück, er stimmt schon wieder seine Gitarre, erneut aufreizend lange, bis es passiert:

„Roxanne, you don't have to put on the red light.“

Wie er das singt... uuuh... als soziophobe Frau wäre ich devot geworden, oder schwach, kontrolliert schwach, insofern ich mich da reindenken kann, in fremde Haut.

Ich werde immer seltener auf Partys eingeladen, das ist wirklich schade.
 

Cafard

Mitglied
Ich betrete das gut gefüllte Wohnzimmer, mein Blick sucht vergeblich nach einem bestimmten Objekt, ich sage: „Wo ist der Colani-Fernseher?“ Er ist tatsächlich weg, und darüber komme ich mit einer düster blickenden Frau ins Gespräch, obwohl sie eigentlich keine Lust auf Unterhaltung habe:

„Ich fühle mich heute so soziophob!“

Das muss man sich mal vorstellen, sie geht auf eine Party, obwohl sie sich soziophob fühlt. Um ihr zu helfen, schneide ich das Thema Filme an, das Thema Filme ist oft ein Türöffner, und tatsächlich beginnt sie zu reden: „Ich war neulich im Bambi, der Film spielte in einem Puff, der war scheiße.“

Ich will sofort alles über den Film in einem Puff wissen, aber sie wüsste den Titel nicht mehr und das wäre auch egal: „Der Film war einfach scheiße.“

Zum Glück holt irgendein Joachim seine Gitarre raus, die schlechtgelaunte Frau ruft: „Roxanne!“ Hey, so langsam taut sie auf. Joachim sieht nicht gerade aus wie Sting, ich tippe bei ihm auf: Knock, knock, knockin' on heavens door...

Er macht es spannend, er stimmt minutenlang die Saiten. Die soziophobe Frau ruft erneut: „Roxanne!“ Vielleicht weiß sie, was er drauf hat. Mit einmal legt er los, ich bekomme den Mund kaum zu, der Mann mit den dicken Wanderschuhen überrascht mich:

„Kiss me hard, before you go... Summertime Sadness...“

Kiss me hard, before you go, was für ein Text, das macht mich an, und Summertime Sadness sowieso, meint er etwa die gestörte Frau? Er schaut zu ihr rüber, und siehe da, Joachim singt: „I feel electric tonight!“

Zum Glück ruft sie jetzt nicht Roxanne, ich hätte sonst mein unsichtbares Gewehr auf sie gerichtet...

Nach dem Vortrag gehe ich leise singend in die Küche: „Kiss me hard, before you go“, ich singe das nur so vor mich hin, mit dem Blick aufs Buffet, ansonsten richtungslos, nicht dass Roxanne mir gefolgt ist und man weiß nie, was soziophobe Frauen machen, wenn man „Kiss me hard, before you go“ singt, obwohl sie sich Roxanne gewünscht haben.

Ich wähle von den Tapas, Roxanne ist mir nicht gefolgt, ich kann in Ruhe lesen, was am Kühlschrank hängt: Ich will so sehr ans Meer. Links daneben steht: Ich will einfach nur Pommes. Nicht schlecht, nicht gut.

Plötzlich steht Roxanne am Buffet, sie schaut immer noch düster, immer noch reichlich soziophob. Ich zeige auf einen der beiden Magneten und sage: „Ich will so sehr ans Meer.“ Das kommt nicht an, sie dreht sich um und geht, wahrscheinlich zu Joachim, mich zieht es auch zurück, er stimmt schon wieder seine Gitarre, erneut aufreizend lange, bis es passiert:

„Roxanne, you don't have to put on the red light.“

Wie er das singt... uuuh... als soziophobe Frau wäre ich devot geworden, oder schwach, kontrolliert schwach, insofern ich mich da reindenken kann, in fremde Haut.

Ich werde immer seltener auf Partys eingeladen, das ist wirklich schade.
 

MarkoMarko

Verbotenes Mitglied
Hi,

mir gefällt deine Geschichte, sie ist lustig :) Mein Vorschlag zu dem oben Diskutierten: Lass das "habe" im ersten Absatz!!, aber du müsstest den Satz dann etwas umschreiben. Diese Form kann einen gewissen komischen Effekt erzeugen, wenn man sie richtig benutzt, wie in diesem Fall. (berühmtes Beispiel: Daniel Kehlmann-Die Vermessung der Welt)

VG Marko
 



 
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