Samstagabend-Brandung

TobiN

Mitglied
Im Westen gab´s eine Disco...und was für eine.
Es ist Samstagnachmittag und mit einem Drink verziehe ich mich in die dunkelste Ecke. Die Disco hatte gerade erst geöffnet, früher als jetzt hätte man nicht hier sein können. Man könnte sagen, es war nicht gerade Primetime für Partys, aber ich bin auch nicht in Feierlaune. Deswegen bin ich nicht hier...nicht mehr.
Das Flutlicht durchzog die prismenartige gläserne Inneneinrichtung, während harte Rhythmen meinen Körper fast zum Vibrieren brachten. Schmerzliche Erinnerung füllten meine Augen mit Tränen und während die Ebbe des Abends langsam zu Ende ging, sah ich ein weiteres Mal deutlich wie es war.
Damals...

...als das Leben noch gut und ich mit meiner Frau gerade am Türsteher vorbei war. Sobald die Wirkung der Reizüberflutung nachließ, breitete sich vor unseren Augen ein phänomenales Spektakel aus.
Der Laden war an diesem Abend zum Bersten voll. Körper an Körper gedrängt bewegten sich die Leute in einer ekstatischen Formation, die einem eingeprobten Ritual glich. Nebelschwaden zogen durch Beine die die Tanzfläche bevölkerten, während alle Farben des Regenbogens schweißnasse Gesichter intervallartig glitzern ließen. Die Menge war am Brodeln. Die Menge war wild. Man hatte die lauernde Furcht sich nicht eingliedern zu können.
Trotzdem begannen wir tanzend in die Masse zu gleiten, es war schwer dem zu widerstehen.
Vielleicht ist es nur die verklärte Ansicht einer bittersüßen Erinnerung, aber ich fand, meine Frau hatte noch nie so schön ausgesehen wie in diesem Moment. Ihre langen blonden Haare flogen von links nach rechts, als sie sich Schritt für Schritt in die schnellen Beats der Lieder eingliederte. Alles mit ihrer eigenen Eleganz, die ich nie mein Eigen nennen konnte.
Die Disco, die Leute, wir mittendrin, alles strahlte pure lebensfrohe Ausgelassenheit aus. Jede Wochenendnacht öffnete dieses Bildnis Edens seine Tore und wie Motten strömten sie dem Licht entgegen, in hoffnungsvoller Erwartung einer unvergesslichen Zeit.
Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Dunkel. Oh so dunkel.
Meine Frau warf mir gerade eines der wärmsten Lächeln zu, zu denen nur sie fähig war, als es sich zu einer schmerzverzerrten, gepeinigten Grimasse verzog.
Es ging so schnell...
Mein Verstand war nicht in der Lage die Situation zu verstehen. Nicht bevor es viel zu spät war. Jemand war wie ein Hai durch die Menge geschwommen, hatte ihr blutrünstig mit einem Messer in den Magen gestochen und war einfach wieder in der gesichtslosen Masse untergetaucht. Als wäre sie ein Nichts gewesen, nur ein Stück Fleisch, dass er zu seinem eigenem perversen Vergnügen zerreißen und dann einfach wegwerfen konnte. Ich will mir manchmal einreden, dass wenn ich schneller gewesen wäre, nur einen Augenblick schneller, ich ihn hätte kriegen können, aber im tiefsten Inneren weiß ich wohl, dass das Quatsch ist.
Nachdem das kalte Metall ihren Körper verlassen hatte, presste sie ihre Hände panisch auf die klaffende Wunde, doch da fiel sie schon. Wie ein nasser Sack stürzte sie auf die Tanzfläche. Mit dem Schmerz ihres Verlustes musste ich über die Jahre leben lernen, doch was ich wohl trotzdem nie verarbeiten werde ist, dass niemand außer mir es mitbekam. Klar streifte sie ein paar Beistehende, aber sie dachten wohl sie wäre nur betrunken. Der Nebel wandelte weiter, das Licht flackerte rhythmisch, trotz dessen es einen werdenden Blutstrom beleuchtete und die Feiernden blieben bei ihrem Schauspiel. Die Party ging für sie einfach weiter, während mein Leben zusammen mit ihr starb.
Mir war es unmöglich die Blutung lange genug zu stoppen. Als der Notarzt, den ich ruf endlich auftauchte, war das Leben längst aus ihr gewichen. Die Augen die mich einst so voller Liebe und Zuneigung anstrahlten, waren nun glasig und leer.
Ich konnte nur dastehen, während ihr Blut an meinen Händen klebte...

...auf die ich nun hinunterblicke, als wäre es immer noch da.
Nun habe ich in ihnen nur noch einen der Drinks, von denen ich in den letzten Jahren viel zu viele hatte. Der Täter wurde natürlich nie geschnappt. Wie auch? Es hätte jeder sein können.

Ich trinke aus und stelle das Glas weg. Die Ersten fangen an in die Disco zu treiben. Die Flut beginnt. Es ist Zeit für mich zu gehen.
Draußen zünde ich mit zittrigen Händen eine Zigarette an, mache mich auf den Weg in mein tristes Zuhause.
Ich werfe nochmal einen letzten Blick auf den Ort, der in einer Nacht zwei Leben beendete. Ob es bei Zweien bleibt ist allerdings mehr als fraglich.
Einige Zeit werde ich die Disco nun nicht sehen, nicht an sie denken müssen ...zumindest bis zum nächsten Samstag.
 
Hallo Tobi,

Schau mal, du hast da am Start die Zeiten ein wenig vermischt. Mal Gegenwart, mal Vergangenheit.

Es ist Samstagnachmittag und mit einem Drink verziehe ich mich in die dunkelste Ecke. Die Disco hatte gerade erst geöffnet, früher als jetzt hätte man nicht hier sein können. Man könnte sagen, es war nicht gerade Primetime für Partys, aber ich bin auch nicht in Feierlaune. Deswegen bin ich nicht hier...nicht mehr.
Das Flutlicht durchzog die prismenartige gläserne Inneneinrichtung, während harte Rhythmen meinen Körper fast zum Vibrieren brachten. Schmerzliche Erinnerung füllten meine Augen mit Tränen und während die Ebbe des Abends langsam zu Ende ging, sah ich ein weiteres Mal deutlich wie es war.
Die Disco hatte gerade erst geöffnet, früher als jetzt hätte man nicht hier sein können.
--> Verstehe den Zusammenhang nicht. Wäre er gerne früher da gewesen? Samstagnachmittag finde ich als Öffnungszeit für eine Disco außergewöhnlich früh.

hier...
--> hier ...

während, während
--> Doppelung; eins könnte man ersetzen

Das Flutlicht
--> nennt man es echt Flutlicht, wie das m Fußballstadion?

Frohes Osterfest.
LG, Franklyn Francis
 



 
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