Sand-Fetisch

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Heinrich VII

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„Aber nicht wieder mit Sand im Bett – ich hab mir letztes mal ordentlich Hintern und Rücken aufgescheuert. Noch mal mach´ ich das nicht mit.“
„Hör mal, Susie“, antwortete ich.
„Ja?“
„Wie soll ich dir das klar machen?“
Susanne sah mich erstaunt an.
„Sag doch einfach, wie es ist.“
„Geht nicht anders ... ab und zu muss es in einem Bett sein … mit Sand auf dem Laken.
Susanne starrte mich ungläubig an.
„Wenn wir nicht schon eine Weile zusammen wären, würde ich jetzt die Fliege machen. Das kannst du doch keiner Frau auf Dauer zumuten.
Wie war das denn bei deiner letzten Freundin – hatte die auch einen wunden Arsch?“
„Nein – Theresa war eine Spanierin, die fand das affenscharf.“
„Ach so, verstehe. Du willst Theresa mit mir spielen. Willst mich drauf trainieren, das auch affenscharf zu finden?“
„Nein – es ist wegen meiner Großmutter.“
„Großmutter – was hat die denn damit zu tun?“
„Nichts!“
„Wie, nichts?“
Ich sah Susanne einen Moment lang an, um Zeit zu gewinnen.
„Kann ich dir nicht sagen – würdest du vielleicht nicht verstehen.“

Wir verschoben den sandigen Geschlechtsverkehr erst mal. Hin und wieder konnte ich nicht ohne, weil mir etwas fehlte. Wie meiner Oma damals, in den Sechzigern, die das mit dem Sand quasi erfunden hatte. Sie war Artistin in einem kleinen Zirkus. So mit Keulen jonglieren, Feuer spucken, Messer werfen und dergleichen. Sie stand immer in der Mitte der Arena, mit nackten Füssen, auf Sand. Und dabei entdeckte sie es. Dieses prickelnde Gefühl, diese ungewöhnliche Empfindung, die ihr die Beine hoch zog, wenn sie mit nackten Füssen im Sand stand. Das wohlige Gefühl, das bis in die Mitte ihres Körpers reichte und dort wundersame Dinge anstellte -

In der nächsten Zeit vögelte ich ohne Sand mit Susie. Es fehlte mir etwas, musste ich zugeben. Es war nicht intensiv genug. Das Prickeln fehlte – dieses besondere Gefühl. Ich wechselte oft mit ihr die Stellung, um auf die Art ein wenig mehr Kick als üblich zu bekommen, aber es war nicht annähernd dasselbe. Dennoch hielt ich die sexuelle Diät ein, weil ich Susanne nicht verlieren wollte. Immerhin liebte ich sie.

Meine Oma erzählte meinem Opa wie prickelnd und außergewöhnlich und anregend das wäre, mit nackten Füßen auf Sand zu stehen. Mein Opa, als Neurologe, verstand – und so schlichen sie sich nachts heimlich in das Zirkuszelt. Sie gingen in die Mitte der Arena, zogen sich aus und liebten sich im Sand. In verschiedenen Stellungen, so dass jeder mal oben und mal unten liegen konnte. Hinterher soll meine Oma gesagt haben: „Wir müssen den ganzen Sand abduschen.“ Dabei hatte sie zum ersten mal einen richtigen Höhepunkt gehabt, den sie ansonsten nur vortäuschte. Meinem Opa sagte sie nichts davon, aber meiner Mutter und die hat es dann mir verraten.
Mein Opa lachte und antwortete: „Das war es wert.“ Er sah meiner Oma in ihre leuchtenden Augen und konnte sehen, dass auch sie es fantastisch fand. Das hat mir ebenfalls meine Mutter erzählt, bei einem Glas Wein, können auch zwei gewesen sein. Mein Opa wollte sogar ein Buch darüber schreiben. Damals war die sexuelle Revolution in aller Munde, insofern hätte es gepasst. Er soll sogar schon mit dem Manuskript angefangen haben, das er aber niemandem zeigen wollte, verriet mir meine Mutter. Dann starb er bei einem Unfall und der Text blieb verschwunden und unvollendet.

Susie wollte unbedingt endlich wissen, was da mit meiner Großmutter war, ob sie ein Sandfetischist war oder was. Ich hatte uns einen schönen, schlanken Joint gebaut. Wir saßen im Wohnzimmer auf dem Teppich und hatten Pink Floyd Ummagumma laufen. Ich zündete an, rauchte ein paar Züge und gab an Susie weiter. Eine Weile saßen wir da, ließen den Joint hin und her gehen und lauschten der Musik. Dann war Careful with that axe, Eugene dran. Ich drehte lauter. Die Musik war ein einziges Pumpen, ausgelöst durch den Oktavbeat der Bassgitarre. Ein einziges Drängen nach einem Höhepunkt – bis die furchtbaren und zugleich erlösenden Schreie kamen. Ich ließ mich rückwärts auf den Teppich fallen und ergab mich ihnen. Sie lösten in mir ähnliches aus wie Vögeln auf Sand.
„Hörst du? - das ist es.“
Susanne beugte sich über mich und sah mich an. Ihre Pupillen waren groß. Sie wiegte sich im Takt der Musik.
„Was meinst du?“
„Das Prickeln -“
Susie nahm noch einen Zug.
„Du verspürst ein ähnliches Prickeln wie mit Sand im Bett?“
„You got it“, antwortete ich und merkte an meinem Englisch, wie stoned ich war.
Susie lachte -
„Mein Großvater war sogar dabei ein Buch darüber zu schreiben. Er hat es mit Großmutter sozusagen erfunden und oft praktiziert.“
„Und du hast das nach gemacht und für gut befunden?“
„Ich habe es von meiner Mutter, die hat mit meinem Vater auch -“
Susanne lachte wieder.
„Drei Generationen, die auf Sand vögeln – das ist lustig.“
„Es ist nicht nur lustig, es ist prickelnd – es verschafft dir einen viel besseren Sex als normal. Es aktiviert Dinge aus dem Hirnstamm.
So hat es mein Großvater meiner Mutter erklärt.“
Susanne sah mich ungläubig an.
„Doch – so ist es.“
Sie drückte den fertig gerauchten Joint mehrfach in den Ascher, weil er nicht gleich ausgehen wollte.
„Du willst also, dass ich auch Geschmack daran finde?“

Das Witzige war, dass meine Mutter das angefangene Manuskript meines Großvaters im Nachlass fand und mir zu lesen gab. Es war eher wissenschaftlich abgefasst, schließlich war mein Opa Neurologe gewesen. Ein Wust von Fachbegriffen und neuronalen Funktionen strömte da beim lesen auf mich ein, von denen ich keinen Schimmer hatte. Aber - man könnte eine Geschichte oder einen Roman daraus machen. Das Ganze aus der Perspektive der Gefühle und des Erlebens darstellen. Und dabei die wissenschaftlichen Fakten meines Großvaters nutzen.
Ich musste es Susie schmackhaft machen. Ihren Widerstand in Interesse verwandeln. Wir brauchten über längere Zeit Erfahrungen damit. Nur so würde ich genügend Stoff für mein Buch bekommen. Was mir aber wichtiger war: Ich wollte ihren sexuellen Horizont erweitern. Ich wollte, dass auch sie spürt was Sand für eine prickelnde Bereicherung ist. Weit mehr als einfach nur ein Kick – es ist eine Offenbarung, eine neue Ebene. Von dem Manuskript werde ich ihr erst mal nichts sagen, nahm ich mir vor. Sonst denkt sie am Ende, ich mache das alles NUR weil ich ein Buch darüber schreiben will. Das stimmte irgendwo, aber nur zum kleineren Teil -

Susanne und ich lebten in getrennten Wohnungen. Mal war sie bei mir, mal ich bei ihr. An dem Tag war ich auf dem Weg zu ihrer Wohnung. Wir hatten telefonisch abgesprochen, dass wir uns abends bei ihr treffen wollten. Ich klingelte, der Türöffner summte, ich drückte die Tür auf und hastete hoch in den zweiten Stock. Die Wohnungstür war offen. Ich ging rein. Susanne stand im Bademantel vor mir. „Komme gerade aus der Dusche – muss die Haare noch föhnen.“
Ich ging zu ihr hin. Wir umarten und küssten uns.
„Es gibt ein Überraschung heute Abend“, flüsterte sie mir ins Ohr.
„Was denn?“
Sie sah mich an und lächelte.
„Das würdest du gerne jetzt schon wissen, was?“
Ich nickte.
Sie blieb die Antwort schuldig und huschte ins Badezimmer. Kurz danach hörte ich den Föhn rauschen. Eine Überraschung ist immer gut, dachte ich, ging in die Küche und fischte mir eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank. Ich holte zwei Gläser aus dem Schrank und setzte mich ins Wohnzimmer. Machte die Flasche mit dem Feuerzeug auf und goss mir ein. Susanne kam mit trockenen Haaren aus dem Bad, gerade als ich das Glas leer hatte.

„Willst du auch?“, fragte ich und hielt die Bierflasche mit dem Rest in der Hand.
Susanne schüttelte den Kopf. „Später – lass uns erst nach hinten gehen.“
Damit war das Schlafzimmer gemeint. Ich stand sofort auf und folgte ihr. Wir zogen uns aus. Susanne blieb vor dem Bett stehen.
Ich schlug die Decke zurück und wollte mich rein legen. „Du hast Sand aufs Bettlaken gestreut?“
Susanne lächelte und nickte. Dann öffnete sie den Schrank und holte so ein Teil aus Gummi heraus. Es sah von vorne aus wie ein Nierengurt,
den man auf einem Motorrad trägt. Hinten war es länger und bedeckte den Po.
„Aber dann spürst du doch gar nichts vom Sand.“
„Lass mich mal – du hast ja deinen Spaß.“

Ein paar Wochen später setzte ich mich tatsächlich hin und fing mit dem ersten Kapitel des Romanes an. Ich überlegte einen Moment hin und her, wie der Titel heißen könnte und schrieb dann einfach Sand-Fetisch auf. In einer Rückblende wollte ich anfangs beschreiben wie mein Opa mit meiner Großmutter in das Zirkuszelt geschlichen ist, damit sie sich in der Arena zum ersten auf Sand lieben konnten. Und wie Oma dann ihren ersten Orgasmus hatte. Danach sollte die eigentliche Geschichte beginnen -
Mit Susanne hatte ich inzwischen genau zwei mal mit diesem Ding an ihrem Leib gevögelt. Ich durfte die meiste Zeit unten liegen. Sie lag natürlich auch mal unten. Wenn sie auch so gut wie nichts spürte, gewahrte sie zumindest das Reiben das Sandes an ihrem komischen Kleidungsstück. Beim dritten mal ließ sie es weg. Ich stellte mich darauf ein, dass sie sich hinterher bei mir beschweren würde – von wegen ihr Hinterteil und ihr Rücken tun weh und so.
Sie meckerte nicht – sagte aber auch nichts. Vielleicht ließ sie mich absichtlich im Unklaren. Hin und wieder machten wir es auch ohne Sand. So zwei bis drei mal – beim dritten oder vierten mal wieder mit. Die Arbeit mit dem Sand holen, aufstreuen und wieder entfernen, bzw. den Rest absaugen, teilten wir uns.
Susie zog das Gummiteil nicht mehr an. Ich glaube es gefiel ihr jetzt auch. Sie sagte vielleicht nichts, weil sie sich nicht in die dritte Generation eingegliedert wissen wollte, die es auf Sand treibt. Jedenfalls, beschloss ich erst mal nicht danach zu fragen. Wir taten es hin und wieder auf Sand – das allein zählte.

Bevor ich´s vergesse: Die Arbeit an meinem Roman geht gut voran. Es haben auch schon zwei Verlage Interesse daran bekundet, denen ich die ersten Kapitel geschickt habe. Beim Schreiben höre ich meist Ideal - Sex in der Wüste in Dauerschleife. Wenn das Buch raus kommt, das habe ich Susie versprochen, wollen wir an einer Karawane teil nehmen. In welcher Wüste weiß ich noch nicht. Ich stelle mir aber eine geheime Düne vor, die wir bei einer günstigen Gelegenheit aufsuchen. Und dann, wie bei den Surfern, die die ideale Welle gefunden haben -
 
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Mitglied
Ein Text, der mir ein Lächeln aufs Gesicht zaubert, weil er ganz viel Zaubersand versprüht, lieber Heinrich VII.

Reizend erzählt und die Idee allein schon ist einen Applaus wert. Am lebendigsten erzählt ist die Passage, die von der Entdeckung der Großmutter erzählt. Gegen Ende flacht es - zaubersandmäßig betrachtet - kurz ein klein wenig ab, wie ich finde. Aber der Karawanen-Plan reißt's dann wieder raus. Mögen die zwei ihre geheime Düne finden!

Sehr gerne gelesen!

LG,
fee
 

Heinrich VII

Mitglied
Ein Text, der mir ein Lächeln aufs Gesicht zaubert, weil er ganz viel Zaubersand versprüht, lieber Heinrich VII.

Reizend erzählt und die Idee allein schon ist einen Applaus wert. Am lebendigsten erzählt ist die Passage, die von der Entdeckung der Großmutter erzählt. Gegen Ende flacht es - zaubersandmäßig betrachtet - kurz ein klein wenig ab, wie ich finde. Aber der Karawanen-Plan reißt's dann wieder raus. Mögen die zwei ihre geheime Düne finden!

Sehr gerne gelesen!

LG,
fee
Hallo fee,
freut mich, dass dir der Text beim Lesen Spaß gemacht hat.
Danke für deinen Kommentar und die Bewertung.

Gruß, Heinrich VII
 

Michele.S

Mitglied
Hallo Heinreich,

Die Geschichte trifft nicht so meinen Geschmack. Ich versteh nicht ganz was du uns damit sagen willst.

LG
Michele
 

John Wein

Mitglied
Man könnte den Roman mit einer Sadomaso Variante in eine höhere Ebene katapultieren, indem man statt Sand, Splitt ins Lotterbett streut.
 

Kai Kernberg

Mitglied
Hallo Heinrich, die Idee des generationenübergreifenden Fetisches gefällt mir sehr gut. Du bringst auch Spannung in die Geschichte und ein Happy End ist bei heiklen Themen immer gut. Mir fällt es zwar schwer, mir die Zirkusartistin und den Neurologen in der Großelterngeneration vor dem Traualtar vorzustellen, aber nach dem Motto "das Leben schreibt die tollsten Geschichten" nehme ich das hin.
Bringe gerne mit solcher Stories!
Viele Grüße Kai
 

Heinrich VII

Mitglied
Hallo Heinrich, die Idee des generationenübergreifenden Fetisches gefällt mir sehr gut. Du bringst auch Spannung in die Geschichte und ein Happy End ist bei heiklen Themen immer gut. Mir fällt es zwar schwer, mir die Zirkusartistin und den Neurologen in der Großelterngeneration vor dem Traualtar vorzustellen, aber nach dem Motto "das Leben schreibt die tollsten Geschichten" nehme ich das hin.
Bringe gerne mit solcher Stories!
Viele Grüße Kai
Hallo KK;

danke für deine Antwort und deine Sterne. Die Großeltern haben das in den 60igern gemacht. Vielleicht hatten sie eine Voodoo-Hochzeit in New Orleans. :rolleyes:
Das waren wilde Zeiten damals, da wurde experimentiert. Da hat sich jeder mit jedem eingelassen. Warum nicht eine Artistin mit einem Neurologen - ;)

Gruß, Heinrich
 



 
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