Sankt Martin ohne Laternen?

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VeraL

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Malin saß im Matheunterricht. Sie hörte nicht zu, sondern starrte aus dem Fenster. An den Bäumen auf dem Schulhof färbten sich die Blätter bunt. Normalerweise war das für Malin die schönste Jahreszeit. Draußen wurde es kalt und stürmisch und drinnen wurden Laternen gebastelt. Doch in diesem Jahr war alles anders. Frau Brinkmann, ihre Klassenlehrerin, war schon seit Wochen krank. Wenn der Unterricht nicht ausfiel, wurden sie von Vertretungslehren unterrichtet. Malin nahm ihren ganzen Mut zusammen und meldete sich. „Müssten wir nicht dringend mit den Laternen anfangen? In der nächsten Woche ist doch schon der große Umzug.“
Ihre Freunde murmelten zustimmend.
Herr Meyer runzelte die Stirn. „Ich fürchte, dazu ist in diesem Jahr keine Zeit. Ihr müsst in Mathe und Deutsch den Stoff nachholen, weil einige Stunden ausgefallen sind. Das geht vor.“ Er drehte sich zum Whiteboard um.
Jetzt protestierte Leon: „Aber dann sind wir die einzige Klasse ohne Laternen. Das geht doch nicht.“
Alle riefen empört durcheinander.
Herr Meyer polterte: „Ruhe jetzt. Ihr nehmt die Laternen aus dem letzten Jahr.“
„Das geht nicht, meine ist nass geworden. Mama hat sie direkt weggeworfen.“
„Ja, es hat doch so geregnet. Meine war auch komplett hinüber.“
Der Lehrer seufze. „Gut, ich kümmere mich darum. Aber jetzt machen wir mit dem großen Einmaleins weiter.“

Am nächsten Tag kippelte Malin vor Aufregung auf dem Stuhl. Heute würden sie bestimmt Laternen basteln. Sie hatte extra viel Kleber und eine scharfe Schere eingepackt. Die Vertretungslehrerin kam in die Klasse und teilte direkt Arbeitsblätter aus. Malins Kopf kribbelte. „Frau Werner, Herr Meyer hat uns versprochen, dass wir Laternen basteln. Es sind doch nur noch fünf Tage bis zum Umzug.“
Frau Werner nickte. „Nach dem Unterricht bekommt ihr Material. Dann könnt ihr sie zu Hause basteln. Jetzt konzentriert euch bitte.“
Malin war enttäuscht. Alleine zu Hause? Das würde nur halb so viel Spaß machen.

Nachmittags breitete Malin das Material auf ihrem Basteltisch aus. Uff. Vor ihr lag Tonpapier, Transparentpapier und eine Halterung, die man vorbohren sollte. Sie zog den Zettel mit der Anleitung zu sich und verstand kein Wort. „Maaamaaa! Kannst du mir helfen?“
Mama schaute aus dem Arbeitszimmer. „Tut mir leid, mein Schatz. Ich habe gleich eine wichtige Besprechung. Kommst du mit den Hausaufgaben nicht weiter?“
„Nein, ich brauche Hilfe mit der Martinslaterne.“
„Da kann ich dir nicht helfen, Schatz. Basteln ist nicht meine Stärke. Frag besser Papa, wenn er kommt.“
Doch Malins Papa kam später und hatte keine Zeit zum Basteln.

In der großen Pause stellte Malin fest, dass sie nicht die Einzige war, die Probleme hatte.
„Ich verstehe die Anleitung überhaupt nicht. Wie soll das gehen?“
„Meine Eltern arbeiten den ganzen Tag und meine Oma hat Rheuma. Sie sagt, sie kann mit ihren Fingern nicht basteln.“
Nur Matteo hatte mit seinen Eltern die Laterne fertig bekommen. Aber er war nicht zufrieden. „Das Ding sieht total langweilig aus. Dafür werden wir garantiert ausgelacht.“
Malin hätte am liebsten geweint. Frau Brinkmann hatte sich immer so viel Mühe gegeben und alle waren stolz auf ihrer Laternen gewesen. „Ich glaube, ich gehe in diesem Jahr nicht zum Umzug. Alleine basteln ist langweilig.“
Matteo sagte: „Das wäre doch zu blöd. Lasst uns alle gemeinsam basteln. Ihr könnt zu mir kommen, meine Eltern haben bestimmt nichts dagegen. Langweilige Laternen sind besser als keine.“
Anni jubelte: „Das machen wir. Zusammen macht es mehr Spaß.“

Ein paar Stunden später herrschte in Matteos Wohnzimmer Chaos. Stifte, buntes Papier, Kleber und Scheren lagen wild durcheinander.
Anni rümpfte die Nase. „So viel Arbeit und dann haben wir langweilige Bäume. Wer denkt sich denn einen Baum als Laterne aus?“
Benni hielt das Papier hoch. „Ich sehe hier keine Bäume, sondern einen Drachen.“
Malin klatschte in die Hände. „Ja, wir denken uns etwas Eigenes aus.“
Alle waren begeistert und legten los.
Als Matteos Papa Kakao für alle brachte, staunte er nicht schlecht. Vor ihm standen Drachen, Krokodile und Dinosaurier. „Ihr seid ja wirklich kreativ. Kompliment, auf die Idee wäre ich nie gekommen.“
Malia strahlte. Jetzt konnte sie den Martinsumzug nicht mehr abwarten
 



 
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