schalenobst

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seefeldmaren

Mitglied
wieso freund strafst du mich
mentor
für s für s für s
trägst eine küste auf deinen schultern
anstatt einem meer
schultern
zu führen:
leichter zerfall im süden,
vereinzelte tränen in den bergen,
die moral zieht nordwärts,
bei gleichbleibender schuld
du kind baust einen bunker
du baust dir eine mutter
du baust einen roboter dir du kind baust
im schlaf sammelst du samen
in leeren patronenhülsen
dich nicht anzuschauen war
ein lob
freiheit, sieg, mauliger scheiß.

dann sehe ich dich in der gaberobe
einen plastikbeutel falten
als wäre es deine muttersprache
und bestimmung,
selbst plastikbeutel zu werden.
und ich stehe voller bewunderung da
und werde abgelehnt. aus mir nicht
benannten himmeln.

du aber sagst:
issn innerer Monolog aus verdichtetem Schutt: zart und zynisch,
prophetisch und abgeklärt.
Diese Wiederholung sei nervös,
fast stotternd und gerade
dadurch authentisch:
als würde sich ein Gedanke immer
wieder gegen die eigene Fassung wehren.
Der Himmel habe deinen Subtext
erschüttert - Wolken seien hier kein Trost,
sondern Zirkulation von Enttäuschung.
Der Kontrast sei unerträglich und wahr,
Sinnbild des Wegwerfbaren, wird zur
Identifikationsfigur, zum Stellvertreter
eines misslungenen Versuchs die Natürlichkeit
zu fragmentieren. Zögen in diesem Begreifen
die Vögel unterhalb der Horizontenlinie
wie ein schwarzer Regenbogen
ach dann nix
weil die Welt, von der sie sprächen, keine heile
Sprache mehr verdiente.
Der Ozean scheint hier zu wissen, dass sich
aus Trauma keine geschlossene Grammatik
mehr bauen lässt. Der Satz zerlegt sich
unter der Last des Gemeinten
und das ist seine Wahrheit.
 

petrasmiles

Mitglied
Wieder so ein Text, der den Leser in alle Poren dringt und Selbstgewissheiten angreift. Man fragt sich: Wo bist Du während das geschieht?
Man muss ihn mehrmals lesen, vielleicht kann man sich dann wieder zusammensetzen ...
Der Satz zerlegt sich
unter der Last des Gemeinten
und das ist seine Wahrheit.
Treffer, versenkt!

Liebe Grüße
Petra
 

Aniella

Mitglied
Hallo Maren,

mir wird schwindelig (im positiven Sinne), wenn ich den Gedanken folge. Fantastische Umsetzung, eindringliche Bilder.

LG Aniella
 

seefeldmaren

Mitglied
Guten Morgen, liebe Petra, liebe Aniella,

vielen Dank für euren Besuch in meinem Spielefaden. Ich freue mich! Fingerübungen wie diese mache ich meist, wenn ich kurz vor einer Blockade stehe.
Da ich im moment keinen festen Wohnsitz habe, weil meine Wohnung überflutet wurde, nutze ich den Faden hier für meine "Outbursts".

Ich wünsche euch einen schönen Tag! Und danke für die Sterne!

Maren
 

Aniella

Mitglied
Oha, Maren, hoffentlich ist das Chaos bald wieder vorbei und nicht zuviel geschrottet worden.

Die besten Wünsche für eine baldige Rückkehr!

LG Aniella
 

seefeldmaren

Mitglied
Oha, Maren, hoffentlich ist das Chaos bald wieder vorbei und nicht zuviel geschrottet worden.
Man kümmert sich, Hausrat musste aber komplett eingelagert werden, da in der Notunterkunft kein Platz ist.
Und es ist total verrückt und ich glaubte es nicht, aber: Vermieter für Ersatzwohnungen lehnen ab, weil die Dauer der Überbrückung
zu kurz (befristet) ist und Vermieter von Ferienwohnungen lehnen ab, weil die Dauer der Überbrückung zu lang ist. Total ridikül! In meinem Fall, Trocknung, Rückbau + Sanierung ca. 3-6 Monate.

Mir geht es gut, ich wohne derzeit bei meinen Eltern. Ich rate aber jeden, der das liest: Sucht euch alle eine gute Hausratversicherung.
Wenn der Vermieter kein guter ist, könnte in so einem Fall tatsächlich die Obdachlosigkeit für den Mieter drohen, denn unerwarteterweise übernahm
meine Hausrat nur 1500€, 15€ pro Tag, ohne Nebenkosten auf maximal 100 Tage. (Wohnersatz, ohne Auszugs- und Einlagerungskosten).

Meine Vermieterin ist gut, sie fing mich auf und zahlte bisher für alles, so, dass ich keine Schadensersatzansprüche geltend machen musste - andere haben aber nicht das Glück wie ich.

Danke, Aniella! <3
 

seefeldmaren

Mitglied
die abteilungsleiter der literaten
wechselten zu bosch
aus den stümpfen von zypressen rissen sie ein skelett
und schnitzten sich ein abbild
aus ihren eigenen knochen.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Besonders gefällt mir im Ausgangstext der Neologismus "Gaberobe". Sehr schön mehrdeutig.
 

seefeldmaren

Mitglied
Man hat die kranke Mutter hier begraben tief
und geht mit leeren Händen Herzen ins Verwaisen.
Das letzte warme Wort, das noch vom Bette rief:
Ein stummer Abschied ist genug des Grauen, Leisen.

Die Totenwächterin mit ihrem fahlen Glanz.
So wisset jetzt: die Finsternis gehört zum Bleiben.
Sie nahm das Sterben lieber als den Lebenstanz
und hatte kein Gelüsten mehr zum Hierzubleiben.

Ein Mutterloser ist ein Schicksal ohne Halt.
Was rührt mich diese Trauer an die langen Nächte?
Erhört die Stille, denn sie ist fürwahr Gewalt.
Ich werde wie so viele nun zum stummen Knechte.

Die doppelte Verlassenheit kommt hart von hier.
Mit einem letzten Atemzug entwich die Eine.
Nur äußerst selten ist das Loszulassen keine Zier
und hier beweist es jahrelanges Schuldbeweinen.

Der Putto summt: dein Kummer in die Finsternis
entblühte nicht dem Tod zum namenlosen Band.
Du trägst als Hinterbliebener die Last! Gewiss.
Willkommen nun im mutterlosen Heimatland.
 

seefeldmaren

Mitglied
Liebe Aniella,

nach über 10 Jahren Pflege und Sterbeprozess der Mama ist es für uns jetzt eine traurige "Erleichterung", dass ihr grausamer und viel zu langer Kampf vorbei ist.
Danke. :)

Maren
 

Frodomir

Mitglied
Hallo Maren,

es ist sehr traurig, das zu lesen. Auch von mir mein herzliches Beileid. Ich wünsche dir ebenfalls viel Kraft.

Liebe Grüße
Frodomir
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Liebe Mariella,
auch von mir mein herzliches Beileid.
Ich denke, es waren auch viele schöne Stunden.
Liebe Grüße von Bernd
 

petrasmiles

Mitglied
Liebe Maren,

bei mir haben Deine Zeilen tief vergrabene Erinnerungen hervorgeholt. Meine Mutter starb zu jung, ich war gerade flügge, und sie starb plötzlich, ohne Vorwarnung. Nun bin ich schon Jahrzehnte mutterlos und mir geht auf, wie sehr das ein für alle Mal der Realität entspricht, dieses 'mutterlose Heimatland'. Es ist eine Zustandsveränderung, die man nicht sieht, aber manchmal spürt.
Ich fand den frühen, plötzlichen Tod brutal, aber ist es nicht immer das, was einem selbst widerfährt was am Schlimmsten scheint?
Wirklich schlimm ist der Verlust.
Ich fühle mit Dir.

Liebe Grüße
Petra
 

seefeldmaren

Mitglied
Hallo Petra,

danke für das Teilen deiner Erfahrung, das weiß ich sehr zu schätzen.

Wer über Jahre den Weg des Abschieds begleitet, durchläuft verschiedene Phasen. Mit dem Einsetzen der Krankheit überfiel mich sofort Panik, doch ich verdrängte, euphemisierte. Dann häuften sich die Notfälle, die Kraft schwand, und mit jedem Tag spürte ich das Gewicht der Belastung deutlicher. Die Angst vor den kommenden Tagen wuchs, die Angst vor dem nächsten Klingeln des Telefons, davor, das Elend erneut zu sehen und sich kümmern zu müssen.

Mein Vater ist achtzig und hat versucht, gemeinsam mit mir alles zu regeln, sofern er meine Hilfe annehmen wollte. Im Geiste ist er noch klar, doch Hüfte und Knie beschreiten längst eigene Wege. Dauerhaft anhaltende Schmerzen verändern Menschen: vom Sanftmütigen zum Choleriker. Schmerz kann einen Menschen seiner selbst entfremden. Dann braucht es die Kraft, jeden Tag aufs Neue zu vergeben, wenn man denn die Familie liebt. Und die Notfälle mit Mama nahmen nicht ab. Im Gegenteil. Es ist von bitterer Grausamkeit, einen geliebten Menschen erst körperlich zerfallen zu sehen, dann mental. Der Schmerz wird unerträglich, wenn man als Kind vom eigenen Kind nicht mehr erkannt wird. Das ist wohl der tiefste Trennungsschmerz, den ein Mensch durchleben muss. Ich wollte sie anschreien, auf sie einschlagen. In der Stille meines Inneren dachte ich oft nichts Gutes und dafür hasse ich mich.

Jetzt ist die Trauer da. Sie ist schon lange da. Der Schmerz, ja, aber auch die Erlösung. Auch Erleichterung. Ich glaube, ich werde meine Mama so bewahren, wie sie in guten Zeiten war, das Bild der Leidenden wird in der Erinnerung wohl verblassen. Nun weiß ich, dass ihr Leid endlich ein Ende hat.

Als ich die Gedichte hier in der Lupe einstellte, rechnete ich zunächst nur mit neutralem Feedback: lyrisches Ich ungleich Autor. Doch dann meldeten sich mehrere User zu Wort, und das hat mich überrascht, teilweise wirklich überfordert, was mein eigenes Reagieren betrifft. Maren, was machste nu? :) Doch ich schreibe es jetzt durch die Flüsse meiner Seele und hoffe, dass das Ventil mir seine Hand reicht, um abzulassen. Außerdem:

Dass hier, in der Leselupe, in manchen Ecken Krieg geführt wird, stört mich sehr. Das ist untertrieben. Deshalb habe ich beschlossen, die Lupe zu verlassen. Ob ich mein Konto löschen lasse, entscheide ich bis nächste Woche. Vielleicht drücke ich vorerst nur für einige Monate auf das X und kehre danach zurück – nach einer Friedensinspektion. Bis dahin möchte ich wieder zu Kräften kommen, auch weil ich im Bereich der Literatur versuche, etwas zu hinterlassen, und sei es nur für Familie und Freunde. Ein verlegtes Buch habe ich ja schon. Im Moment fühle ich mich wie ein Schalentier, das allem Unfrieden und Störverhalten den Rücken kehren will. Ich versuchte oft, positiv auf mondnein einzuwirken, doch es führte zu keiner Veränderung. Warum die Moderation hier keinen dauerhaften Riegel vorschiebt, weiß ich nicht. Weshalb ich jetzt, auch in Anbetracht meiner Umstände, die Reißleine ziehe. Es ist mir im Moment too much.

Für alle anderen: Danke. Wirklich danke. @sufnus – du holzkopp, pass auf dich auf! Nicht zu viel zündeln und nicht zu viel mischen und keine Bomben bauen ;) Hihi

Maren
 

petrasmiles

Mitglied
Liebe Maren,

es wäre für uns ein herber Verlust, Deine Texte hier zu verlieren.
Darum bitte ich Dich - aus rein egoistischen Motiven - 'nur' eine Auszeit zu nehmen.
Mit der Distanz stellt man manchmal auch fest, dass wir alle nur Menschen sind, und man manchmal nicht genauer hinsehen muss; das kann auch ein Akt der Menschenliebe sein, nicht jede Verfehlung ahnden zu müssen, sondern zu ignorieren.

Und vielleicht tut es auch irgendwann Dir gut, noch einen 'Koffer' in der Leselupe zu haben :)

So long!
Petra
 

sufnus

Mitglied
Hey Maren!
Eigentlich hab ich ja auch schon den Pausenknopf gedrückt - einige Monate entspricht auch meiner Planung - (wobei, wir zwei ja, wie ich jetzt gerne nochmal allgemein kundtue über diverse alternative Kanäle weiter (Fäden) spinnen werden, jetzt halt nur erstmal nicht hier... )
... und ja @petrasmiles Koffer irgendwo mal zwischendeponieren ist immer (erstmal) eine gute Idee... man kann ja später immer noch weitersehen...
Alles andere, liebe Maren, tauschen wir also sehr gerne anderweitig aus -
- umarmt wirst Du jetzt trotzdem auch mal noch öffentlich...
... und @ alle anderen da draußen: Schön die Ohren unter der Mütze behalten, wenns stürmt! Und auf ausreichende Vitamin D-Zufuhr achten!
XOXO
S.
 



 
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