SCHATTEN

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Pontiac

Mitglied
Ja nun, was nun, haha, aber sehr gerne werde ich mich zu dem Sachverhalt äußern, jawohl, selbstredend, ich habe ja nichts zu verbergen, meine Damen, meine Herren, wenn auch, wie ich vermute, Sie, Dinge von mir, Dinge, über die ich, Umstände, von mir hören, erfahren wollen, die ich, die möglicherweise aus meiner hellen Erinnerung heraus und in eine gewisse Dämmerung hinein, wenn nicht sogar Dunkelheit, die also sehr verschwommen vor meinem inneren Auge, ich nicht mehr hervor zu holen oder zusammen zu setzen mich in der Lage fühle.
Ja, nein, weg, also undeutlich. Ja, ganz weg. Nein, ja. Was ich noch ganz genau erinnere, was sich förmlich in mich hinein gebrannt hat,
ist dieser Schatten. Gerade als ich hinein, durch die Tür, huschte, nein, glitt dieser Schatten an mir vorbei, hinaus, davon. Nein, nichts Genaues. Nein, keine Details, keine Details. Nur dunkel, oder grau, ein graues Huschen oder Gleiten. Wie groß, nun ja, eigentlich, nicht groß, eher, ungefähr so, ja, also klein, kleiner als ich, also der Schatten. Das Ding, das Tier, das Menschlein an sich, ja vermutlich deutlich größer und imposanter. Ja, unten. Der Schatten huschte unten.
Sehr richtig die Tür war offen, leicht angelehnt vielleicht, einen Spalt, aber nicht wie sie zu meinen glauben und behaupten geschlossen und abgesperrt. Ganz im Gegenteil.
Aufgebrochen ? Nein, das erinnere ich jetzt ganz schlecht, das ist mir aber, vielleicht hat ja der Schatten zuvor, also das Ding oder Menschlein, mit Gewalt und entsprechendem Werkzeug, während ich selbst ja, bei meiner versehentlichen Gefangennahme, keinerlei gröbere Gegenstände mit mir führte, also der gräulich und auch hungrige Schatten, die Türe erbrochen und den Raum revidiert. Der Teller, genau. Der Tisch, der Teller waren da. In dem Raum. Auch noch ein Schrank, ein Stuhl, etc. etc. .Keine Wurst. Nein. Nur ein Tisch, ein Teller, ohne Wurst. Ein leerer Teller auf einem leeren Tisch.
Ein genetischer Defekt. Von der Vaterseite her. Leider. Ein sinnloses, leeres Malmen, ein Zerstückeln und Zermörsern imaginärer Misshelligkeiten, bevorzugt in Momenten emotionaler Erregung. Nein. Nicht schön. Gar nicht schön. Kauen nicht. Nein. Kein Kauen.
Sie meinen sicher Kauen wie Essen. Die Wurst ? Keine Wurst. Gefühle. Meine Damen, meine Herren. Defektes, ererbtes Zermalmen von Gefühlen. Kein Kauen.
Eine Verwechslung, bitte sehr. Oder Verleumdung. Da kann es sich ja nur, da müsste ich ja und das kann ja nicht. Verstehen Sie ?.
Die Dämmerung oder Dunkelheit. Ganz schwer zu erkennen, zu erinnern, aus meiner Verdunkelung heraus überhaupt nicht möglich. Versehen. Sie haben sich versehen. Wie kommen diese Zeugen überhaupt zu der wunderlichen Annahme, dass nicht etwa der huschende Schatten sich an der Tür, der Wurst, zu schaffen, diese aufbrechen, verschlingen, sich zügig entfernen wollte, aber dann die Gefangennahme. Alles genau gesehen, Aha.
Wer ist jetzt da ? Welche Herren ? Das ist schon in Ordnung, das kann ja jedem mal, ja sicher, mir auch. Vielen Dank. Ja. Ich fühle mich jetzt auch etwas schwach. Ja, nein. Kein Kauen. Schön dass sich das alles aufklären ließ. Ja, die Herren sind mir bekannt. Danke, ich kann alleine gehen. Wenn sie mich jetzt bitte nach hause bringen würden.
 
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Ofterdingen

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Hallo Pontiac,

Es geht um irgendjemanden, den irgendjemand anklagt, irgendwo widerrechtlich eingedrungen zu sein und irgendwelche Wurst von einem Teller genommen zu haben. Ist das richtig? Der Sachverhalt wird verschleiert oder geht, besser gesagt, unter in einem Sumpf von Redensarten, Phrasen und Satzbruchstücken, mit deren Hilfe sich der Täter vergebens aus der Affäre zu ziehen versucht. Falls dies alles so sein sollte: Was will uns der Dichter damit sagen?

Von Tucholsky gibt es einen ähnlichen Text, "Herr Wendriner erzieht seine Kinder", in dem sich ein ebenfalls monologisch Sprechender auf ganz ähnliche Weise allmählich immer weiter bloßstellt. Und Peter Sellers hat die Phrasendrescherei in einem Monolog auf die Spitze getrieben, der komplett nur aus leeren Worthülsen besteht. Es ist natürlich völlig legitim, sich einen dieser zwei Autoren - oder beide - als Vorbild zu nehmen und etwas Ähnliches zu versuchen, als Fingerübung sozusagen. Als Leser würde man dann wohl doch noch irgendein I-Tüpfelchen zusätzlich erwarten.

Nein, das erinnere ich jetzt ganz schlecht
Hat es irgendeine Bedeutung, dass der Täter aus Hamburg oder der Gegend da oben kommt? Oder warum spricht er Denglisch? Auf Hochdeutsch heißt der Satz `Nein, daran erinnere ich mich ...´

Gruß,
Ofterdingen
 
G

Gelöschtes Mitglied 21900

Gast
Gut gemachter Text (die Betonung liegt auf «gemachter»), aber es fehlt etwas Entscheidendes: Ein inhaltlicher Abschluss, eine Pointe, die diesen Text legitimieren würde, zu sein (phrasenhaft ausgedrückt). Was da jetzt steht, ist etwas ulkig Nettes, mehr leider nicht. Es könnte aber sehr viel mehr werden.
KK
 
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Pontiac

Mitglied
Hallo Ofterdingen, Hallo klauskuckuck ... vielen Dank für eure Reaktionen.
Der Text ist als Fragment gedacht. Gerne auch als "Fingerübung" sprachlicher Möglichkeiten. Die Beschreibung einer Szene. Dabei dominiert die Form und nicht der Inhalt. Es ist was es ist. Der Protagonist spricht so wie er für diese Form sprechen soll. Als Auflösung der absurden Szene reichte mir der letzte Absatz.
Freundliche Grüße
 

York

Mitglied
Hallo Pontiac,

ein interessanter Text und auch Dank an Ofterdingen für die Hinweise zu ähnlichen Texten - ich werde sie mal lesen.

Ich hatte beim Lesen den Eindruck, als ob ich (ungewollt) einem Gespräch zuhöre, dass am Handy geführt wird. Hierzu passt nicht ganz die Ansprache "meine Damen, meine Herren", da man gewöhnlich nur mit einer Person telefoniert.
Und auch der Schuss könnte dann anders sein, etwa: "Ich verabschiedete mich vom Gerede des Tischnachbarn und verließ das Restaurant" o.ä.
Wenn dieser Kontext hergestellt würde, fände ich den Text ziemlich gut, da auch gewisse Ungereimtheiten stehen bleiben können.

So als Idee -

Gruß
York
 



 
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