Schatten-Monologe III

cara

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Was soll ich dir noch sagen? Was kann ich überhaupt noch sagen? Alles, was ich äußere, bleibt Schall, vergänglich, flüchtig; kaum ausgesprochen, schon zum Verhallen verurteilt. Und was ich schreibe, schwarz auf weiß, bleibt Makulatur, unfähig, dich zu berühren. Oh, ich weiß, ich bedeute dir noch etwas; ich weiß, du hast noch nicht ganz vergessen, was wir uns waren. Ein Funken Erinnerung glimmt noch, doch vermag er nicht mehr, dich zu wärmen. Du bist uns verloren gegangen, und verloren bin auch ich. Unser Uns blieb vereinsamt zurück, unfähig zu begreifen, wohin du gingst, wohin ich verschwand. Es harrt als leere Hülle aus, als Mahnmal an uns, das wir nicht mehr erkennen.
Ich habe meinen Halt in dir eingebüßt, treibe ohnmächtig dahin. Und du beschränkst dich nurmehr auf Gesten, streckst deine Hand nicht mehr wirklich nach mir aus. Weil du weißt, dass ich sie ergriffe, sie festhielte? Weil du das nicht willst? Oder nicht die Verantwortung dafür, was dann passiert? Ich weiß es nicht. Aber immer mehr bekomme ich ein Gefühl dafür, dass meine Fragen niemals eine Antwort finden werden. Langsam stirbt so meine Hoffnung, ich verhungere an dir. Darum grabe ich meine Finger tief in den Boden und häufe Erde darauf. Die warme Decke aus unserer Mutter Leib bewahrt mich vor dem Erfrieren. Auf diese Weise gehe ich nicht schreiend und mit lautem Tosen zugrunde; sacht und fast unmerklich drifte ich der Umnachtung entgegen.
Manchmal schon bin ich nicht mehr ich selbst, erkenne mich nicht wieder. Frage mich, ob ich mich noch einmal werde finden können oder ob die, die ich vielleicht noch bin, bereits unrettbar untergeht. Und du selbst bist so fürchterlich weit entfernt, umgeben von so vielen Schichten, in denen ich mich hilflos verirre, und durch die hindurch ich meinen Weg nicht mehr finden kann - den Weg hin zu dir. Dein Leuchtfeuer, das mich allzeit traumwandlerisch sicher zu dir führte, ist verloschen; Dunkelheit umhüllt mich. Und so sehr ich mich auch nach dir recke, ich bekomme immer nur einen Zipfel deines Schattens zu fassen, niemals dich selbst. Doch allein mit deinem Schatten kann ich nicht leben.
Wenn du verborgen bleibst, weit fort von mir, scheint meine Kraft zu versiegen, mein Atem still zu stehen. Deine Abwesenheit frisst mich von innen her auf, schon hat sie ihre Zähne in meinen Leib geschlagen. Und die dunklen Zwillinge der drei lichtesten Worte lauern in meinen Schatten...
 



 
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