ENachtigall
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Schmauchspuren
Der Selbstmörder ging ins Bad.
Er schloss die Tür ab: sichtlich zu.
Gekonnt knotete er eine Schlinge,
befestigte sie, prüfte sein Werk.
Er vollzog diesen Akt
wie eine Übung: zielgerichtet,
präzise wie eine Maschine.
Einen Moment horchte er
auf die Stimme jenseits der Tür.
Sie redete auf ihn ein.
Wie sie ihn verfolgten
und quälten: diese
eindringlichen Frauenstimmen.
Der Selbstmörder sah in den Spiegel.
Angestrengt suchte er
den Hass in seinen Augen.
In rotgeränderten Höhlen
hockten, wie ängstliche Hunde,
zwei stumpfe unbewegliche Blicke.
Müde hob er die Hand an die Schläfe,
zog zärtlich mit dem Finger
die graue Schmauchspur nach.
Wie oft schon hatte ihn der Tod
zur Inszenierung gezwungen ...
Der Selbstmörder stellte
den Fuß auf den Klodeckel.
Umständlich zog er sich hoch,
legte die Schlinge um
seinen Hals wie eine Krawatte.
Er war nur noch ein Nachgeben
weit vom Ziel entfernt.
Endlich ließ er sich gehen.
22.November 2005
Der Selbstmörder ging ins Bad.
Er schloss die Tür ab: sichtlich zu.
Gekonnt knotete er eine Schlinge,
befestigte sie, prüfte sein Werk.
Er vollzog diesen Akt
wie eine Übung: zielgerichtet,
präzise wie eine Maschine.
Einen Moment horchte er
auf die Stimme jenseits der Tür.
Sie redete auf ihn ein.
Wie sie ihn verfolgten
und quälten: diese
eindringlichen Frauenstimmen.
Der Selbstmörder sah in den Spiegel.
Angestrengt suchte er
den Hass in seinen Augen.
In rotgeränderten Höhlen
hockten, wie ängstliche Hunde,
zwei stumpfe unbewegliche Blicke.
Müde hob er die Hand an die Schläfe,
zog zärtlich mit dem Finger
die graue Schmauchspur nach.
Wie oft schon hatte ihn der Tod
zur Inszenierung gezwungen ...
Der Selbstmörder stellte
den Fuß auf den Klodeckel.
Umständlich zog er sich hoch,
legte die Schlinge um
seinen Hals wie eine Krawatte.
Er war nur noch ein Nachgeben
weit vom Ziel entfernt.
Endlich ließ er sich gehen.
22.November 2005