Der Faden, [red]der[/red] mich [red]an[/red] dich bindet,
Ist nur die straffgespannte, dünne Saite,
Auf der kein [red]Ton[/red] zum Ton des andern findet
Für alle Zeit, für unbestimmte Weite.
Du singst zu leise, flatterhaftes Wesen,
Und saugst dir Süße aus erwählten Kelchen,
Sah ich dich gestern, ist es nie gewesen?
Gefühle trinkst du, meine, [red]doch[/red] von welchen?
Du ahnst sie nicht, sie schlafen im Vergessen,
Verzaubert warten sie in ihren scheuen Liedern,
Sie singen stumm, [blue]n[/blue]ie [red]hast[/red] du sie besessen,
Und peitschen sich in Stille kein Erwidern.
Den Garten darf ich nie allein betreten,
Ich risse mich an deinen Distelbeeten.
Seltsame Kommentare mit einer mir unverständlichen Benotung! (Dass die Verse "hübsch" sind, würde ich eher als Beleidigung sehen - denn was sind "hübsche Verse"?)
Ein Sonett ist es gewiss nicht, dazu gibt es hier zuviele Abweichungen von den strengen Formen eines Sonetts. Da wäre schon allein das Reimschema (3 x Kreuzreim 1 x Paarreim) recht ungewöhnlich, allein das Metrum erfüllt hier nicht die strengen Vorgaben eines Sonetts.
Somit steht es hier zu Recht unter "Gereimtes", wobei der Reim "Wesen - gewesen" keiner ist, sondern eine Wiederholung.
Das Metrum schwankt zwischen 4- (Z1) bis 6-hebigen (Z10) Jamben, wobei die 5-hebigen überwiegen. Leider läuft der Jambus häufig auch der natürlichen Sprachbetonung zuwider, Z1
würde ich z.B. so lesen:
Der Faden, der mich an dich bindet,
Auch wenn ich beim Lesen "in dubio pro metrum" walten lasse, laufen die rot markierten Stellen gegen den Jambus.
Inhaltlich komme ich mit dem Gedicht auch nicht klar. Die Verse ergeben oft keinen Sinn und die sinnlosen Bilder wechseln in beliebiger Reihenfolge. Der Titel hilft hier etwas weiter: Ein Lyrich spricht einen Schmetterling an, vermutlich ist es eine geliebte Person, und drückt in den Versen seine Enttäuschung über ihr "flatterhaftes Wesen" aus, das Gefühle aussaugt, ohne sie zu erwidern.
Wie wird dies nun ausgedrückt? In V1 wird hier einem Bindungsfanden die Funktion als Ton(über)träger abgesprochen. Allerdings ist eine Saite ein Tonerzeuger und warum der Ausfall "für eine unbestimmte Weite" gelten soll, bleibt angesichts dieses Bildes unklar.
V2 nimmt das Bild des Schmetterlings, dem hier angekreidet wird, dass er "zu leise" singt. Es soll zwar Menschen geben, die Schmetterlinge auch schon lachen gehört haben, doch vermutlich hören die auch das Gras wachsen. Die beiden Fragen rhetorischen Fragen (V2,Z3-4) wurden bereits in den vorangehenden Versen beantwortet. Hier zweifelt das Lyrich an dem, was es eben noch beschrieb.
In V3 erhebt sich mir die Frage, kann man Lieder besitzen? Wozu soll man es? Ich meine, es reichte, sie zu kennen. Z4 in V3 ist böses Sinngeschwurbel: Stumme Lieder, die sich in Stille kein Erwidern peitschen? Was soll das sein??
War das Lyrich, so wie ich es verstanden habe, bisher im eigenen, schmetterlings(un)besuchten Gefühlsgarten unterwegs, versichert es uns in V4, den Garten nicht allein betreten zu dürfen. Wie das? Gerade war es noch darin und fühlte sich recht einsam. Und was besagt die Furcht, sich an Beeten zu reißen? Sind die besonders scharfkantig?
Ich weiß nicht, was ich mit so einem Gedicht anfangen sollte. Ich hätte mir mehr formale Sorgfalt und inhaltliche Klärung gewünscht. Sei froh, dass ich keine Noten gebe!