Schneckengeschichten

Malte

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Es begab sich zu einer Zeit, da die Welt kurz vor dem Untergang stand und von vielen schlimmen Dingen belebt wurde. Viele Menschen, Tiere und Pflanzen starben aus den verschiedensten Gründen. Überall zeichnete sich Leid ab. Es gab jedoch auch noch wenige Flecken auf der Welt, die davon noch nicht bedroht waren, jedenfalls nicht so schnell. Mit der Zeit wird sich auch das ändern, aber noch lebte es sich dort ganz gut.
Auf einem solchen Flecken, mitten im Walde auf einer kleinen Lichtung, da wohnte eine kleine Schnecke. Sie lies es sich gut gehen, so gut sie konnte, verbrachte jedoch die meiste Zeit in ihrem Haus, da sie eine schreckliche Angst vor den schlimmen Dingen, die um sie herum passierten, hatte. Die kleine Schnecke war nicht dumm und sah das viele Leid, aber dagegen tun konnte sie nichts. Sie dachte viel nach in ihrem Haus, über sich und das was überall geschah, und das Einzige was ihr einfiel, wie sie dem Ganzen entgegen treten konnte, war, dass sie selbst nie so sein wolle. Demnach arbeitete sie hart an sich, um all das was sie für schlecht befand nicht in sich zu tragen. Dabei bemerkte sie gar nicht, dass sie viel zu viel alleine war und sich von den anderen Schnecken abgrenzte. Mit der Zeit war das für sie normal und ein Zustand, in dem es ihr schwer fiel, sich das anders vorzustellen. Immer seltener kam sie aus ihrem Haus heraus. Zumeist nur, um sich mit Nahrung zu versorgen und die wichtigsten Bedürfnisse zu erfüllen.
Eines Tages, wie die kleine Schnecke so auf der Wiese war und sich genüsslich eine Mahlzeit gönnte, da tauchte plötzlich eine andere Schnecke vor ihr auf. Diese Schnecke lächelte sie fröhlich an und schaute neugierig auf die schmatzende Schnecke. Die schmatzende Schnecke war fasziniert von der Fröhlichkeit der anderen Schnecke und gab ihr ein klein wenig von ihrem Essen ab, was diese gerne annahm. Beide zusammen schmatzten sie nun laut und erzählten sich dabei lustige Dinge, wobei die fröhliche Schnecke natürlich viel mehr zu erzählen wusste, wie die einsame Schnecke. So etwas hat die einsame Schnecke schon lange nicht mehr erlebt.
Von nun an sahen sich die Beiden des öfteren auf diesem Flecken und erfreuten sich an der schönen Landschaft, führten lustige Gespräche, spielten viel und genossen die neugewonnene Freundschaft. Die Treffen wurden immer häufiger und die Beiden kamen sich immer näher.
An einem schönen sonnigen Tage, da zogen die beiden Schnecken los und erkundeten die Gegend. Sie krochen langsam durch das Gras bis sie am Rande der Lichtung angekommen waren, machten dort ein gemütliches Picknick und zogen weiter in den Wald hinein. Dabei hatten sie sich viel zu erzählen, waren ausgelassen wie lange nicht mehr und bestaunten die vielen unterschiedlichen Pflanzen und Tiere die im Wald lebten. Am Abend dann, als sie wieder auf der Lichtung angekommen waren und sich verabschiedeten, stellten beide überrascht fest, dass sie sich doch schon sehr mochten und sich kaum noch vorstellen konnten ohne den Anderen zu leben. Mit leicht geröteten Gesichtern verabschiedeten sie sich voneinander und versprachen sich gegenseitig sich bald wiederzusehen.
Die Zeit verging.
Immer wieder trafen sich die Zwei auf der Lichtung und spielten ihre Spiele die teilweise schon sehr tief in ihre Gefühlswelt blicken ließen. Es herrschte Freude und Glück und die einsame Schnecke war nun gar nicht mehr einsam, sondern fühlte sich frei und gelöst wie schon lange nicht mehr. Noch vor einiger Zeit hätte sie sich das alles gar nicht vorstellen können. Das Glück, die Freude, die Unbeschwertheit. Das alles und dieses Gefühl geliebt zu werden und das auch erwidern zu können, dies war ihr nun so wichtig, dass sie dafür alles gegeben hätte.
Mittlerweile verbrachten beide kaum noch Zeit in ihren Häusern, sondern tobten wild auf der Wiese rum. Genossen es draußen zu sein und miteinander das Leben zu verbringen.
Als es an der Zeit war den zweiten großen Ausflug zu planen, da kam die fröhliche Schnecke mit einem ganz ernsten und traurigen Gesicht an. Sie war sehr nachdenklich gestimmt und stellte mit Bedauern fest, dass es so nicht weiter gehen könne. Sie könne das alles nicht mehr mit ihrem Gewissen vereinbaren und die Schnecken mit denen sie befreundet war, die hätten alle etwas dagegen was sie hier auf der Lichtung so treibe. Die einsame Schnecke können sie nicht leiden, weil sie nicht zu ihrem Clan gehöre und sich nicht an die gleichen Grundsätze halte wie es der Clan vorsieht. Also müsse sie das alles beenden, so leid es ihr täte. Aber, ab und zu könne man sich ja aus der Ferne einander Grüßen, das würde ihr doch sehr gefallen.
Völlig entgeistert und dem Schock nahe, nahm die nun wieder einsame Schnecke das wahr und nickte leise. Sie könne der traurigen Schnecke nicht vorschreiben wie sie ihr Leben zu gestalten habe, aber sie wünsche sich doch sehr, dass dieses Glück nicht beendet sei. Noch trauriger wie zuvor ging die ehemalige fröhliche Schnecke wieder nach Hause und verkroch sich dort in ihrem Haus, um den Schmerz und die Trauer zu verbergen. Sie lebte von nun an sehr hektisch und ausgelastet, damit sie sich nicht mehr an das Vergangene erinnern musste.
Es kam jedoch vor, dass sie am Rande der Lichtung stand und der einsamen Schnecke zuwinkte, die dort immer noch, fernab vom eigenen Hause, auf der Lichtung lag und es vor lauter Trauer und Tränen gar nicht mehr nach Hause schaffte. ...

(Übernommen aus der 'Alten Leselupe'.
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