Schneckenlied

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Chandrian

Mitglied
manche menschen sehn halt aus
wie eine graue schnecke
sie schleimen und sind lahm, durchaus
dienen sie keinem zwecke!

doch schau dir nur die schnecken an,
was können sie dafür?
sie sind, nicht wie der mensch, arm dran
lass doch das arme tier

gib ihnen lieber ein, zwei drei
salate-blätter-blüten
leg keine schneckenkörner bei
das würde sie sonst töten

ach mensch, im leben wirst du nie
gemächlich sein wie schnecken
die arbeit raubt viel energie;
gestresst wirst du verrecken



(nach Christian Morgensterns Möwenlied)
 
G

Gelöschtes Mitglied 24777

Gast
Hallo Chandrian,

ganz im positiven Sinne hat dein Gedicht eine gewisse Naivität und etwas Kindliches, Unverdorbenes.

Ich weiß nicht, ob es Absicht war, diesen Eindruck zu erwecken, aber ich finde es gut!

Gern gelesen!

Liebe Grüße
Frodomir
 

Chandrian

Mitglied
Hallo Chandrian,

ganz im positiven Sinne hat dein Gedicht eine gewisse Naivität und etwas Kindliches, Unverdorbenes.

Ich weiß nicht, ob es Absicht war, diesen Eindruck zu erwecken, aber ich finde es gut!

Gern gelesen!

Liebe Grüße
Frodomir
Hallo Frodomir,

Doch, diese eidimensionale, naive und dogmatische Haltung war beabsichtigt. Auch Christian Morgenstern hat ab und zu zu solchen Mitteln gegriffen (wobei ich zugeben muss, dass meins hier weitaus oberflächlicher ist, als seine Gedichte.).
Danke fürs Lesen und für die Rückmeldung!

LG
Chandrian
 
G

Gelöschtes Mitglied 20513

Gast
Hallo Chandrian,

der Mensch eine Schnecke. Ich lasse mir diesen Vergleich sehr gerne gefallen, weil es tatsächlich Leute gibt, die schleimen, dabei aber vor Eifer japsen und schnell wie der Wind sind. Der Aufbau des Gedichts ist unklar. Worauf willst du hinaus? Ich finde das Gedicht argumentativ nicht gründlich durchdacht. Das mag daran liegen, dass du zudem Schwierigkeiten mit dem Reimgedicht hast, wie man sehr deutlich sehen kann. Um diesen verbliebenen Gedanken auszudrücken, hätte ein Aphorismus gereicht, und er hätte vielleicht sogar einen Aha-Effekt gehabt. Und dann noch auf Morgenstern abheben, das finde ich dann schon recht kühn.

Lieben Gruß, Hanna
 

Chandrian

Mitglied
Hallo Chandrian,

der Mensch eine Schnecke. Ich lasse mir diesen Vergleich sehr gerne gefallen, weil es tatsächlich Leute gibt, die schleimen, dabei aber vor Eifer japsen und schnell wie der Wind sind. Der Aufbau des Gedichts ist unklar. Worauf willst du hinaus? Ich finde das Gedicht argumentativ nicht gründlich durchdacht. Das mag daran liegen, dass du zudem Schwierigkeiten mit dem Reimgedicht hast, wie man sehr deutlich sehen kann. Um diesen verbliebenen Gedanken auszudrücken, hätte ein Aphorismus gereicht, und er hätte vielleicht sogar einen Aha-Effekt gehabt. Und dann noch auf Morgenstern abheben, das finde ich dann schon recht kühn.

Lieben Gruß, Hanna
Hallo Hanna

Nein, ich möchte mich auf keinen Fall mit Morgenstern gleichsetzen, das habe ich so auch nie gesagt. Sein Möwenlied diente als Inspiration, mein Text ist nur eine "Fingerübung", eher eine Reharmonisierung, da ich die Idee klasse fand und die Möwe durch die Schnecke ersetzen wollte. Das ginge natürlich auch mit andern Tieren, etwa einem Dackel oder einer Eintagsfliege.
Deine Kritik verstehe ich nur bedingt - wieso ein Aphorismus, wenn man auch ein Gedicht schreiben kann? Nein, da kann ich dir nicht folgen. Du selbst schreibst doch massenweise politkritische Gedichte. Diese könnte man auch in Aphorismen verpacken. Wäre m.M.n schade um die Texte, der Ansatz ist nämlich ein anderer.
Wo erkennst du Schwierigkeiten mit dem Reimgedicht? Mir fallen dabei nur die zwei unsauberen Reime "Blüten" - "töten" sowie "dafür" und "Tier" auf, sowie ein Fehler im Metrum in Vers vier (dienen). Die unsauberen Reime sind beabsichtigt, liessen sich auch einfach ersetzen. Mich stören sie nicht. Vorschläge für eine Alternative in Vers vier nehme ich gerne an. Die attestierten "Schwierigkeiten" müsstest du mir aber erst einmal aufzeigen.
Der Aufbau hingegen ist ziemlich klar. Strophe eins beginnt mit einem Vergleich, woraufhin Strophe zwei darauf antwortet, man solle nicht die Schnecke auf das Niveau der Menschen runtersetzen. Strophe vier ist eine Ergänzung, erschliesst sich m.M.n von selbst. Die letzte Strophe greift wiederum auf, wieso der Vergleich irreführend ist; der menschlichen Gesellschaft geht in ihrem streben nach Rang und Reichtum regelrecht die Luft aus. Man nehme sich ein Beispiel an Island, die haben die 4-Tage-Woche eingeführt! Wir hingegen...

Danke für die Kritik. Vielleicht habe ich ja etwas übersehen oder dich falsch verstanden, dann melde dich unbedingt nochmal.

Liebe Grüsse
Chandrian
 
G

Gelöschtes Mitglied 20513

Gast
manche menschen sehn halt aus
wie eine graue schnecke
sie schleimen und sind lahm, durchaus
dienen sie keinem zwecke!

doch schau dir nur die schnecken an,
was können sie dafür?
sie sind, nicht wie der mensch, arm dran
lass doch das arme tier

gib ihnen lieber ein, zwei drei
salate-blätter-blüten
leg keine schneckenkörner bei
das würde sie sonst töten

ach mensch, im leben wirst du nie
gemächlich sein wie schnecken
die arbeit raubt viel energie;
gestresst wirst du verrecken



(nach Christian Morgensterns Möwenlied)
Hallo Chandrian,

zunächst zu Morgenstern: Ich kann doch noch lesen. Dein Hinweis als Fußnote auf Morgenstern ist doch nicht zu übersehen. Solche Sachen sollte man nicht machen, wenn man weiß, man kommt an den Kerl nicht ran. Und du entschuldigst dich mit "Fingerübung". Vielleicht wäre "Kopfübung" angebrachter?
Und dein Hinweis auf meine drei politkritischen Gedichte darf auch nicht fehlen in deinem Kommentar. Au weia, die schreibt politische Gedichte!

Zu den Schwierigkeiten des Reimgedichts: Du hättest dich entscheiden müssen, ob du Trochäen oder Jamben schreiben willst. Dahin geht meine Kritik.
Abgesehen natürlich von unsauberen Reimen. Wenn du hättest witzig sein wollen, was ich diesem Text aber völlig abspreche, dann hättest du die unsauberen Reime zu sauberen Reimen gemacht, zum Beispiel: Blüten - tüten. Das wäre wenigstens ein bisschen tiefsinnig-witzig im Sinne Morgensterns gewesen. Der Mann war vergnüglich zu lesen, aber er meinte es ernst.

Aber ich gehe mal deine Reimerei durch:
S1V1: Hier reimst du "aus" auf "durchaus". Das ist ein "Reim" auf dasselbe Wortende, und das ist Käse. Zumal "durchaus" durchaus auf beide Silben gesprochen werden können und es dadurch sein kann, dass dieses "aus" unbetont bleibt. Unbedingt vermeiden.

S2V4: Blüten - töten hatten wir schon.

Alle Strophen: Du kannst dich auch nicht dafür entscheiden, ob dein Gedicht in jeder Strophe, also durchgehend, eine männliche oder weibliche
Endung hat. Wenn du also in Strophe 1 im Wechsel männlich - weiblich reimst, dann müssen die folgenden Strophen ebenfalls im Wechsel männlich - weiblich gereimt sein. Das wirst du vielleicht nicht für wesentlich halten, aber ich, und nicht nur ich, bin der Meinung: Wenn schon reimen, dann richtig. Solche Sachen kann sich nur der Spitzenkönner erlauben, man sieht es ihm nach, weiß aber: Stimmt nicht. Aber Spitzenkönner können eben reimen und tun so etwas nur im Ausnahmefall mit bestimmten Absichten.

Zur letzten Strophe: Da kleidest du dich sozialkritisch. Gut ist, dass du nochmal auf den Menschen aus der Einleitung zurückkommst. Da schließt sich der Kreis. Aber, mal so gesagt, dass einer aussieht wie eine graue Schnecke und lahm ist, muss nichts mit dem Malochen zu tun haben. Da hast du was machen wollen, was zumindest für mich so nicht ganz klappt.

Aber zum Aphorismus: Das Thema bietet sich an. Während meine politischen Gedichte mit einem Aphorismus leider nicht abzutun sind.

Das ist meine Kritik.

Lieben Gruß, Hanna
 

sufnus

Mitglied
Hey Chandrian!

Ich finde Deine Idee sehr schön, Morgensterns Möwenbetrachtung einmal auf andere Mitwesen zu übertragen und besonders freut mich, dass Du Dich dabei der vielgescholtenen Schnecken annimmst. :) Für mich persönlich wäre es hierbei aber noch überzeugender, ganz bei den Schnecken zu bleiben.

Du nimmst hingegen "manche Menschen" als Ausgangspunkt und leitest erst dann zu den Schnecken über, wodurch die Zeilen insgesamt etwas ins Parabelhafte einer reflektierenden Gedankenlyrik spielen. Bei Morgenstern bleibt das Gedicht ganz bei der Möwe und sein berühmter Vergleich mit dem Namen Emma verweigert sich gerade einer schlüssigen Interpretierbarkeit, zeigt Morgenstern als eine Art frühen Dadaisten, noch vor der Gründung dieser Bewegung. Auch einwirkliches "Fazit" liefert Morgenstern ja nicht, er schließt mit einem friedvollen Bild, verkneift sich aber jede "Moral von der Geschicht". Ich glaube, gerade das macht die Genialität vieler seiner als bloß "komisch" missverstandenen Gedichte aus.

LG!

S.
 

Chandrian

Mitglied
Hallo Hanna

Ach, politische Gedichte schreiben doch die Meisten. Meine Aussage war eine andere.
Das man so einen Text unterlassen sollte, ist deine Meinung. Ob nun Kopf- oder Fingerübung, mMn ist es völlig legitim, ein „cover“ zu schreiben, solange man angibt, woher die Idee kommt. Vielleicht ist es das, was dich stört. In meiner Fussnote steht nämlich nicht „das ist mein Gedicht. Ich schreibe so gut wie Morgenstern“.

Stimmt, der erste Vers tanzt aus der Reihe, ansonsten ist das ganze Gedicht in Jamben verfasst. Stoppt den Lesefluss nicht, deshalb hielt ich das für angebracht… aber danke für die Korrektur.
Punkt zwei muss ich dir leider widersprechen. Dass Strophe zwei anders ist, als die restlichen, ist gewollt und ist nicht so „falsch“, wie du schreibst. Nehmen wir doch nochmal Morgenstern als Beispiel. Sein Gedicht „das Häslein“ ist demnach schlecht? Nein, das sehe ich definitiv anders als du.

LG
Chandrian
 

Chandrian

Mitglied
Hey Chandrian!

Ich finde Deine Idee sehr schön, Morgensterns Möwenbetrachtung einmal auf andere Mitwesen zu übertragen und besonders freut mich, dass Du Dich dabei der vielgescholtenen Schnecken annimmst. :) Für mich persönlich wäre es hierbei aber noch überzeugender, ganz bei den Schnecken zu bleiben.

Du nimmst hingegen "manche Menschen" als Ausgangspunkt und leitest erst dann zu den Schnecken über, wodurch die Zeilen insgesamt etwas ins Parabelhafte einer reflektierenden Gedankenlyrik spielen. Bei Morgenstern bleibt das Gedicht ganz bei der Möwe und sein berühmter Vergleich mit dem Namen Emma verweigert sich gerade einer schlüssigen Interpretierbarkeit, zeigt Morgenstern als eine Art frühen Dadaisten, noch vor der Gründung dieser Bewegung. Auch einwirkliches "Fazit" liefert Morgenstern ja nicht, er schließt mit einem friedvollen Bild, verkneift sich aber jede "Moral von der Geschicht". Ich glaube, gerade das macht die Genialität vieler seiner als bloß "komisch" missverstandenen Gedichte aus.

LG!

S.
Hallo sufnus

Stimmt, da hast du wohl recht. Die Schnecke wird hier, anders als bei Morgenstern, eher zu einer Allegorie, als dass sie als fast schon chiffrierter vergleich fungiert.
Eine „Moral von der Gechicht“ findet sich aber durchaus:

O Mensch, du wirst nie nebenbei
Der Möwenflug erreichen.

oder irre ich mich?
danke für die Rückmeldung!

LG
Chandrian
 

sufnus

Mitglied
Ha!
Das kommt davon, wenn man (= sufnus] schlau daherschreibt, ohne nochmal google zu bemühen... die dritte Strophe war mir doch glatt entfallen >_<
Um mein Argument noch zu "retten", bleibt mir dann nur der (etwas lahme) Hinweis, dass diese vermaledeite dritte Strophe mehr nach einer Schlussmoral klingt, als wirklich etwas lebensphilosophisch belastbares beizusteuern, der frustrierte Leser (jedenfalls, wenn er NICHT Emma heißt) wird danach auch nicht sonderlich "schlauer" sein.
Nichtsdestotrotz: Touché, lieber Chandrian! :)
 

Chandrian

Mitglied
Um mein Argument noch zu "retten", bleibt mir dann nur der (etwas lahme) Hinweis, dass diese vermaledeite dritte Strophe mehr nach einer Schlussmoral klingt, als wirklich etwas lebensphilosophisch belastbares beizusteuern
Genau, und das geht dann wieder Hand in Hand mir der Emma-Möve als nicht ganz entschlüsselbares Symbol. Die Schnecke hingegen lässt sich auf verschiedene Typen Mensch übertragen, deswegen wirkt es auch eher wie ein Fazit, fast schon wie ein Ausruf eines Moralapostels. ;)

Frohe (restliche) Festtage!
LG
Chandrian
 

sufnus

Mitglied
Ganz lieben Dank für die guten Festtagswünsche! :) Hoffe, Du hattest auch eine gute Zeit verbracht! :)
Und ich mag unseren Austausch über Möwen, Schnecken & Emmas! :)
LG!
S.
 



 
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