Schönheit

4,30 Stern(e) 4 Bewertungen
Die Schönheit ist ein wildes Tier

Die Schönheit ist ein wildes Tier,
Verzehrt dich, zieht und reißt an dir.
Und verschlingt dich Stück für Stück.
Lässt nur totes Fleisch zurück.

Schlägt ihre Krallen in dich rein
Und blendet dich mit ihrem Schein.
Frisst sich langsam an dem satt,
Der für sie nur Augen hat.

Sie selbst sich nicht als Biest benennt,
Weil sie keine Seele kennt.
Gefühl begräbt sie unter sich,
Zerschmettert es, zerschmettert dich.
 

anbas

Mitglied
Hallo Anna Maria,

herzlich willkommen in der Leselupe!

Deinen Text empfinde ich als ausdrucksstark. Er macht nachdenklich - und das soll er ja wohl auch.

Ein wenig Schwierigkeiten habe ich allerdings mit dem Bild an sich. Ist es wirklich die Schönheit, die das wilde Tier ist? Hier verselbstständigt sich etwas, das sich aus meiner Sicht nicht verselbstständigen kann. Es ist doch der Mensch an sich, der Schönheit definiert, sie nutz, benutzt, ihr "Macht" gibt. Schönheit ist auch kein Gefühl, wie z.B. Angst. Gefühle können ein Eigenleben entwickeln.

Hm, ich überlege weiter. "Faulheit" - wie "Schönheit" eine Eigenschaft - wird dieses "Eigenleben" zugesprochen ("Meine Faulheit hat mich daran gehindert, das..."). Geht es also doch? OK, ich komme weiter ins Grübeln. Ein Text, der das erreicht, kann schon mal nicht schlecht sein, finde ich.

Nun aber zur Metrik. Es ist sicherlich eine Frage des Geschmacks. Mir schmeckt der häufige Metrikwechsel in diesem Gedicht nicht. Zum Ende wird es mir dann endgültig zu beliebig und wechselhaft. Da solltest Du aus meiner Sicht auf jeden Fall noch einmal drübergehen.

Das soll es fürs Erste gewesen sein. Ich hoffe, bald noch mehr von Dir lesen zu dürfen.

Liebe Grüße

Andreas
 
Lieber Andreas,

vielen lieben Dank für deinen Kommentar. Gern würde ich dazu Stellung nehmen: Was die Metrik betrifft, habe ich oft ähnliche Anmerkungen gehört. Wie du bereits schriebst, ist es Geschmackssache. Und ich persönlich, finde die freie Form köstlich. So bin ich. Flatterhaft, sprunghaft und nur schwer in feste Strukturen zu pressen. Trünken wie ein Schmetterling, zieh ich meiner Wege...

Du hast recht. Nicht die Schönheit ist das wilde Tier, viel mehr ist es die Eitelkeit (auch wenn es keine Emotion ist, hat sie doch die Macht, einen innerlich kalt und hässlich werden zu lassen), die ihren "Wirt" zu eben dieser Bestie macht. Aber wo trifft man die Eitelkeit an? Bei Menschen, die sich ihrer eigenen Schönheit zu sicher sind.
So denke ich schon, dass die Schönheit ein gewisses Eigenleben entwickelt. Regelrecht zu einem Wahn werden kann. Dass sie blendet, täuscht und süchtig macht, wie so viele verführerische Dinge es tun.
Ein Thema, über das ich gern nachdenke. Darum Dankeschön, dass du diese Diskussion angeregt hast.

Mit freundlichen Grüßen,

Anna
 

rogathe

Mitglied
Ist es nicht der Zwang, einem von der Gesellschaft festgelegten Schönheitsprinzip genügen zu wollen, der LD zerstört?
 
J

justooktavio

Gast
Hallo Anna,
ich wollte eigentlich gestern schon auf dein gedicht antworten aber habs dann leider nicht mehr geschafft, darum jetzt.

Das Gedicht hat mir an sich sehr gut gefallen. Ich muss auch sagen, dass ich die Bildwahl sehr schön finde, es klingt für mich sofort nach einem spontanen bild ohne größere überlegung und trifft es damit eben ganz genau, ja sie ist ein scheues tier, genau so schnell weg :)
Aber dennoch muss ich erwähnen, dass ich glaube schönheit selbst, nicht die von allgemeinen Normen festgelegte, sondern die unbenannte schönheit, die zu fühlende, nicht die zu sehende, die zu ahnende und nicht zu erfassende ist es doch eltztlich was das leben erst zu höhrem erhebt als martialischem und triebhaftem Existieren...
sie ist eben dieses scheue tier, dass sich nicht fangen lässt und versucht man es doch, versucht man sie einzusperren, dann geht sie ein, wie das wilde tier im käfig...
aber mir gefällt auch dein wechsel, sie verzehrt dich, das zeigt, du sprichst hier von einer anderen, der, ich sag mal, pragmatische schönheit, die ein sehr hungriges tier ist:)

LG
Justo
 



 
Oben Unten