Schon wieder Himmel, René (ode to summer01)

mortisha

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Über den Himmel hat jemand eine Ebene gelegt. Mit Dunkelblau fade-to-transparent-Option. Jenny hat Durst. Es ist vier Uhr in der Früh und die, die jetzt noch unterwegs sind, sind selbst schuld. Im Bett liegen könnten sie, könnte Jenny. Neben ihr an der Ampel hält ein Typ mit Fahrrad. Hallo. Jenny macht eine Kaugummiblase. Zumindest versucht sie es, aber es wird nur ein kleiner Spucketropfen, den sie sich von der Lippe leckt. Sie schaut wieder auf die Ampel. Der Typ neben ihr hat eine Glatze. Außerdem ne Brille. Es ist nicht René, nein, natürlich nicht. Ins Subway oder ins Paulaner fragt das Fahrrad neben Jenny. Hause, sagt Jenny kurz. Also Subway, sagt die Brille. Jenny ist verwirrt oder verärgert und fährt los, weil es grün ist. Fahrrad, Brille, Typ und Glatze fahren an ihr vorbei. Toll, denkt sich Jenny, und an den DJ mit den wundervollen Glupschaugen, der sie den ganzen Abend konsequent ignoriert hatte. Aber auch das war nicht mehr wert als einen Seufzer und ein wenig schlechter Laune vor dem Schlafengehen. Das einzige, was in der Stadt zu hören war, waren vereinzelte Vögel, vermutlich Frühaufsteher, dabei war es erst hellblau, na ja, noch nicht einmal das. Kurz vor dem Aufstehen ist die Stadt immer ein bisschen wie fast vollkommen still, als gehöre sie ihr. Jenny versucht dann, die Leere der Straßen zu denken als etwas Greifbares. Sie will sie tief einatmen, verschluckt sich aber bloß und konzentriert sich aufs Fahren. Da, wo der Samthimmel hinter braunen Hausdächern verschwindet, wehrt sich ein Stern gegen den Tag und glimmt wie ein ausgeleuchteter Diamant. Sonne ist doch auch bloß so etwas wie Studiobeleuchtung. Und diese Nacht eine wie viele, nach der man am besten lang genug schläft, bis es wieder Zeit wird, sich nach der nächsten Party umzuschauen. Mit einem Himmel über Jenny, der sich Jahreszeiten ausdenkt wie Frisuren.
 



 
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