Schrankenwut

Markus Veith

Mitglied
"Schrankenwut"

Mein Bild ist kaputt gegangen. Das von meiner Liebe. Die mit dem Herz in der Mitte.

Kaputt gegangen. Ging einfach. Und war kaputt.

Ich war das nicht!
Es war meine Wut. Genau! Sie war das.

Ich wußte, daß sie wach war. Sie tat doch nur, als ob sie schliefe. Wie trunken und benommen lehnte sie sich die ganze letzte Zeit gegen meine Stimmbänder.
Und dabei juckte sie mir so unter den Zähnen, dass ich den Reiz lieber in Schmerz zerbiß, als weiterhin zu ertragen.

Aber sie mußte sich austoben. Früher oder später. Sie reizte mich bis auf's Blut. Und mein Blut presste sich durch meine Liebe mit dem Herz drauf, walgte, rieb die drückenden Wände auf, schleuderte alle Gedanken durcheinander. Du-dumm, Du-dumm, Du-dumm, schob ärgerlichen Druck vor sich her, lange schon und immer länger, immer weiter vor sich her walgte aller Druck, alles Unangenehme. Alle Gedanken. Alles Aufgestaute. Allen Frust. Der Druck erzeugte irgendwann Gegendruck. Und der Gegendruck, der ... ja, der Gegendruck ließ nun mein Bild kaputt gehen.

Ich habe an meinen Schranken gewürgt. Zuerst. Dann auf sie eingeschlagen. Beim ersten Hieb mußte ich merken, wie verhärtet sie sind. Jetzt tut mir die Hand so weh, daß ich sie zur Faust ballen muß. Meine Fingernägel vergraben sich in den Handflächen, jagen als Ablenkungsmanöver eine Kompanie Schmerz in sie hinein. Doch diese Wut ist unerbittlich. Sie kennt Schmerzen zur Genüge. Funken desertieren vor meinen Augen.

Freunde nehmen mich beiseite. Versuchen, mit ihren gutmütigen Armen das Beben meiner Schultern zu glätten. Sie sagen, Zorn sei ein schlechter Ratgeber.
NA UND !!
Die schlechten Ratgeber sind meine treuesten!
Ich scheiß auf impulsiven Eigentrost! Meine Zähne jucken trotzdem weiter!
Mir ist, als habe mir jemand die Lungen gestohlen! Ich atme nur noch meine Fäuste voll!
Meine Muskeln wollen reißen. Wollen sich lösen! An ihre Grenzen toben!
Ich will Berserker rekrutieren! Mit ihnen die Elefantenherde aus meinem Kopf befreien! Den Wal in meinem Brustkorb ertränken!
Meine Füße wollen die wundgeriebenen Wände zertrampeln! In befreiter Stampede alles zu Weißglut stampfen!
Ich will endlich einen Orkan in meinen Lungen! Einen Zyklon in meinen Augen! Ein Blizzard soll mir die Ohren zerfetzen! Mich in Stücke reißen und wieder zusammen pusten!
Ich will Wälder pflanzen, um sie herunterzubrennen! Städte bauen und sie dem Erdboden gleichmachen! Völker zeugen, um sie niederzumetzeln! Welten erschaffen! Sie aus den Angeln heben! Die Luft aus ihnen herauslassen, wie einen geballten, prallen, voll Überfluß gefluteten, viel zu großen Ballon zur Explosion treiben! Egal was und wie!
Ich will ans Ende!!
Ich will endlich sagen können, daß ich am Ende bin.



Würde ich sterben, ... diese Wut würde mich noch einmal aus dem Grabe hebeln.



Ich bin am Ende!!



Das schöne Bild.
 



 
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