Schreckensszenario

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Kaetzchen

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Mit einem spitzen Schrei öffnet der Adler seine Schwingen und gleitet durch die Freiheit des Himmels. Geschickt nutzt er Luftströmungen, um durch blaue Weite zu schweben. Allmählich kleiner werdend, verschmilzt er irgendwann mit dem Dunst der Ferne.

Wie ein Vogel zu fliegen war schon als Kind sein Wunsch. Nun breitet er seine Schirmkappe in Flugrichtung aus und sortiert die Leinen bis sie frei liegen. Das Gurtzeug anlegen, noch einen Check machen, dann ist alles bereit. Er stellt sich in Windrichtung und will gerade loslaufen, als er eine Frau bemerkt. Sie sitzt am Berghang und weint bitterlich. Es rührt ihn, er hält inne und erkundigt sich nach ihrem Kummer. „Vor einem Jahr ist hier mein Mann abgestürzt“, bringt sie schluchzend hervor. Er will sie trösten, sucht nach Worten. Doch plötzlich kommt eine Windböe, reißt den Nylon-Stoff nach oben und er schwingt mit dem Gleitschirm unruhig durch die Luft. Ihm droht ein Klapper. Er spürt den Höhenverlust. Durch abgebremstes Fliegen versucht er entgegen zu steuern. Doch er setzt hart auf, überschlägt sich, wird noch mal hochgerissen und verschwindet hinter Bäumen.
Ohne sich rühren zu können, ist die Frau Zeuge des Szenarios. Als sie ihn nicht mehr sieht, rennt sie los.
 
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Der Neue

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Hallo Kaetzchen,

oh, das ist ja nun wirklich ein Schreckensszenario. Fast könnte man in eine fantastische oder gruselige Richtung denken und annehmen, die alte Frau habe das Unglück absichtlich herbeigeführt wie eine Loreley der Lüfte. Aber ich denke nicht, dass das die intendierte Lesart ist.
Was mir auffiel, ist eine -für mich- gewisse Unklarheit der Erzählperspektive. Zunächst ist der „er“ der Vogel. Bei „kleiner werdend“ merkt der Leser, dass die Geschichte nicht aus dessen Perspektive erzählt ist, sondern aus der eines Menschen, der den Vogel beobachtet bzw. beneidet. Das ist dann der zweite „er“ im nächsten Absatz. Der verschwindet dann am Ende seinerseits aus dem Bild und übrig als Handelnde und Beobachtende bleibt die Frau.
Wenn diese Parallelität- erst verschwindet der Vogel, dann der Mensch - beabsichtigt ist, ist es eigentlich ein ziemlich genialer Kniff. Wenn nicht - ich weiß ich nicht, könnte man es auch als Schwäche der Erzählung empfinden.

Viele Grüße
 

Franke

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Hallo Kaetzchen,

was mich irritiert an deinem Text ist der Anfang. Das mag nicht so recht zum Rest der Geschichte passen und der Übergang ist mir zu abrupt.

Mit einem spitzen Schrei öffnet er seine Schwingen und gleitet durch die Freiheit des Himmels. Geschickt nutzt er Luftströmungen, um durch blaue Weite zu schweben. Allmählich kleiner werdend, verschmilzt er irgendwann mit dem Dunst der Ferne.
Ich würde das an den Schluss stellen.

Liebe Grüße
Manfred
 

Kaetzchen

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Hallo Der Neue
Ja, solche Geschichten schreibt das Leben. Sie ist wirklich passiert und ich kannte den Mann. Allerdings ist das schon lange her und ich kenne nicht die Einzelheiten des Unfalls, die habe ich mir dann so vorgestellt.
Das Spiel mit der Erzählerperspektive ist beabsichtig, das soll bewirken, dass der Leser nachdenkt. Ich finde großartig, was dir alles dazu eingefallen ist. Deine Phantasie kam von phantastisch über gruselig bis zur Lorelei. Auch bist du hin und hergerissen zwischen genial und Schwäche. Was kann man sich für mehr wünschen?
Ich danke dir herzlich für die Auseinandersetzung mit meinem Text.
Viele Grüße
Kaetzchen
 

Kaetzchen

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Hallo Ji Rina
Auch dir meinen Dank fürs Lesen. Wenn dir noch etwas unklar ist, tausche ich mich gern mir dir aus, du mußt es nur benennen.
 

Kaetzchen

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Hallo Manfred,
eine gute Idee, dachte ich, den Anfang an den Schluss zu stellen. Aber wenn ich es so herum lese, kommt es mir eigenartig vor.
Ich weiß nicht so ganz genau, was dich daran irritiert. Ich beschreibe den beeindruckenden Flug eines Vogels und bringe, so denke ich, den Zusammenhang mit der Erklärung, dass er schon immer gern wie ein Vogel fliegen wollte. Meinst du, dass es helfen würde, wenn ich den Vogel benenne?
Der Steinadler öffnet mit einem spitzen Schrei seine Schwingen.....
Ich wäre dir dankbar, wenn du mir erklären könntest, was genau dich irritiert.
Liebe Grüße
Kaetzchen
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Kaetzchen,

dass es bei dem besagten Absatz um einen Menschen geht, habe ich mir schon beim ersten Lesen gedacht.

ich kann es dir gar nicht genau erklären, aber irgendwie mag es nicht zum Schreckensszenario passen.
Aber als Gegensatz dazu gesehen - dann auch wieder schon.
Ich muss da noch mal drüber schlafen, denke ich.

Liebe Grüße
Manfred
 



 
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