Rhondaly DaCosta
Mitglied
schreib doch Bio drauf
Betrübt schaut Heinz in sein Weizenbier. Die Mundwinkel hängen herunter, die Oberlider schlupfen abwärts, Gram umflort seine Stirn. Warum bietet Heinz seiner Umwelt dieses Bild des Jammers?
Gustl betritt das Lokal. Er schaut sich im Schankraum um, und entdeckt Heinz auf der Eckbank. Wohlgemut steuert Gustl auf den Platz zu. „Hallo, mein Lieber. Wie geht es dir?“, grüßt Gustl jovial seinen besten Freund. „Hmm, hmm, geht so.“, murmelt die Gestalt auf der Eckbank vor sich hin.
„Ich habe dich nicht richtig verstanden. Wie geht es dir? Was ist denn los mit dir?“, will Gustl jetzt wissen. „Ist etwas mit deinem Geschäft?“
„Du hast es erraten. Ach weißt du, Gustl, das Geschäft macht mir im Moment gar keine richtige Freude. Die Mineralwässer gehen ja ganz gut, aber mein neuer Fruchtsaft ist ein Flop. Den werde ich einfach nicht los.“
„Vielleicht liegt`s am Namen.“, meint Gustl listig. „Paradiesfruchtsäftchen ist ja nun auch nicht der absolute Renner, vom Namen her, meine ich.“
„Hast du vielleicht eine bessere Idee, eine die durchzieht?“, entgegnet Heinz missmutig, und dabei schaut er seinem Freund erwartungsvoll in die Augen.
„Schreib doch Bio drauf“, schlägt Gustl vor, und dabei lächeln seine Augen wie bei einem kleinen Buben, der einen Streich ausgeheckt hat.
Heinz stutzt. Er nippt an seinem Bier. Beide verbringen nun ihren Abend am Stammtisch und reden über dies und das.
*
Vier Wochen später. Wieder treffen sich die beiden. Heinz ist wie ausgewechselt. Genüsslich lehnt er sich über die Rückenlehne der Eckbank. Beide Arme hat er weit ausgebreitet. Zlatanieren nennt man diese Geste heutzutage in Schweden, nachdem ein schwedischer Fußballspieler gegen England vier Tore reingeballert hat. Hier sitzt ein Sieger.„Und?“, fragt Gustl mit einem offenen, freundlichen Lächeln. „Blüht das Geschäft wieder?“.
„Das kann man wohl sagen. Nach 2 Wochen ist der Umsatz mit meinem Fruchtsaft „Bio Paradiesfruchtsäftchen“ in die Höhe gegangen wie nur was. Sagenhafte 500 Prozent plus hat der Saft gemacht.“, berichtet Heinz mit einem breiten, zufriedenen Grinsen. Er sieht aus wie ein Hund, der vom Fleischer den Schulterknochen bekam.
Heinz lässt seinen Blick auf Gustl nicht los. Unablässig blickt er seinen Freund weiter an, aber ohne noch ein Wort heraus zu lassen.
Gustl wundert sich. Nach einigen Sekunden kann er es nicht mehr aushalten. „Ist sonst noch was? Du guckst mich ja unablässig an. Sag` endlich, was ist los?“, fordert er schließlich ungeduldig seinen Gesprächspartner auf.
„Ich habe in der letzten Woche noch einmal zugelegt beim Umsatz. Noch einmal 300 Prozent Umsatz oben drauf.“ Erwartungsvoll lässt Heinz den Satz im Raum stehen.
Gustl dreht und windet sich. Zu gerne wüsste er, was Heinz noch auf der Pfanne hat. Aber er will nicht wieder fragen. Die beiden messen sich mit ihren Blicken wie zwei Cowboys im Showdown.
Glücklicherweise kommt die Kellnerin an den Tisch. „Was darf`s den sein?“, fragt sie freundlich, und ihr Dirndl verbreitet dabei reichlich Lebensfreude.
Heinz hat nun Mitleid mit seinem Freund. Er lässt die Katze aus dem Sack.
„Weißt du, ich habe den Namen des Saftes noch einmal geändert. Ich schreib jetzt Bio Bio drauf.“ Beide lachen. Heinz bestellt zwei Weizen.