schreiben - für wen?

S

Sanne Benz

Gast
Hallo R.W.,
dem zweiten Ausspruch stimme ich zu.
Ich lese heute Sachen von mir,die ich früher schrieb und sie treffen auch heute erst zu. Sie zeigen mir etwas auf und etwas über mich.So also rufe ich mich selbst damit sogar manchmal zur Vernunft und bringe mich dazu,über mich nachzudenken.
Naja,kann sein,das Frisch damit etwas anderes meinte?
Das dritte..naja,es klingt für mich bissl arrogant..
denn ich selbst bin der Meinung..
wenn mich hier auch nur EINER liest,dann wurde ich schon gelesen und das freut mich.
Mich werden niemals Millionen lesen...:)
Aber schreiben tu ich sicher nicht nur für mich selbst,sondern mit dem Wunsch,das andere mich lesen und darin etwas finden.Das ich etwas geben kann und vermitteln.
Das erste..steht in krassen Gegensatz zum dritten..
hört sich so mutlos an..aber kann auch sein,das er das in einem Moment geschrieben hat,wo er es war..wo er an nichts mehr glaube und alles(die Schreiberei) hinschmeissen wollte.(geht allen Künstlern bestimmt mal so.Ich kenns auch von mir und einem befreundeten Kunstmaler)


Das mal meine Gedanken dazu.
Schönes Wochenende
lG
Sanne
 
hi sanne,

kafka hat in der tat nicht veröffentlichen wollen, seine romane sind daher auch nur fragmentarisch - er hat sie nie veröffentlichen wollen... erst nach seinem tod sind sie an die öffentlichkeit gelangt

ich persönlich finde den ausspruch von goethe am besten: wer sich das ziel setzt von möglichst vielen gelesen und für gut befunden zu werden, setzt die maßstäbe viel höher, gibt sich mehr mühe mit der qualität seiner werke, veröffentlicht keine ungereiften werke. eine million leser sind natürlich sehr sehr hoch angesetzt aber so ein maßstab spornt unwahrscheinlich an, auch das handwerk zu erlernen...

lg
rw
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Natürlich schreibe ich ausschließlich für eine viele Millionen zählende Leserschar. Das Problem ist nur - keiner weiß davon. ;-))
 
N

niclas van schuir

Gast
Ralph hat es auf den Punkt gebracht! Da gibt es nur ein mathematisches Problem, denn die Summe, die eine Mio und mehr ergibt fängt bei "1" an. Und wer kann Autor(in) schon sagen, dass die Summe nicht zusammenkommt?
Neben dem sicherlich auch wertvollen Sich-selber-Lesen verbleibt somit nur das Prinzip Hoffnung.
Gruß Nic
 

Morrigan

Mitglied
Hi Leutchen!

Also wenn irgendwen meine bescheidene Meinung interessiert:
Ich glaube, wer nur schreibt, weil er hofft damit bei Anderen eindruck zu schinden, wird es nie soweit bringen. denn wer sich immer nur verkrampft danach richtet, was anderen wohl gefallen wird, der wird einfach nie das Genie entwickeln, das nötig ist, um von Millionen gelesen zu werden. Schreiben ist eine Kunst und Kunst ist immer Selbstzweck. Und wo sie es nicht ist, da ist es keine Kunst ;-)
Nein, was ich meine ist: eine Geschichte, ein Gedicht, was auch immer muß von Herzen kommen, sonst lohnt es sich gar nicht es zu lesen. Und derjenige, der wirklich 'von Herzen gern' schreibt, den wird es auch nicht stören, wenn es nur einen Menschen gibt, dem seine Worte gefallen - und wenn es nur er selbst ist.

Hach wie poetisch - ist mir aber selbst eingefallen ;-). Soviel als Wort zum Sonntag!
Liebe Grüße Morrigan
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Zu diesem Thema zitiere ich mal aus einer uralten Fernsehserie, in der einer der Helden sich gerade in eine Sängerein verliebt hat und sie – im Versuch, sie zu schützen – bittet, ein Weilchen auf Konzerte zu verzichten. Ihre Antwort (sinngemäß): "Ich leibe es, zu singen. Ich singe auch für mich allein, unter der Dusche. Aber es befriedigt mich mehr, wenn jemand meinem Gesang zuhört."

Wenn du Zufriedenheit finden willst beim Schreiben, dann schreibe über das, über das du auch ohne Publikum schreiben könntest/würdest. Wenn du glücklich werden willst beim/durch das Schreiben, dann schreibe dieses so, dass sich ein Publikum findet. Wenn du nicht unglücklich werden willst, dann erwarte nicht von dir, alle Menschen in deinem Publikum zu finden.

Kunst – da will ich Morrigan mal ein ganz klein wenig dämpfen – ist nicht Selbstzweck, sondern Kommunikation. Bzw. ist es der mehr oder weniger geglückte Versuch von Kommunikation: Erreicht der Künstler eine Antwort, dann ist der Versuch geglückt, löst er keine Reaktion in seinem Gegenüber aus, ist der Versuch missglückt. Und so wie man sprechen (oder bei Stummen: gebärden) lernen muss, um zu kommunizieren, muss der Künstler lernen, sich verständlich zu machen.
 

Morrigan

Mitglied
HI Jon.

Vielleicht hast du Recht, aber ich bin villeicht auch was Kommunikation angeht auch nicht gerade das Paradebeispiel - ich habe immer schon gern mit mir selbst gesprochen, wenn sonst keiner da war ;-). Von daher könnte ich auch zufrieden damit sein, wenn keiner außer mir meine Geschichten mögen würde - was aber glaube ich dann doch nicht so oft vorkommt ;-). Von daher ist das mit dem Slebstzweck nur meine eigene Meinung, keine Lebensweisheit.
Liebe Grüße Morrigan
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Ganz breit grins…

…und eben weil du eher/lieber?/durchaus MIT DIR selbst SPRICHST, brauchst du zur Kommunikation MIT ANDEREN das SCHREIBEN. Weil du sie nicht zum ZUHÖREN bringst/bringen willst/bringen kannst, bist du darauf angewiesen, sie zum LESEN zu "zwingen".
(Jedenfalls wage ich mal diesen Analogieschluss zu mir…)
 
L

loona

Gast
Ursprünglich veröffentlicht von Rainbow Warrior
das folgende erdachte gespräch entstand aus originalzitaten von kafka, frisch und goethe (in dieser reihenfolge)

"Niemand wird lesen, was ich hier schreibe."
"Schreiben heißt: sich selber lesen."
"Wer aber nicht eine Million Leser erwartet, sollte keine zeile schreiben."


wie steht ihr dazu?
meines erachtens ist das ein schöner ansatzpunkt bezüglich massenposterei...
Hi Warrior,

sicherlich wäre es interessant, den drei Herren noch ein bißchen weiter zuzuhören. Auffallend ist mal wieder Herr Goethe, der Schreiben auf jeden Fall mit Veröffentlichen gleichzusetzen scheint (ebenso wahrscheinlich Du - ich deute mal den Hinweis auf "Massenposterei" von Dir so). Kafka und Frisch hingegen sehen das Schreiben erst mal als eine Selbsterfahrung und nur Frisch fällt es auf, daß Schreiben auch Lesen bedeutet. Ich komme aus der Fanfictionecke - das ist Schreiben, um zu lesen, was andere Autoren einem nicht liefern wollen ;o) und wenn ich genauer drüber nachdenke, dann schreibe ich immer, wenn mir Musik, Bücher, Gespräche nicht das "geben" (können?), was in in jenem Moment suche. Insofern schreibe ich jedenfalls für meinen ganz persönlichen Wunsch (Drang?) zur Expression. (Und längst nicht alles wird öffentlich zugänglich gemacht. So nah ich Goethe und seinem Weltbild manchmal bin- sein Zitat oben gilt nicht für mich.)

Spannender Beitrag. Danke, Warrior. (Ich hatte unter der Überschrift Anderes erwartet (befürchtet?) ;o) )

Gruß
loona
 
hallo loona,

hmm... ich stimme mit diesem ausspruch goethes auch nicht vollständig überein, nur wenn man etwas veröffentlicht, sollte es schon eine gewisse reife haben. ich hab schon gehört das einige ihre gedichtchen direkt online schreiben und frage mich ob das der qualität (der leselupe und der werke) besonders zuträglich ist.
auch ich habe einige werke in der schublade liegen ohne sie jemals jemanden zeigen zu wollen. wenn ich aber veröffentliche, dann sollte doch das werk schon sein bestes gesicht zeigen! (jedenfalls aber so gut wie es meinen kenntnissen entspricht - für mich bestmöglich)

lg
rw
 



 
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