Seelessehnen
Mitglied
Schutzwesen
Obwohl die dunkle Nacht längst über das Land geschlichen kam, war es dem Frühling entsprechend sehr warm. Oriega rieb sich die haarigen Hände. Gehässiges Lachen entfleuchte seinen wulstigen Lippen. Er wandte sich an die anderen seiner Gruppe von Banditen. Die zweite Anführerin der kleinen Gruppe von Großstadtbalgs war die einzige andere, deren Rang hoch genug war, einen Namen zu rechtfertigen. Ihr Name war Roginetta und sie drehte wieder die borstigen Haare, die von ihren knotigen Spitzohren abstanden. Er hasste das und warf ihr einen bösen Blick zu. Roginetta hörte auf und Oriega begann, noch mal alles zu erklären. Sein knarziges Flüstern ließ alle aufhorchen. „Also! Issn nu kloar, na? Wir’n rein, hol’n Kindnas, dann’n wir’n weg ohne Umschau. Wenn komm’n da Elta’n machn’s kurz.“ Er zog eine rostige, schartige Klinge und machte einen Schwinger. „Iss’n nu klar?“
Die kleine in das niedrige Gras gebeugte Gruppe nickte. Roginetta verdrehte ihr rechtes Auge, das einzige, das sie noch hatte. „Du schon oft’n saacht, man! Iss nu k’nug g’babbelt! Mach ma’n los, hols’n Kindnas, un‘ dann mach ma’n graß fress’n!“
Oriega seufzte, dann holte er mit seiner rechten Pranke aus und versetzte ihr einen donnernden Schlag, dessen Echo in der Dunkelheit davon hallte. Würden sie nicht im Gras hocken, wäre Roginetta durch die Gegend geflogen. Besorgt, man könnte sie durch den Lärm entdeckt haben, spähten die Großstadtbalge in allen Richtungen in die Dunkelheit. Oriega war stinkwütend, vermied es jedoch, zu brüllen: „Schweinsköp, blöda! Kindnas nich fressen wer’n. Großa Lapzch Boss will se füar sich alls Kindnas!“ Roginetta erhob sich aus dem Dreck. Sie fluchte benommen. „Vadammich! War nuan Witzch!“
Oriega rümpfte als Antwort nur seine mehrmals gebrochene Nase. „Wa’umn will’n da Lapzch Boss übahabt Menschnkindnas?“
„Er g’sehn sin guta Sportlas. Er denk’n sin in längra Zaat guta Kriegas.“ Roginetta spuckte angewidert in das flache Gras. Wo ihre Spucke auftraf, verdorrte alles Grüne sofort. „Jetza Schnauz’n! Wia mach’n los.“ Ein Grunzen ging durch die Gruppe, dann verstummten alle.
Sie hockten hinter einem flachen Haus mit rotem Dach. Der zweite Stock war außen mit Holz verkleidet, das war in der Dunkelheit allerdings nur schwer auszumachen, selbst mit ihrer Nachtsicht. Oriega gab das Signal. Sie rückten rasch auf das Haus vor. Die Säbel hatten sie gezogen und hielten sie niedrig über dem Boden, während sie geduckt gingen. Sie erreichten den Garten und setzten über den Zaun hinweg. Der Sternenhimmel spiegelte sich auf den zwei Teichen des Grundstücks wieder. Hölzerne Gartenmöbel standen in einem kleinen japanischen Pavillon. Sie liefen an den Teichen vorbei, wobei sie ohne acht zu geben über ein paar Beete trampelten.
Plötzlich hörte Oriega eine leise Stimme.
Sie waren nur noch zwanzig Meter von der rückseitigen Glastür entfernt und duckten sich zwischen die Beete. Da war die Stimme wieder. Ein Flüstern links von Roginetta warnte sie mit klarer, eiskalter Stimme: „Verschwindet! Macht euch davon! Lasst unsere Herren in Ruhe!“
Roginetta entdeckte, was sie da ansprach. Ein rotgoldener Fisch sah aus dem Wasser. Roginetta zeigte ein breites Grinsen. „Schnauz’n Fischa!"
Die anderen Balge lachten ebenfalls. „Wagt es nicht unsere Herren anzurühren!“
„Was wills’an mach’n? Mich nassspritzan?“ „Weita!“ Die Balge drangen in das Haus ein. Die Tür war offen und es gelang ihnen das Haus zu betreten, ohne jemanden zu wecken. Langsam tauchte der Fisch ab, einer der Balge beobachtete die Stelle, bis die letzten Wasserkräusel verschwunden waren. Ohne ein Geräusch drangen sie über das Wohnzimmer in den Flur ein. Mit boshaftem Geschick fanden sie die Zimmer der Kinder. Oriega zog einen ledernen Beutel von seinem Hüftgurt und betäubte die Kinder mit einem übel riechendem Pulver, welches er diesem entnahm. Erst dann entnahmen sie die Kinder den Betten und machten sich daran, das Haus zu verlassen. Die Träger der Kinder liefen hinten, da sie zu wichtig waren, als dass man sie in normalem Tempo schleppen konnte.
Mit einem Triumphgefühl verließen die Balge das Haus. Sie hasteten quer über das Grundstück als plötzlich eine Frau vor ihnen stand. Erschrocken blieben alle stehen. Die Frau hatte ein feines, längliches Gesicht. Rotgoldene, glänzende Haare fielen über ihre nackten Schultern bis zu ihren Hüften hinab. Eine feine Nase stand über einem perfekten Kussmund. Ihre Haut glänzte ebenfalls rotgolden und war mit weißen und silbernen Flecken übersät. An ihrem Rücken und den Unterarmen standen Flossen, die sich rhythmisch öffneten und schlossen. Auch zwischen ihren nackten Zehen konnte man feine Schwimmhäute entdecken. In ihren großen, schwarzen Augen stand erbarmungslose Wut. Oriega erkannte den Fisch sofort wieder. „Wir warnten euch!“, war alles, was sie sagte. “Was wills’n mach’n, hä?“ Roginetta war sehr selbstbewusst. „Biss nua eina! Mach’n dicha platt un fress’n dich wech!“
Ein Plätschern durchbrach die stille Dunkelheit. Zwanzig bis dreißig Fischmenschen standen überall im Garten. Elegante Schilde und Schwerter wippten in ihren schlanken Fingern. Das Sternenlicht glänzte auf den feinen Schuppen ihrer Körper.
Oriega versuchte die Situation unter seine Kontrolle zu bekommen. Er brauchte zwei Anläufe, bis seine wulstigen, vor Adrenalin zitternden Lippen den Satz herausbrachten. „Machs’te kaan Schiss! Wia ham’n Kindnas von daine Hearn!“
Darauf sah ihn die rotgoldene Frau nur einmal direkt an. „Ach wirklich?“ Wieder war Oriega gezwungen, sich umzusehen. Die Träger der Kinder lagen tot im Gras. Zwei der anderen Fischfrauen trugen die schlafenden Kinder mit sanfter Sorgfalt, wie Heilige, auf ihren Armen. Sie wurden flankiert von weiteren Kriegern, die ein Erreichen der Kinder unmöglich machten. Mit geweiteten Augen sah Roginetta ihn an. „Wia wearn Lapzich nia wida sah’n!“
„Gut erkannt!“In den Händen der rotgoldenen Anführerin der Fischmenschen, erschienen plötzlich zwei lange, filligrane Messer. Oriega wollte losbrüllen, doch da waren die Fischmenschen schon über ihnen. Es dauerte nur Sekunden. Das metallische Geräusch von schneidenden Klingen hallte nur kurz in der Dunkelheit auf. Das blitzen von Sternenlicht auf Metall brannte hell auf, dann war alles vorbei. Die Fischwesen zogen die toten Balge in die mystischen Tiefen der Teiche und verwischten alle Spuren des Gemetzels.
Im krassen Gegensatz zur Grausamkeit des Kampfes trugen sie die Kinder sanft in ihre Betten. Ihre Anführerin, die Rotgoldene, deckte beide sanft zu und befreite sie mit einem vorsichtigen Kuss vom unnatürlichen Schlaf des Pulverzaubers. Dann scheuchte sie ihr Volk zurück in die Teiche. Mit einem Kopfschütteln verschloss sie die Tür und kletterte dann elegant aus einem Fenster des zweiten Geschosses. Als letzte von allen glitt sie zurück in den Teich, bis nur noch ihr Gesicht ab ihrer Oberlippe aufwärts aus dem Wasser ragte. Ihr Haar schwamm weit verteilt auf der Oberfläche. Mit einem letzten Gruß segnete sie das Haus ihrer ahnungslosen Schützlinge. Dann glitt sie hinab. Letzte Wellen schlugen sanft über ihr zusammen und dann ruhte das Wasser wieder.
Obwohl die dunkle Nacht längst über das Land geschlichen kam, war es dem Frühling entsprechend sehr warm. Oriega rieb sich die haarigen Hände. Gehässiges Lachen entfleuchte seinen wulstigen Lippen. Er wandte sich an die anderen seiner Gruppe von Banditen. Die zweite Anführerin der kleinen Gruppe von Großstadtbalgs war die einzige andere, deren Rang hoch genug war, einen Namen zu rechtfertigen. Ihr Name war Roginetta und sie drehte wieder die borstigen Haare, die von ihren knotigen Spitzohren abstanden. Er hasste das und warf ihr einen bösen Blick zu. Roginetta hörte auf und Oriega begann, noch mal alles zu erklären. Sein knarziges Flüstern ließ alle aufhorchen. „Also! Issn nu kloar, na? Wir’n rein, hol’n Kindnas, dann’n wir’n weg ohne Umschau. Wenn komm’n da Elta’n machn’s kurz.“ Er zog eine rostige, schartige Klinge und machte einen Schwinger. „Iss’n nu klar?“
Die kleine in das niedrige Gras gebeugte Gruppe nickte. Roginetta verdrehte ihr rechtes Auge, das einzige, das sie noch hatte. „Du schon oft’n saacht, man! Iss nu k’nug g’babbelt! Mach ma’n los, hols’n Kindnas, un‘ dann mach ma’n graß fress’n!“
Oriega seufzte, dann holte er mit seiner rechten Pranke aus und versetzte ihr einen donnernden Schlag, dessen Echo in der Dunkelheit davon hallte. Würden sie nicht im Gras hocken, wäre Roginetta durch die Gegend geflogen. Besorgt, man könnte sie durch den Lärm entdeckt haben, spähten die Großstadtbalge in allen Richtungen in die Dunkelheit. Oriega war stinkwütend, vermied es jedoch, zu brüllen: „Schweinsköp, blöda! Kindnas nich fressen wer’n. Großa Lapzch Boss will se füar sich alls Kindnas!“ Roginetta erhob sich aus dem Dreck. Sie fluchte benommen. „Vadammich! War nuan Witzch!“
Oriega rümpfte als Antwort nur seine mehrmals gebrochene Nase. „Wa’umn will’n da Lapzch Boss übahabt Menschnkindnas?“
„Er g’sehn sin guta Sportlas. Er denk’n sin in längra Zaat guta Kriegas.“ Roginetta spuckte angewidert in das flache Gras. Wo ihre Spucke auftraf, verdorrte alles Grüne sofort. „Jetza Schnauz’n! Wia mach’n los.“ Ein Grunzen ging durch die Gruppe, dann verstummten alle.
Sie hockten hinter einem flachen Haus mit rotem Dach. Der zweite Stock war außen mit Holz verkleidet, das war in der Dunkelheit allerdings nur schwer auszumachen, selbst mit ihrer Nachtsicht. Oriega gab das Signal. Sie rückten rasch auf das Haus vor. Die Säbel hatten sie gezogen und hielten sie niedrig über dem Boden, während sie geduckt gingen. Sie erreichten den Garten und setzten über den Zaun hinweg. Der Sternenhimmel spiegelte sich auf den zwei Teichen des Grundstücks wieder. Hölzerne Gartenmöbel standen in einem kleinen japanischen Pavillon. Sie liefen an den Teichen vorbei, wobei sie ohne acht zu geben über ein paar Beete trampelten.
Plötzlich hörte Oriega eine leise Stimme.
Sie waren nur noch zwanzig Meter von der rückseitigen Glastür entfernt und duckten sich zwischen die Beete. Da war die Stimme wieder. Ein Flüstern links von Roginetta warnte sie mit klarer, eiskalter Stimme: „Verschwindet! Macht euch davon! Lasst unsere Herren in Ruhe!“
Roginetta entdeckte, was sie da ansprach. Ein rotgoldener Fisch sah aus dem Wasser. Roginetta zeigte ein breites Grinsen. „Schnauz’n Fischa!"
Die anderen Balge lachten ebenfalls. „Wagt es nicht unsere Herren anzurühren!“
„Was wills’an mach’n? Mich nassspritzan?“ „Weita!“ Die Balge drangen in das Haus ein. Die Tür war offen und es gelang ihnen das Haus zu betreten, ohne jemanden zu wecken. Langsam tauchte der Fisch ab, einer der Balge beobachtete die Stelle, bis die letzten Wasserkräusel verschwunden waren. Ohne ein Geräusch drangen sie über das Wohnzimmer in den Flur ein. Mit boshaftem Geschick fanden sie die Zimmer der Kinder. Oriega zog einen ledernen Beutel von seinem Hüftgurt und betäubte die Kinder mit einem übel riechendem Pulver, welches er diesem entnahm. Erst dann entnahmen sie die Kinder den Betten und machten sich daran, das Haus zu verlassen. Die Träger der Kinder liefen hinten, da sie zu wichtig waren, als dass man sie in normalem Tempo schleppen konnte.
Mit einem Triumphgefühl verließen die Balge das Haus. Sie hasteten quer über das Grundstück als plötzlich eine Frau vor ihnen stand. Erschrocken blieben alle stehen. Die Frau hatte ein feines, längliches Gesicht. Rotgoldene, glänzende Haare fielen über ihre nackten Schultern bis zu ihren Hüften hinab. Eine feine Nase stand über einem perfekten Kussmund. Ihre Haut glänzte ebenfalls rotgolden und war mit weißen und silbernen Flecken übersät. An ihrem Rücken und den Unterarmen standen Flossen, die sich rhythmisch öffneten und schlossen. Auch zwischen ihren nackten Zehen konnte man feine Schwimmhäute entdecken. In ihren großen, schwarzen Augen stand erbarmungslose Wut. Oriega erkannte den Fisch sofort wieder. „Wir warnten euch!“, war alles, was sie sagte. “Was wills’n mach’n, hä?“ Roginetta war sehr selbstbewusst. „Biss nua eina! Mach’n dicha platt un fress’n dich wech!“
Ein Plätschern durchbrach die stille Dunkelheit. Zwanzig bis dreißig Fischmenschen standen überall im Garten. Elegante Schilde und Schwerter wippten in ihren schlanken Fingern. Das Sternenlicht glänzte auf den feinen Schuppen ihrer Körper.
Oriega versuchte die Situation unter seine Kontrolle zu bekommen. Er brauchte zwei Anläufe, bis seine wulstigen, vor Adrenalin zitternden Lippen den Satz herausbrachten. „Machs’te kaan Schiss! Wia ham’n Kindnas von daine Hearn!“
Darauf sah ihn die rotgoldene Frau nur einmal direkt an. „Ach wirklich?“ Wieder war Oriega gezwungen, sich umzusehen. Die Träger der Kinder lagen tot im Gras. Zwei der anderen Fischfrauen trugen die schlafenden Kinder mit sanfter Sorgfalt, wie Heilige, auf ihren Armen. Sie wurden flankiert von weiteren Kriegern, die ein Erreichen der Kinder unmöglich machten. Mit geweiteten Augen sah Roginetta ihn an. „Wia wearn Lapzich nia wida sah’n!“
„Gut erkannt!“In den Händen der rotgoldenen Anführerin der Fischmenschen, erschienen plötzlich zwei lange, filligrane Messer. Oriega wollte losbrüllen, doch da waren die Fischmenschen schon über ihnen. Es dauerte nur Sekunden. Das metallische Geräusch von schneidenden Klingen hallte nur kurz in der Dunkelheit auf. Das blitzen von Sternenlicht auf Metall brannte hell auf, dann war alles vorbei. Die Fischwesen zogen die toten Balge in die mystischen Tiefen der Teiche und verwischten alle Spuren des Gemetzels.
Im krassen Gegensatz zur Grausamkeit des Kampfes trugen sie die Kinder sanft in ihre Betten. Ihre Anführerin, die Rotgoldene, deckte beide sanft zu und befreite sie mit einem vorsichtigen Kuss vom unnatürlichen Schlaf des Pulverzaubers. Dann scheuchte sie ihr Volk zurück in die Teiche. Mit einem Kopfschütteln verschloss sie die Tür und kletterte dann elegant aus einem Fenster des zweiten Geschosses. Als letzte von allen glitt sie zurück in den Teich, bis nur noch ihr Gesicht ab ihrer Oberlippe aufwärts aus dem Wasser ragte. Ihr Haar schwamm weit verteilt auf der Oberfläche. Mit einem letzten Gruß segnete sie das Haus ihrer ahnungslosen Schützlinge. Dann glitt sie hinab. Letzte Wellen schlugen sanft über ihr zusammen und dann ruhte das Wasser wieder.