Schwereloses Protokoll

5,00 Stern(e) 4 Bewertungen

seefeldmaren

Mitglied
zwischen zwei Atemzügen
schwenkt das Licht
in eine andere Umlaufbahn

ihre Stimme ist
ein Becken voller Regentropfen
mit der Temperatur von Kindheit
die Möbel: auf Kippe
als hätten sie den Körper vergessen
der sie einmal gestützt hat

am Küchentisch
kniet eine Kaffeetasse
im Schatten der eigenen Henkelkurve
das Wort Mutter
löst sich von der Zunge
Mutter...
und driftet ab
wie ein Satellit ohne Funkkontakt

ein Messer blitzt
beim Umfallen
kurz auf im Licht
und es ist nicht klar,
ob es fällt
oder schon gefallen ist
 

Ubertas

Mitglied
Liebe Maren,
kein Kommentar dieser Welt könnte das Gefühl, das mit deinen Zeilen ist, beschreiben.
Liebe Grüße ubertas
 

Rachel

Mitglied
Schwereloses Protokoll. Mit der Überschrift formiert sich (für mich) eine seltsame Verbindung, die ... zustande kommt oder zum Stand kommt. Was will schwerelos? Der Tod der Mutter? Eher nicht. Aber das Loslassen, zumindest das, könnte doch mal lyrisch protokolliert werden und damit in eine gewisse innere Ordnung gebracht werden. Aber dieses Festhalten ist kein bürokratisches Lesen ... dieser Schatten an der Tasse, der sieht dem Original sehr bedingt ähnlich.

Man könnte zu diesem Gedicht natürlich noch viel mehr sagen und finden. :)
 

seefeldmaren

Mitglied
Liebe Rachel,

ich danke Dir für deinen Kommentar und deine Gedanken!
Die Schwerelosigkeit trägt im Kern auch einen Kontrollverlust und dem Entzug von Gewichtskraft.

Maren
 

Rachel

Mitglied
Grüß dich, Maren. :)

Die Schwerelosigkeit trägt im Kern auch einen Kontrollverlust und dem Entzug von Gewichtskraft.
Durchaus, kommt auch an: "die Möbel auf Kippe" - "... Körper vergessen"

Oder hier: Wenn drei Pünktchen (Mutter... ) direkt am Wort hängen, fehlen Buchstaben; es könnte also Mutterirgendwas, von mir aus Mutterkuchen heißen, aber - etwas driftet ab "wie ein Satellit ohne Funkkontakt".

Das ist fein und variantenreich gemacht. Kompliment.

Form und Inhalt: Da war ich versucht, noch ein Erscheinungsbild auszuprobieren:


zwischen zwei Atemzügen schwenkt das Licht in eine andere Umlaufbahn
ihre Stimme ist ein Becken voller Regentropfen mit der Temperatur von Kindheit
die Möbel: auf Kippe als hätten sie den Körper vergessen, der sie einmal gestützt hat

am Küchentisch kniet eine Kaffeetasse im Schatten der eigenen Henkelkurve
das Wort Mutter löst sich von der Zunge


Mutter...

und driftet ab wie ein Satellit ohne Funkkontakt - ein Messer blitzt beim Umfallen kurz auf im Licht
und es ist nicht klar, ob es fällt oder schon gefallen ist



LG, Rachel
 

seefeldmaren

Mitglied
Hallo Rachel,

dein Formvorschlag goutiert sehr! Er wirkt auf mich gelassener und freier, aber auch weiser, quasi sich selbst ausschreibend.
Sich die Zeit gebend fließen (gehen) zu können.
Vielleicht werde ich deinen Vorschlag übernehmen. Ja, ich denke schon!

Und danke für das Lob! :)

Maren
 



 
Oben Unten