Selbstjutiz

Ich tauche unter und zugleich verblaßt der schrille Klang der
trockenen Welt. Hier aber ist es dumpf und leise, ruhig und
naß, dennoch sprudelnd lebendig. An meinen Ohrenen
drückt das Wasser, woran man sich bald gewöhnt hat.
Ich öffne meinen Mund, der sich augenblicklich mit dem
Elixier des Lebens füllt - dann blubber ich herum und
betrachte die aufsteigenden Luftblasen. Ein wenig mit den
Händen paddelnd, taste ich mich den Grund entlang.
Ich befinde mich etwa zwölf Meilen unter der
Wasseroberfläche. Hier ist es dunkel, finde ich , und meine
Augen beginnen wie Scheinwerfer zu leuchten,
weisen mir den Weg zu einer Tiefseehhöhle. Merkwürdige
Fische schwimmen mir hin und wieder in den Rachen und
sättigen mich - schmecken tun sie aber nicht. Die Gruft ist
tapeziert mit bunter Blümchentapete, die mir gefällt und von
der ich unbesonnen ein Stück abreiße, um es als Muster für
meine spätere Wohnung aufzubewahren. Ein großer,
gefräßiger Hai - der Höhleneigentümer hat dies bemerkt und
ist daher entsetzlich zornig, will mich vertilgen.
Akut ergreife ich die Flucht und hänge meinen Verfolger ab.
Allerdings habe ich schon ein schlechtes Gewissen, daß der
Hai nun meinetwegen sein Wohnzimmer neu tapezieren muß
, wobei dies doch unter Wasser ohnehin nicht so problemlos
gelingt, weil sich doch der Kleister ständig löst, da man ihn
nicht zu stark verdünnen darf. Ich schieße mir noch mit
meinen Händen, die ich zu einem Fotogerät umforme ein
Photo zur Erinnerung und kurze Zeit später
werde ich in einem Netz an Bord eines japanischen
Fischerbootes gezogen. Dort ergeben sich großen
Verständigungsschwierigkeiten. Irgendwie gelingt es mir
trotzdem zurück in mein Haus in der Toskana zu gelangen.
Dann wandere ich ganz ohne Auto bis nach Foto-Allkauf,
um mir ein Album zu kaufen, weil ich keines besitze und ich
will ja mein Photo einkleben. Der Verkäufer ist zunächst
sehr hilfsbereit und zuvorkommend, offenbart aber bald sein
wahres Ich: Es ist der gefräßige Hai, der mir gefolgt ist und
mich nun als Racheakt verzerrt. Ich aber habe mein Photo
dabei, weil ich testen wollte, wie es zu dem Album paßt, daß
ich mir zu kaufen gedachte, und schneide damit dem großen
Fisch im Anzug seinen Bauch von innen auf, denn dieses
Photo ist relativ scharf . Der Hai ist nun tot, sein Bauch
aufgeschlitzt und sein Anzug ist auch nicht unversehrt
geblieben. Da mich das Ungetüm aber nicht mit einem
Happen verschluckt, sondern gekaut hat - bröckle ich nun
stückweise aus dem Magen heraus auf den Fußboden, raffe
mich zusammen und verlasse ohne eine Album zu kaufen
den Laden. Das Photo zerreiße ich und werfe es einfach vor
mir irgendwo auf den Boden , denn es würde sonst ständig
in mir diese schlechten Erinnerungen herbeirufen.
 



 
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