Lieber Jongleur,
Danke für Deine freundliche Bewertung ! Ein paar Zeilen mit dem Versuch einer Deutung: wenn ich morgens miesmutig und noch müde aufwache, kann ich manchmal kaum aus den Augen schauen. Statt der wunderbaren Sehwerkzeuge habe ich zwei klebrige, lichtempfindlihe Schleimklumpen im Gesicht, die zu früher Stunde wenig taugen. Zugegeben, ein vielleicht übertrieben hartes (und ekliges) Bild, aber es spiegelt die sinistren Gedanken, die mich beim Schreiben heimgesucht haben. Und jenseits des Wunders der Sehfähigkeit sind doch diese Organe (wie auch andere) im Grunde nur Gewebe, Blut, Glibber. Wenn wir sterben, faulen sie als erstes weg. Und das Gedicht, in melancholischer Herbststimmung geschrieben, befaßt sich mit Tod und Ende. Auch das Gesicht ist, mag es nun noch so interessant, markant oder schön sein, nur dazu bestimmt, zu Erde, also zu Ton zu werden. Der Betrachter sieht einen Apfel ins Wasser fallen. Eben noch rot und saftstrotzend, stürzt er in den Fluß und ist fort, verschluckt vom bleigrauen, kaum bewegten Wasser (so sah es an diesem Tag aus), mögliche konzentrische Ringe nimmt er nicht wahr. Genauso wird auch er enden. Undeutlich spiegeln sich Vögel in der Flut. Der nahende Winter, die schwarze (schwarz im Sinne von tot), schweigende Natur, wird ihren Flug lähmen. Sie werden im Winter verhungern oder ziehen fort, fliegen über den Fluß, lassen mich allein und ohne Trost zurück. Trauer und Verlassenheit bleiben und die Frage: woher und von wem soll Liebe - und damit Lebenswille - kommen. Der Schreiber ist so in seiner Elegie gefangen, daß er auf die auch möglihe Frage "wem werde ich Liebe geben" gar nicht kommt. So in etwa waren die Gedanken beim Schreiben des Textes.
Eine schöne Woche wünscht Dir
Daunelt