Sherlock Holmes und das auslaufende Copyright

Papiertiger

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Es war noch früh am Morgen an diesem kalten Januartag als ich in die Baker Street eilte, um meinen alten Freund Sherlock Holmes einen Besuch abzustatten. Ein feiner Schnee fiel herab und verlieh der Umgebung etwas Stilles und Friedliches, doch diese Ruhe sollte schon bald abrupt abbrechen. Als ich die Wohnstube betrat, erschrak ich. Holmes trug zwar wie gewohnt seine Schiebermütze, aber sie war voller Aufnäher. Netflix. Disney+. Nicorette. War hatte das zu bedeuten, fragte ich mich.
„Frohes neues Jahr, mein lieber Freund“, begrüßte ich den Meisterdetektiv.
„Dankeschön. Das wünsche ich Ihnen auch, mein lieber Watson! Wobei: Ist es wirklich so ein fröhlicher Anlass?“, er senkte sein Exemplar der Tageszeitung, mein Blick fiel auf die Schlagzeile: „Ab sofort Allgemeingut. Micky Maus, Winnie Pooh, Tarzan und Sherlock Holmes ab sofort Public Domain“
Das Telefon schellte. Holmes rollte mit den Augen.
„Wollen Sie nicht abheben?“
Er schüttelte den Kopf.
Der Anrufberater sprang an. Eine aufgedrehte Stimme, die viel zu schnell sprach, legte sofort los: „Lieber Mr. Holmes, hier spricht Mitch Porter von der Allianz. Wir möchten Ihnen ein Angebot für eine umfassende Rechtsschutzversicherung unterbreiten, damit sie vor unerwünschter Nutzung Ihrer Persönlichkeitsrechte geschützt sind. Bitte rufen Sie mich schnellstmöglich zurück. Und: Ein Frohes neues Jahr für Sie. Ich bin ein großer Fan von Ihnen seit mir meine Urgroßoma ihre Geschichten vorlas. PIEP“
Ich schmunzelte. „Alt werden ist nichts für schwache Charaktere“
„In der Tat, mein Freund. Aber die Pflicht ruft, wir haben gleich einen Termin mit meinen Freund Mycroft beim MI5.“

Wir fuhren mit einem selbst fahrenden Fahrzeug zum Geheimdienst. Im Gebäude warteten bereits die Konkurrenten: James Bond, Inspektor Clouseau aus Frankreich, Percy Pickwick aus einem mir völlig unbekannten Ort im Vereinigten Königreich, und die Ermittler Inspektor Gadget aus den USA, der einen sehr cartoonartigen Eindruck machte und Natasha Romanoff aus Russland. Während der Besprechung versuchte Gadget mit allerlei Tricks zum Lachen zu bringen, doch die Dame war stark damit beschäftigt den Annäherungsversuchen von Bond Paroli zu bieten.
Die Tür des Besprechungsraums flog auf und ein Mann betrat den Raum, alle Augen auf sich ziehend.
„Gentlemen! Lady!“, begann er mit tiefer, dominanter Stimme, „Mein Name tut nichts zur Sache. Meine Aufgabe von der Regierung ist klar und einfach: Ich soll eine Gruppe der besten Ermittler der Welt zusammenstellen, um die Dinge wieder ins Lot zu bringen. Wie Ihnen sicher bekannt ist, gibt es inzwischen einen Horrorfilm mit Winnie Pooh. Und das was nach „Fifty Shades of Grey“ die verklemmten Spießer in den Baumarkt trieb, um dort Kabelbinder zu kaufen, das haben wir nun mit Sonderwünschen bei den Handschuhmachern.“
„Dieser Micky-Fetisch ist einfach krank, wenn sie mich fragen!“, sagt Clouseau.
Bond errötet leicht.
„Jedenfalls“, fährt der namenlose Mann fort, „Es muss jetzt Schluss damit sein unsere geliebten Helden in den Schmutz zu ziehen. Ihre erste Mission beginnt am Montag. Eine Razzia auf einem Schrottplatz in Kalifornien. Dort geben sich drei Männer in ihren 50ern als Kinder aus und eine Orange ist dort Präsident…“
„Ist das eventuell ein Übersetzungsfehler?“, fragt Pickwick.
„Ähm“ überlegt der Boss kurz, „Nein. Das wurde gegen gecheckt. Also wie gesagt am Montag beginnt ihre erste Mission, Codename: Die drei Pädophilen und das Rätsel der sprechenden Orange. Wegtreten!“
 



 
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