Liebe Elke,
nein, Humor würde sicherlich nicht zu deinen Zeilen passen. Doch Hermes hatte kleine Flügelchen an seinen Fersen und der Feuerhuf als solches fügt dem Bild ein weiteres Detail zu. Es ist nicht humorig gemeint, wäre es jedoch in diesem Sinne geschrieben, würde das Bild für mich besser funktionieren. Natürlich würde es dann nicht mehr zum Thema des Gedichtes passen. Wenn du zwischen der griechischen Mythologie und der Jetzt-Zeit (Situation Verkehr) springst, dann kann das sehr reizvoll sein, doch ich würde überlegen, ob ich bei der Wahl meiner Bilder nicht bei diesen beiden Themen bleiben würde. Dann noch der Feuerhuf, das Eis und die Rosen sind mir persönlich zu viel, weil sie eine zu große Assoziationsvielfalt mit sich bringen. Gehst du nun mit dem Feuerhuf in den chinesischen Bereich, tun sich gleich weitere Türen auf, die mir persönlich zu viele sind.
Jetzt möchte ich dir aber gerne noch sagen, dass ich sehr froh bin, dass du meinen Kommentar so positiv aufgenommen hast. Es macht sehr viel Freude, sich mit einem Gedicht auseinanderzusetzen, bei dem man merkt, dass es starke Emotionen und ebenso starkes Potential in sich trägt. Es fällt eigentlich nicht schwer, sich in deinen Zeilen zu verlieren, da die Stärke der Bilder einen mitreißen kann, mich beschäftigt nur die Frage, wie rund und fertig ist die ganze Sache.
Ich denke, der Zeilenbruch ist immer ein Mittel, das bewusst eingesetzt werden sollte. Tust du es nicht, vergibst du eine Möglichkeit, deinen Zeilen die richtige Wendung und Betonung zu geben.
Ich habe hier mal ein Beispiel von Elisabeth Alexander rausgesucht:
Anders
ist die Nacht
geworden
anders der Tag
die Stunde
anders die Liebe
anders
der Liebende
nicht anders
geworden
ist die Sehnsucht
Die Schreiberin wollte durch diesen Zeilenbruch die Betonung ganz klar auf den Wechsel, also auf das 'anders' legen. Am Ende liegt jedoch die Betonung auf der Sehnsucht. (Ich hätte das Wort 'ist' in der letzten Reihe nicht gebraucht, dann wäre die Betonung noch stärker gewesen.) In diesem Schlusssatz wird jetzt nicht mehr das Wort 'anders' betont, sondern die Sehnsucht. Durch die vorangegangenen Zeilen wird durch den Wechsel das Wort stark in den Vordergrund gerückt. Das untere Beispiel liest sich m.E. längst nicht so stark. Ein anderer Zeilenbruch bewirkt, dass die Betonung nun auf der Zeit (Nacht, Tag, Stunde sowie auf Liebe, Liebende) liegt. (Der Satz wurde wie in deinem Gedicht als Satz gelassen und nur gebrochen):
Die Nacht ist
anders geworden
der Tag ist anders
die Stunde
die Liebe ist anders
der Liebende
die Sehnsucht ist
nicht anders geworden
Es gibt viele Regeln zum Zeilenbruch, doch, wie ich meine, sollte der Bauch immer das letzte Wort haben. Bei manchen Brüchen kann man nicht erklären, warum man sie so gesetzt hat, wie sie nun mal gesetzt wurden. Und das ist auch gut so. Von daher machst du es sicherlich schon richtig, indem du dich auf dein Gefühl verlässt. Wichtig ist jedoch zu wissen, welche Möglichkeiten einem der Zeilenbruch lässt. Es gibt einige Lyriker, die ihr Gedicht als Fließtext schreiben und erst nachträglich die Zeilenbrüche einfügen. Witzig ist auch, das Gedicht formatiert als Blocksatz zu schreiben und die Zeilenbrüche vom Computer bestimmen zu lassen. (Natürlich muss man sie dann nicht so lassen) Doch all dies dient dazu, den Text aus verschiedenen Blickwinkeln zu lesen und manchmal eröffnen sich dadurch neue und bislang unentdeckte Perspektiven.
LG
Sandra