Sierpinski-Dreieck

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Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Im Dreieck erzeuge drei ihm selbst ähnliche kleine Dreiecke im Innern.
Und jedes der ähnlichen Dreiecke berühre mit einer Spitze die Mitte des äußeren Dreiecks.
Die Seiten der Dreiecke bilden ein ähnliches Dreieck in der Mitte.

Und für jedes der äußeren Dreiecke im Inneren des Dreiecks erzeuge drei ihm selbst ähnliche kleine Dreiecke im Innern seines Selbst.
Und jedes der ähnlichen Dreiecke berühre mit einer Spitze die Mitte des inneren äußeren Dreiecks.
Eine Seite eines jeden Dreiecks bilde jeweils ein ähnliches Dreieck in der Mitte.

Nunmehr wiederhole den Prozess in der mittleren der drei Strophen solange,
bis du fertig bist und die Grenze der Dreiecke erreichst.
So wird das unendlich Kleine unendlich groß.
Dann sei das Ende aller Tage gekommen
und das vollkommenste allen Chaos' erreicht
und du begreifst das Wesen der Lyrik.
 

Perry

Mitglied
Hallo Bernd,

ja ein interessantes mathematisches Phänomen, das Du hier dargestellt hast.
Den "Schluss-Schluss" halte ich jedoch für etwas gewagt, denn wenn sich Lyrik mathematisch ergründen ließe, dann würden wohl längst Computer Gedichte schreiben.
LG
Manfred
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Danke für den Diskussionspunk, und ich freue mich, dass genau dieser kommt.
Der Schluss mag gewagt sein, aber wir haben es mit einem unendlichen Prozess zu tun. Mathematisch kann man nie zu Ende kommen, wohl aber lyrisch.
Das Gedicht enthält in gewisser Weise eine Art "Schwarzes Loch", das nicht Materie, sondern Zeit in sich zieht - und tut es doch nicht.
Und es ist keine Mathematik, wenngleich es so auszusehen scheint.
Es ist eine Metapher der Struktur von Lyrik.
 
O

orlando

Gast
Das läuft bei euch jetzt auch unter Lyrik, nicht wahr?
Allmählich gewinne ich den Eindruck, dass sich in der LL Formen entwickeln, die nirgends sonst irgendeine Erwähnung finden: Sierpinkische Lupenfraktelette, ohne Sahne, aber mit viel Käse.
Bei so viel Kreativität wird mir die Armseligkeit meines eigenen Denkens und lyrischen Bemühens so recht von Herzen bewusst. - An irgendeinem Punkt muss ich nicht aufgepasst haben ...

orlando
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Es ist entfernt verwandt zur Kuhlmannschen Poesie, mit dem Unterschied, dass es mehrere Ebenen hat, und nur eine davon tatsächlich generierend wirkt.

Eine der Ebenen ist: Gehorche nicht.

Und erst dann wird es lyrisch.

Nur scheinbar ist es ein Algorithmus und nur scheinbar geht es um Fraktale.

Auch wenn es so aussehen mag, das Gedicht ist nicht mathematisch, es verwendet, wenn man so will, ein paar Begriffe, die aus der Mathematik stammen, tatsächlich aber Metaphern sind.

PS:
Hallo, Orlando, ich habe deine scheinbar anerkennenden Worte nochmal gelesen, es sieht so aus, als seien sie ironisch gemeint. Und als habe Dich mein Werk verärgert.
Das ist keineswegs beabsichtigt. Es ist durchaus etwas abseits vom Mainstream. Aber es ist Lyrik. Wobei ich natürlich sehe, dass traditionelle und ernsthafte Sachen eher ankommen.
 
O

orlando

Gast
Ich lerne ausgesprochen gern dazu, Bernd.
Wo liegen denn beispielsweise die lyrischen Elemente von:
Im Dreieck erzeuge drei ihm selbst ähnliche kleine Dreiecke im Innern.
Und jedes der ähnlichen Dreiecke berühre mit einer Spitze die Mitte des äußeren Dreiecks.
Die Seiten der Dreiecke bilden ein ähnliches Dreieck in der Mitte.
Das interessiert mich wirklich sehr!
Nach meinem Dafürhalten handelt es sich um einen Fließtext, der m. E. einem Lehrbuch für kleine Rechenkünstler entnommen sein könnte.
Nicht, dass ich mich in diesem Bereich besonders firm fühlte ...
Sierpinski-Dichtung ist ausgewiesen. Doch ob es sich bei dir wohl um eine solche handelt?
Gespannte Grüße
orlando
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Wir haben mehrere Details.
1. Erhabene, teilweise gebundene und melodische Sprache.
2. Binnenreimähnliche Strukturen Assonanzen. (Dreieck - Dreieck) - das zieht sich durch.
3. Metaphern.
4. Einteilung der Strophe in drei ähnliche, parallellaufende Verse.
5. Sich wiederholende Strukturen. Leider erfolgt ein Zeilenumbruch auf dem Bildschirm. Es sind Langzeilenverse.

Im übrigen habe ich hier Dreieck nicht näher definiert. Es können sehr verschiedenartige Gebilde sein. Selbst Dreiecksbeziehungen wären möglich.
Die externe Oberflächenstruktur ist an Mathematik angelehnt. Die Tiefenstruktur nicht, sie beruht auf Ähnlichkeit.


Vergleiche auch "Die dampfenden Hälse der Pferde ..."
Es handelt sich hier nicht um ein Kochbuch.
 
O

orlando

Gast
Herzlichen Dank für deine Antworten, Bernd,
die mich leider nicht zu überzeugen vermögen.
Aber das müssen sie hier ja auch nicht. ;)
LG, orlando
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Es ging ja nicht darum, ob es gefällt, sondern warum ich es als Lyrik eingeordnet habe.
Deshalb sehe ich den Disput als nützlich. Kontroversen bringen oftmals weiter.

Der wesentlichste Punkt: Es ist keine mathematische Aufgabe, auch wenn es so aussieht.

Wenn jemand es als "echte" Aufgabe ansieht, dann wird er entweder verhungern, ehe er fertig wird, oder es abbrechen.

Die Aufgabe ist genauso unlösbar, wie die von Sysiphos mit seiner Kugel, vielleicht gar noch unlösbarer.

Die Lösung ist: Gehorche nicht.

Breche aus dem Schema aus.

Oder du wirst verhungern.

Nicht alles, was man machen soll, muss man machen.

Das ist die Tiefenstruktur des Gedichtes.
Genauer, ein Teil davon.

Und: Keiner wird auf die Idee kommen, die Strophen wörtlich zu nehmen.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Binnenreime:

Im Dreieck erzeuge drei ihm selbst ähnliche kleine Dreiecke im Innern.
Und jedes der ähnlichen Dreiecke berühre mit einer Spitze die Mitte des äußeren Dreiecks.
Die Seiten der Dreiecke bilden ein ähnliches Dreieck in der Mitte.

= identische Reime

Im Dreieck erzeuge drei ihm selbst ähnliche kleine Dreiecke im Innern.

PS: Ich hatte den vorigen Beitrag noch etwas ergänzt.

Jedes Wort reimt sich mit sich selbst.
Wiederholungen sind identische Reime.
 
O

orlando

Gast
Lieber Bernd,
ich habe keinerlei Spaß daran, dich in irgendeiner Weise bloßzustellen. Das musst du mir glauben.
Die Gefahr, die ich bei deiner lockeren bis kühnen Einstellung gegenüber der Lyrik sehe, ist, dass nun noch mehr Leute glauben werden, dass es möglich sei, aus dem Stand ein Gedicht zu verfassen. Und zu veröffentlichen.
LG, orlando

An diesem Punkt möchte ich mich gern aus der Diskussion verabschieden (Erfahrungsvieren ;) )
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Aus dem Stand heraus kann ich so ein Gedicht nicht schreiben.
Die Reimstruktur ist aber nicht wesentlich.
Wiederholungen sind tatsächlich wesentlich mehr da.

Für dieses spezielle Werk habe ich mehrere Stunden gebraucht.
Es gabe etwa 5 verschiedene Versionen.
 

Val Sidal

Mitglied
Bernd,

ich habe mit deinem Gedicht ein wenig gespielt:

[blue]Im Dreieck erzeuge drei ihm selbst ähnliche kleine Dreiecke im Innern.
Und jedes der ähnlichen Dreiecke berühre mit einer Spitze die Mitte des äußeren Dreiecks.
Die Seiten der Dreiecke bilden das ähnliche Dreieck in der Mitte.

So wird das vollkommenste allen Chaos' erreicht und
das unendlich Kleine am Ende aller Tage unendlich groß –
im Prozess:

Und für jedes der äußeren Dreiecke im Inneren des Dreiecks erzeuge drei ihm selbst ähnliche kleine Dreiecke im Innern seines Selbst.
Und jedes der ähnlichen Dreiecke berühre mit einer Spitze die Mitte des inneren äußeren Dreiecks.
Eine Seite eines jeden Dreiecks bilde jeweils das ähnliche Dreieck in der Mitte.
Nunmehr wiederhole den Prozess solange,
bis du fertig bist und die Grenze der Dreiecke erreichst.

So wird das unendlich Kleine unendlich groß,
und dann sei das Ende aller Tage gekommen
und das vollkommenste allen Chaos' erreicht

und du begreifst das Wesen der Lyrik.
[/blue]
... nur aus Spaß an der Freud' ...
 



 
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