Silende (Teiltext 1)

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Nyxon

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SILENCE

Gott war tot!
Das hatte sie sich inzwischen klargemacht. Gott war ein lausiger, kleiner Mann, der sich einen Dreck um seine Leute scherte. Wahrscheinlich saß er oben im Himmel, trank Bier, futterte sich einen dicken Bauch an und vögelte sich reihenweise durch seine süße Engelsschar. Irgendwann in seinem lausigen Leben hatte sich Gott mal ein paar Tage Arbeit geleistet und die Welt erschaffen, dann hatte er sich auf seinen fetten Arsch gesetzt, einmal laut gefurzt, um den Menschen Leben einzuhauchen und seitdem hatte er wahrscheinlich keinen Finger gerührt. Er lebte von den Zinsen seiner Welt – den Millionen gottesfürchtigen Typen, die in die Kirche oder auf einen Berg rannten, um ihm zu huldigen; die lebten, um seine Macht zu spüren und ihm am besten noch am Himmelstor einen kräftig zu blasen. Sie hatte nie zu dieser Gruppe gehören wollen. Sie hatte nie an irgendeinen Gott geglaubt und hatte sich nur ein paar Mal dazu hinreißen lassen, in die Kirche zu gehen. Wenn ihre Großmutter nicht gewesen wäre, hätte sie bestimmt nie freiwillig eine Kirche von innen gesehen.
Ihre Großmutter hatte sie immer dazu bewegt, in das Gotteshaus mitzugehen. „Du brauchst nicht an Gott zu glauben, um in eine Kirche zu gehen. Du brauchst nicht einmal an irgendeine Macht zu glauben. Die einzige Überzeugung, die du brauchst, ist, dass du dein Leben richtig gestaltest. Gott ist nur eine Vokabel, die du gegen alles Mögliche ersetzen kannst, bist du dir dieser Sache sicher.“ Das hatte sie sich zu Herzen genommen und war mitgegangen. Jedes Mal, wenn ihre Großmutter die Familie besuchte und in die Kirche ging, begleitete sie die alte Dame. Nicht, weil sie es tatsächlich wollte, sondern in erster Linie, damit ihre Großmutter einen guten Eindruck von ihr hatte. An was sie selbst glaubte, was sie für die Vokabel Gott einsetzte, war ihr manchmal selbst nicht klar.
In der Kirche war sie schon lange nicht mehr gewesen. Auch am Tag der Beerdigung ihrer Großmutter hatte sie sich verweigert und die Kirche nicht betreten. Ihre Ehrerweisung fand allein und auf dem Friedhof statt. Weinend am Grab ihrer Großmutter stehend, war sie zum ersten Mal davon überzeugt, dass Gott – falls er überhaupt existierte – ein mieses Schwein sein musste. Wie anders war es zu erklären, dass er ihr den einzigen Menschen nahm, zu dem sie eine richtige und ehrliche Beziehung aufgebaut hatte? Der sie verstand und ihr in allen Lebenslagen helfen konnte oder es zumindest mit allen Kräften versuchte. Weshalb ließ dieser Gott einen guten und anständigen Menschen sterben, indem er ihm einen Herzschlag verpasste? Welchen Grund hatte er, wenn er nicht doch ein blöder Wichser war? Sie fand keine Antwort. Deshalb war Gott für sie gestorben.

Gott ist tot!
Das hatte auch die Stimme ständig gesagt, als sie vor dem Spiegel stand und sich tief in die Augen sah. Da stand sie. Ein schönes Gesicht, die grauen Augen mit schwarzem Eyeliner hervorgehoben, schimmernden Lippenstift aufgetragen, der schwarz umrahmt war. Einen Nasenstecker im rechten Flügel – silbrig glänzend. Schwarze Strähnen im langen dunkelblonden Haar. Ein mit Nieten besetztes Halsband um, ein Kreuz oberhalb der linken Brust tätowiert. An diesem Tag trug sie ein enges, schwarzes Top mit Spaghettiträgern. Die Haut bleich und auf eine Art erotisch anziehend. Die Badezimmerlampe über dem Spiegel ließ sie farblos und müde erscheinen. Müde empfand sie sich auch. Tage hatte sie keine Nacht mehr durchgeschlafen, ständig wachte sie schweißgebadet aus Albträumen auf, die ihr den Atem raubten und sie zu Tode ängstigten. Sie sprach mit niemanden über diese Träume. Kein Tagebuch, keine vertrauenerweckende Mutter oder beste Freundin. Mit ihren Träumen und Ängsten fühlte sie sich völlig allein.
Ihrer Großmutter hätte sie wahrscheinlich von den Träumen erzählt. Ihr wäre sicherlich eine Lösung eingefallen und wäre es bloß Salz unter dem Kopfkissen oder ähnlicher Humbug gewesen. Ihre Großmutter hatte immer stark an solche alternativen Methoden geglaubt. Medikamente hatte sie nur unter besonderen Umständen genommen; schließlich gab es immer irgendeine Tee- oder Kräutermischung, die gleichwertige Genesung brachte.
Auch für die Müdigkeit hätte ihre Großmutter eine Lösung gefunden, da war sie sich sicher.
Doch an diesem Tag konnte Großmutter keinen Ratschlag geben. An diesem Tag war sie, wie die Tage zuvor auch, allein mit ihren Problemen. Die Stimme in ihrem Kopf tauchte am Morgen auf und begleitete sie seitdem. Als sie aufwachte und sich nochmals im Bett umdrehte, hörte sie das Flüstern zum ersten Mal. Erst dachte sie, draußen auf der Straße würden Kinder spielen oder ihr kleiner Bruder stand vor ihrer Tür und wollte sich etwas ausleihen. Doch als sie lauschte und lauschte und sich das Flüstern fürs erste nicht wiederholte, gab sie es als Einbildung frei und dachte nicht mehr daran. Sie schälte sich aus dem Bett, streckte sich und ging dann ins Bad. Die Bodenplatten waren kalt und sie ging auf Zehenspitzen, um der Kälte unter ihren nackten Füßen nicht allzu viel Angriffsfläche zu bieten. Außerdem mochte sie es, etwas größer auszusehen, wenn sie vor dem Spiegel stand. Nach dem Standardprogramm Waschen-Zähneputzen, schlüpfte sie aus der Boxershorts und dem T-Shirt und duschte ausgiebig. Während das heiße Wasser über ihren Körper perlte und sie langsam aufwachte, kehrte das Flüstern zurück. Sie lauschte erneut und wieder konnte sie keine Quelle ausmachen. Als die Stimme plötzlich verstummte und Sekunden darauf unvermittelt schrie, zuckte sie unter der Dusche zusammen und stieß gegen die Armaturen. „Hör mir zu!“, zischte die Stimme. Sie zitterte am ganzen Leib und als sie sich eigenermaßen beruhigt hatte, stellte sie das Wasser ab und trat aus der Dusche.
Im beschlagenen Spiegelglas stand krakelig geschrieben: „Hör mir zu!“. Es sah aus, als ob ein Kleinkind es notiert hätte.
Nachdem sie sich halbwegs angezogen hatte, stürmte sie barfuss und mit nassen Haaren in die Küche hinunter, wo ihre Eltern und ihr kleiner Bruder am Tisch saßen. Der Kleine stocherte lustlos in seinen Cornflakes herum, während ihr Vater in der Zeitung blätterte und ihre Mutter Schulbrote schmierte.
„Was fällt dir eigentlich ein, du kleiner Idiot?“, herrschte sie ihren Bruder an, der erschrocken zusammenzuckte. „Am liebsten würde ich dir sofort eine scheuern!“
Ihre Mutter schaute sie fassungslos an. Ihre Augen waren weit aufgerissen und sie schüttelte langsam den Kopf. „Was ist denn bloß in dich gefahren? Warum schreist du deinen Bruder bloß so an?“
„Weil er sich einen verdammt makaberen Scherz mit mir erlaubt, deshalb!“
„Was für ein Scherz?“, fragte ihr Vater desinteressiert hinter der Zeitung.
„Als ich gerade unter der Dusche war, hat er sich irgendwo versteckt, etwas gebrabbelt und dann plötzlich losgeschrieen. Als ich aus der Dusche kam, stand „Hör mir zu!“ auf dem beschlagenen Spiegel.“
Ihre Mutter schaute ihren Sohn an, der stumm auf seinem Platz saß. „Stimmt das?“, fragte sie ihn, doch er schüttelte bloß den Kopf. Anscheinend hatte seine Schwester in soweit eingeschüchtert, dass er sich nicht traute, etwas laut zu sagen.
„Wann soll das gewesen sein?“, fragte die Stimme hinter der Zeitung lustlos.
„Na gerade, als ich geduscht habe. Vor ein paar Minuten“, bekräftigte sie.
„Dann kann er es eh nicht gewesen sein“, meinte die Zeitung. „Dein Bruder sitzt seit über einer halben Stunde mit uns am Tisch und gräbt in seinen Cornflakes nach Gold.“
„Wie willst du das beurteilen, wenn du nicht einmal beim Reden aufschaust?“, fragte sie sarkastisch.
„Ich glaube, du kommst zu spät zur Arbeit, Schatz“, kam es scharf zurück. Ende.
Damit hatte ihr Vater Recht. Als sie zwanzig Minuten später in der Eisdiele erschien, die Haare immer noch feucht, kaum geschminkt, fand auch ihr Chef keine anderen Worte für sie, als: „Du bist zu spät.“
„Du bist zu spät! Immer kommst du zu spät! Schlimm, schlimm, schlimm!“ Die Stimme in ihrem Kopf säuselte die Worte jetzt etwas deutlicher und in einer angenehmeren Lautstärke. Sie begleitete sie während der ganzen Arbeit. Mal war sie nur das bekannte Flüstern – kaum verständlich, mal ein Zischen, das wie ein ständiger Wasserlauf durch ihre Synopsen rauschte, mal ein laut schreiendes Horn, das Befehle gab oder sie beschimpfte. Sie war nie allein, immerzu hörte sie eine Art der Stimme. Nach vier gefallenen Eisbechern, zwei verschütteten Cappuccino und etlichen falsch servierten Bestellungen, schickte ihr Chef sie nach Hause. Es habe heute keinen Sinn mit ihr, sie solle erst nächste Woche wieder zur Arbeit erscheinen. Wütend verließ sie die Eisdiele. Es war Dienstag.
Auf den Weg nach Hause wäre sie fast von einem Auto überfahren worden, hätte dies nicht rechtzeitig gebremst. Die Stimme sang ein Lied und frohlockte so laut, das sie fast alle anderen Geräusche um sich herum nicht mehr wahrnehmen konnte. Ständig schreckte sie auf, wenn die Stimme abermals aufschrie oder das Zischen oder Flüstern unerträglich laut wurde. Als sie ihr Rad in die Garage stellte, war sie so mit den Nerven fertig, dass sie nur noch ins Bett wollte.
Auch dort ließ die Stimme nicht von ihr ab. Sie entschied sich spontan um und machte sich für einen Nachmittag mit sogenannten Freunden fertig. Schwarzes Top mit Spaghettiträgern, schwarzer Eyeliner, schwarz umrandeter Lippenstift. Feine Linien musste sie öfters nachziehen, weil die plötzlichen Schreie im Kopf sie aufschreckten und ihre Führung mit einen tiefen Einschnitt unterbrachen. Für eine Prozedur, die normalerweise nicht mehr als fünf Minuten in Anspruch nahm, benötigte sie über eine Viertel Stunde.
Sie schaute in den Spiegel. Blasse, müde Konturen blickten ihr entgegen. Ihre Augen waren glanzlos. Sie gefiel sich sonst gut. Heute hasste sie sich. Sie hasste ihr Aussehen, sie hasste ihr heutiges Leben und sie hasste die lästige Stimme hinter der Stirn. Und kaum war der Hass groß genug, vernahm auch die Stimme ihre Emotion, nahm sie auf und spuckte sie ihr ins Gesicht.
„Hässlich. Hässlicher Hass, der dir entgegenblickt. Sei nicht blöd, sondern beende den Hass. Großmutter wird’s schon richten.“ Plötzlich schrie die Stimme auf: „Großmutter ist tot! Gott ist tot! Gott ist tot! Gott! Gott! Gott ist tot! Mach ein Ende! Sei nicht dumm!“ Dann fuhr sie ruhig fort: „Großmutter wird sich freuen“, um dann lauthals erneut hinauszubrüllen: „Gott ist tot!“
Sie konnte nicht mehr. Die Stimme war laut, wiederholte ständig die Sätze. Immer wieder aufs Neue hörte sie: „Gott ist tot! Großmutter wird sich freuen. Mach ein Ende!“ Kreischend schlug sie auf den Spiegel ein, verfluchte die Stimme hinter den Schläfen. Dann, sie hatte jegliche Gegenwehr verloren, kramte sie im Schränkchen die Rasierklingen des Vaters heraus. Blitzend spiegelte sich ein graues Auge darin wider, als sie die Klinge betrachtete.
„Mach ein Ende! Gott ist tot!“, herrschte die Stimme sie ein letztes Mal an, als sie die Klinge zu ihrem Arm senkte und sich vom Handgelenk aus längst die Pulsader aufschnitt. Blut sprudelte aus der Wunde, ein paar Spritzer klatschten gegen den Spiegel und schienen dort eine Fratze zu bilden. Es dauerte nicht lange, bis ihr schwindelig wurde und sie sich auf dem Waschbecken abstützen musste, das sich bereits blutrot verfärbt hatte. Ihre Finger entglitten dem schmierigen Rand, sie hatte nicht mehr genug Kraft, um sich zu halten. Ohnmächtig sackte sie auf die kalten Fliesen, legte sich in ihr eigenes Blut, dessen Quelle nicht zu versiegen schien.
Die Stimme in ihrem Kopf lachte und verlor an Kraft, je mehr sie sich vom Bewusstsein verabschiedete.
„Gott ist tot“, keuchte sie. Dann wurde ihr schwarz vor Augen und sie driftete in eine andere Welt.

Der stechende Geruch eines Desinfektionsmittels war die erste Wahrnehmung, die ihre Sinne erreichte. Um sie herum war alles dunkel. Der Geruch wurde unerträglich stark und sie zwang sich, eine aufkommende Übelkeit zu unterdrücken. Sie lauschte in die dunkle Welt. Irgendwo tropfte ein Wasserhahn, gedämpfte Stimmen drangen an ihr Ohr. Als sie feststellte, dass die Stimme aus ihrem Kopf nicht dabei war, entspannte sie sich etwas. Ihre Nase begann zu jucken und als sie einen Arm heben wollte, um die Stelle zu erreichen, funktionierte das nicht.
Erschöpft machte sie die Augen einen Spalt weit auf. Mattes Licht flutete in ihre Linse und verursachte ihr Kopfschmerzen. Sie blinzelte und versuchte das Stechen in den Augen zu ignorieren. Eine gekalkte Decke starrte ihr entgegen. Direkt über ihr hing eine nackte Neonröhre, die leise vor sich hinsurrte. Sie schaute an ihrem Körper herab. Eine weiße Decke lag über ihr. Nach und nach registrierte sie mehr Details. Sie lag gerade in einem Bett, eine sterile Decke wärmte ihren Körper, der sich schwer und unbeweglich anfühlte. Ihre Arme lagen parallel zum Körper auf der Decke auf. Am linken Unterarm hatte sie einen dicken, weißen Verband, der sich an einem Punkt dunkelrot verfärbt hatte. Aus dem rechten ragte ein Schlauch. Beide Glieder waren mit Lederriemen festgezurrt; ein Versuch, ihre Beine zu bewegen, missglückte und sie nahm an, dass auch dort Riemen die Bewegung unterdrückten.
Langsam drehte sie ihren Kopf nach links. Durch eine orangerote Gardine strömte gedämpftes Licht. Ein leichter Wind wehte durch einen Spalt und wirbelte die Gardine auf. Ein Fenster stand schräg. Über dem Fenster saß in einer Ecke des Raumes eine dicke, schwarze Spinne und starrte sie an. Angsterfüllt, schloss sie die Augen, um dem Blick der Spinne zu entgehen.
Ihr war schwindelig, der Mund trocken, der Körper steif. Mit geschlossenen Augen drehte sich ihre imaginäre Umgebung. Das stetige Tropfen des Wasserhahns wiegte sie in den Schlaf.

Als sie das nächste Mal erwachte, hörte sie Stimmen. Sie bekam Angst, die Stimme aus dem Kopf könnte darunter sein, doch sie erkannte keine der Anwesenden wieder.
„Ein typischer Fall von Suizidversuch“, sagte ein monotoner Bariton. „Sie wurde vor achtundvierzig Stunden mit aufgeschnittener, linker Pulsader eingeliefert. Rascher und massiver Blutverlust. Die Infusion versorgt sie mit Nährstoffen, bis der Blutkreislauf das wieder selbst übernehmen kann.“
„Die Riemen hat man ihr aus Sicherheitsgründen angelegt?“, fragte eine junge weibliche Stimme.
„Genau“, antwortete der Bariton. „Auch, wenn man davon ausgehen kann, dass sie zu schwach ist, um einen erneuten Versuch zu starten, müssen wir doch alle Eventualitäten ausloten und auf Nummer sicher gehen. Die Fixierung ist also keine Disziplinar-, sondern eine Sicherheitsmaßnahme.“
„Wissen Sie, welche Gründe sie hatte, zu versuchen, sich das Leben zu nehmen?“ Einen Augenblick war es ganz ruhig, nachdem eine junge männliche Stimme die Frage gestellt hatte.
„Auf dieser Station interessieren uns die Gründe nicht“, entgegnete schließlich der Bariton ohne einen Anflug von Interesse. „Wir sind dafür zuständig, den Körper wieder zu stabilisieren. Um die Psyche kümmern sich die Kollegen von der Psychiatrie oder die Windhunde vom Jugendamt.“
„Aber wäre es nicht hilfreicher, wenn bereits hier eine anfängliche, psychologische Analyse stattfinden würde?“, fragte die weibliche Stimme.
„Sollen wir den Sesselpupsern die gesamte Arbeit abnehmen?“, polterte der Bariton. „Außerdem, sehen Sie sich das Mädchen mal an! Entweder hatte sie enorme psychische Defizite oder sie stand unter Drogen oder sie gehörte einer religiösen Sekte an. Das Drogenscreenring fiel negativ aus. Psychischen Stress kann man nie ausschließen und ihre Aufmachung deutete auf einen Satanskult hin. Solch kleine Nutten kommen jeden Tag hierher, weil sie sich mal wieder Gott, dem Teufel oder sonst wem nahe fühlten und sich dafür etwas antaten. Wenn Sie sich ihr Krankenblatt ansehen, werden Sie feststellen, dass eine Achtzehnjährige anfällig genug für solche Schandtaten ist. Sie ist nur eine unter vielen.“ Einen Augenblick war es ganz ruhig, dann setzte der Bariton wieder ein. „Wenn Sie Lust verspüren, können Sie gelegentlich vorbeischauen und die möglichen Fortschritte begutachten. Jetzt würde ich gerne zu Herrn Janssen übergehen. Eine seltene Art der Desorientierung im dritten Stadium. Er ist mein Liebling.“
Mit diesen Worten setzte ein Schlurfen auf dem Boden ein und eine kleine Gruppe entfernte sich vom Bett. Sie spürte, dass jemand am Bettrand zurückgeblieben war.
„Begleiten Sie uns, Herr Beelze?“, fragte der Bariton.
„Dann wirst du eben mein Liebling, Lana“, flüsterte die junge männliche Stimme beruhigend. Dann hörte sie Schritte, die sich entfernten, eine Tür, die sich schloss. Dann war alles ruhig. Sie sank zurück in die Bewusstlosigkeit.

Sie lag auf kalten Steinen. Ihr Atem ging schwer und unregelmäßig. Ihre Kleider hingen in Fetzen an ihr herab, über und über mit Blut besprenkelt. Fahles Sonnenlicht schien durch die Ritzen an der Decke und blendete sie. Leises Rauschen war zu hören. Sie hob ihren Kopf ein paar Zentimeter an und schaute über den Rand des Ufers. Die Welle türmte sich wie ein Monster auf und rollte bedrohlich auf sie zu. Sie wollte sich erheben und fortrennen, doch ihre Beine rührten sich nicht. Hastig öffnete die Welle ihr Maul und verschluckte sie mit einem Happen. Sie wurde fortgerissen. Im dreckigen Strom sah sie, wie sie von der elenden Brücke getragen wurde und in den Fluten der Welle versank. Scharfe Klingen sprudelten aus dem Inneren des Wassers hervor und schlugen ihr tiefe Wunden ins Fleisch. Die Fetzen ihrer Kleider lösten sich auf. Nackt und schutzlos wurde sie von der Wucht der Strömung hin- und hergeworfen, sie schluckte Wasser und merkte, dass es in kleinen Rinnsalen wieder aus allen Körperöffnungen austrat und sich erneut mit der Welle vereinigte. Minutenlang kämpfte sie gegen die Macht des Wassers an, dann ertrank sie. Die Welle schändete ihren schlaffen Körper und warf sie dann an der Brücke wieder aus. Bald kam sie wieder...

Lana öffnete schlagartig die Augen. Sie wollte sich aufsetzen und die Panikattacke unterdrücken, ihrer Angst Herr werden, doch die Riemen hinderten sie daran. Schweißtrocken rannen ihre Stirn herab, das Krankenhemd klebte an ihrer Haut. Stoßweise ließ sie ihren Atem entweichen, konzentrierte sich auf ihren unregelmäßigen Herzschlag und versuchte, die Kontrolle über ihren Geist wiederzuerlangen. Ein paar Minuten blieb sie reglos liegen, fixierte ihren Blick auf eine Stelle. Die Spinne über dem Fenster starrte sie unverhohlen an.
„Geht es wieder?“
Lana zuckte erschrocken zusammen, als sie die Stimme hörte. Einen kurzen Augenblick dachte sie, die grässliche Stimme hinter der Stirn wäre wieder erwacht; einen Herzschlag lang wies sie sogar der Spinne die gehörten Worte zu. Dann ließ sie ihren Blick durch das Zimmer schweifen. Manche Konturen blieben verschwommen. Sie erkannte einen Fernseher auf einem beweglichen Regal an der Wand, auf dessen Bildschirm sich ihr Bett widerspiegelte. Die Spinne saß etwa einen Meter daneben.
Ihr Blick blieb auf dem jungen Mann haften, der neben ihrem Bett stand. Er lächelte sie sanft an und hielt ihr einen Becher an den Mund. Sie reckte ihren Kopf vor, während er den Becher leicht kippte und sie das Wasser darin trinken ließ.
„Nur kleine Schlücke nehmen, sonst wird dir schlecht.“ Seine Stimme war ruhig und strahlte eine Art mütterlicher Fürsorge aus. Während sie trank, blickte sie ihn an. Er hatte einen Dreitagebart, der im fahlen Schein der Neonröhre wie Schmirgelpapier aussah. Seine Lippen waren rosig und fühlten sich bestimmt weich an, würde man drübergleiten. Er hatte seine dunklen Haare kurz geschnitten. Sie waren nicht durch Gel oder Taft verklebt. Seine Haut war rein, die Backenknochen sanft geschwungen. Alles in einem ein hübscher Bursche, dachte sie.
Er nahm den Becher von ihrem Mund, steckte den Finger in das verbliebene Wasser und betupfte damit ihre rauen Lippen. Das kühle Nass fühlte sich wohltuend auf der trockenen Haut an. Er wiederholte den Vorgang ein zweites Mal und stellte dann den Becher auf einen kleinen Beistelltisch.
„Fühlst du dich besser?“, fragte er leise.
Lana sah sich um. Es stand nur ihr Bett im Zimmer. Außer dem Jungen befand sich niemand sonst im Raum. Sie nickte langsam. „Wo bin ich?“, fragte sie mit schwacher Stimme. Ihre Kehle fühlte sich nach wie vor trocken an und die Worte kamen so leise aus ihrem Mund, dass sie vermutete, dass er sie nicht einmal verstanden hatte.
Er schraubte die Kanüle am Tropf auf und wechselte den Beutel aus. „Du wurdest vor etwa drei Tagen hier eingeliefert. Du hattest viel Blut verloren und wir hätten dich fast nicht mehr zurückgeholt. Gott muss dich wirklich mögen.“
Beim Wort Gott drehte sie ihren Kopf weg. „Drei Tage“, keuchte sie resignierend.
„Ja. Du hast fast die ganze Zeit geschlafen. Man hatte dich so stark mit Beruhigungs- und Blutgerinnungsmitteln vollgepumpt, dass selbst ein Elefant sich nicht mehr geregt hätte.“
„Meine Eltern?“
„Die waren vor zwei Stunden noch hier und haben sich nach dir erkundigt. Deine Mutter saß Stunden am Bett und hielt deine Hand.“ Er setzte sich neben Lana auf die Bettkante. „Dein kleiner Bruder hat sich Vorwürfe gemacht, dass er Schuld an allem wäre. Er soll dir einen Streich gespielt haben und du wärst daraufhin so durcheinander gewesen, dass du hierher kommen musstest. Ich habe ihm erklärt, dass ihn keine Schuld trifft. Er solle sich keine Sorgen machen, ich würde mich um dich kümmern. Das hat ihn beruhigt.“ Er strich scheinbar unbeabsichtigt über ihren Handrücken. „Hat er Schuld?“, fragte er dann unverblümt.
„Nein“, erwiderte sie nur.
„Gut, ich lüge nicht gerne.“ Er lächelte sie an und stand dann auf. „Schlaf noch etwas. Ich sehe später noch mal nach dir.“ Er drehte sich um und ging auf die Tür zu.
„Wie heißt du?“
Er schaute über seine Schulter. „Jan“, sagte er kurz angebunden und verließ leise das Zimmer.
Lana ließ ihren Kopf zurück auf das Kopfkissen sinken. Die Spinne starrte sie mit weitaufgerissenen Augen an. Dann schlief Lana mit der Angst vor bösen Träumen wieder ein.

Das Sonnenlicht flutete ins Zimmer, als sie ein paar Augenblicke später wieder die Augen öffnete. Vogelgezwitscher drang durch das geöffnete Fenster ins Zimmer. Sie sah sich um. Der Raum sah im hellen und ungehindert eindringenden Tageslicht noch trostloser aus, als im Schein der Neonröhre. Die Spinne hatte sich ein paar Zentimeter zum Fernseher hinbewegt. Neben ihr stand der kleine Beistelltisch. Der Becher, mit dem Jan sie hatte trinken lassen, war verschwunden. Der rote Fleck auf ihrem Verband war ebenfalls nicht mehr zu sehen. Man musste ihn ausgewechselt haben, während sie geschlafen hatte.
Lana hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Sie konnte nirgendwo eine Uhr ausmachen. Die Zimmertür stand weit auf. Im angrenzenden Badezimmer brannte Licht, Lana konnte das Wasser rauschen hören. Eine Minute später trat eine dicke, schnaufende Frau heraus. Sie trug ein Nachthemd über dem Arm und starrte Lana an, als sie mit raschen Schritten auf das Bett zutrat.
„Aha, die kleine Prinzessin ist endlich aufgewacht“, raunte sie mit polnischen Akzent. „Hast du gut geschlafen?“, fragte sie der Höflichkeit halber und erwartete anscheinend keine Antwort, da sie gleich weitersprach. „Dann wollen wir dir mal dein neues Kleidchen anziehen.“ Sie zog die Decke zurück und ließ das Nachthemd auf den Bettrand fallen. Dann drehte sie sich um und verschwand im Badezimmer. Ihre raue, polnische Stimme klang wie ein Echo aus dem Nichts. „Eins stellen wir gleich mal klar, Liebes. Wenn ich dir gleich die Riemen löse, brauchst du erst gar nicht versuchen, dich irgendwie zu wehren. Selbst, wenn du schon wieder stark genug sein solltest, um dich selbstständig zu bewegen, kommst du bei mir eh nicht weit.“ Sie kehrte aus dem Badezimmer zurück, eine Schüssel mit Wasser in den Händen balancierend. „Ich bin die einzige Schwester, die solche Nervenbündel wie dich alleine versorgen darf und dieses Privileg habe ich nicht umsonst, klar?“
Sie stellte die Wasserschüssel auf den Tisch ab. Lana sah einen Waschlappen darin schwimmen. Die Schwester machte sich an den Lederriemen zu schaffen und löste gleich alle vier auf einmal. Lanas Haut fühlte sich wund darunter an. Es war befreiend, von der Fixierung befreit zu sein.
„Hintern hoch, Prinzessin!“, schnauzte die Polin sie an. Lana hob ihren Hintern. Es ging leichter, als sie erwartet hatte. Die Schwester zupfte das Nachthemd an den Beinen hoch und stülpte es über Lanas Po. Erst jetzt bemerkte diese, dass sie keine Unterwäsche trug. Langsam ließ sie ihr Hinterteil wieder auf das Bettlaken sinken. Die Schwester schraubte die Kanüle am Arm ab und ließ den Schlauch am Tropf hinunterhängen. „Arme hoch!“, befahl sie. Mit einem Zug entkleidete sie Lana, die nun nackt auf dem Bett saß.
Der Lappen, mit dem sie gewaschen wurde, war rau und scheuerte auf der Haut. Das Wasser war kalt und bei den ersten Berührungen zuckte sie zusammen. „Mal nicht so zimperlich“, meinte die Polin sarkastisch und rubbelte ihr über den Rücken. „Oder verträgst du etwa kein Wasser?“
In der Tür stand Jan und starrte Lana unverblümt an. Als sich ihre Blicke trafen, schien er sich seinem nicht zu schämen, sondern schaute sie weiter an. Seine Augen wanderten über ihren Körper, der lieblos von der Schwester gewaschen wurde. Er folgte den Bewegungen des Lappens mit Argusaugen, wie er erst über den Rücken glitt, dann über die Schultern und schließlich ihre Brüste umspielte. Lanas Blick war müde und etwas angsterfüllt. Die Tatsache, dass Jan den Waschvorgang so aufmerksam verfolgte, ließ sie innerlich erschauern. Auch als der Waschlappen über den Bauch schrubbte und dann zwischen ihre Beine ging, hielt er seine Augen weiterhin auf sie gerichtet.
„Gott, müssen die Mittel bei dir noch wirken“, grunzte die Schwester. „Du bist ja völlig weggetreten, Schätzchen.“ Als Lana ohne Reaktion weiter auf die Tür starrte, folgte ihr Blick dem ihren. „Türen sind schon interessant“, höhnte sie und streifte Lana das Hemd über.
Jan war verschwunden.
Die Schwester half Lana auf die Beine und ließ sie sich auf dem Bettrahmen abstützen. Während sie das Bett machte, las Lana den Zettel, der am Fußende befestigt war: „Lana Richter. Achtzehn Jahre. Verdacht auf psychisches Trauma mit Suizidgefährdung.“ Darunter standen ein paar Zahlen und einzelne Buchstaben. In einigen glaubte sie ihr Geburtsdatum und Blutgruppe wiederzuerkennen, doch sie war sich nicht sicher. Sie fühlte sich schwach und ausgelaugt, ihre Kehle war trocken, die Haut juckte am gesamten Körper. Sie begutachtete die Stelle am Arm, an der die Kanüle für den Tropf in ihre Ader eingeführt war.
„Denk nicht mal dran“, hörte sie die Schwester laut und drohend sagen.
Lana blickte sie mit müden Augen an. „Ich muss auf die Toilette“, sagte sie leise.
„Dann geh!“ Die Schwester warf einen Blick auf die Zimmertür. Sie war geschlossen worden. „Aber komm ja nicht auf dumme Gedanken. Im Bad gibt es keine scharfen Gegenstände und ich höre es, wenn die Tür zum Flur geöffnet wird.“
Lana nickte kaum merklich und schlurfte auf das Badezimmer zu.
Es war ein Monster, was sie aus dem Spiegel anblickte. Seine Augen waren zusammengekniffen und dick umrandet. Die Haut war blasser als gewohnt und hing aschfahl an den Knochen herab. Die Lippen des Monsters waren farblos, gingen schon fast ein wenig ins Graue über. Trockene Haut pellte stellenweise ab. Langes dunkelblondes Haar mit schwarzen Strähnen hing schlaff über den Schultern und sah aus, als wäre es ein paar Tage weder gewaschen noch gekämmt worden. Hat man dieses Monster wirklich drei Tage oder länger einfach im Bett liegen lassen und nur gelegentlich den Verband und den Tropf gewechselt, fragte sie sich. Sie strich mit den Fingern über ihre Wangen. Die Haut war trocken. Den Stecker hatte man aus ihrem Nasenflügel entfernt, das Loch war kaum zu sehen. Lana fröstelte. Unter dem Krankenhemd zeichneten sich harte Nippel ab. Lana zog ein Schulterstück herunter und betrachtete das tätowierte Kreuz über ihrer linken Brust. Das schwarze Ding, auf dessen Querbalken mit feinen roten Stichen das lateinische Wort „Silentium“ geschrieben stand, hob sich durch die ungewöhnliche Blässe der Haut noch stärker als sonst ab. Es schien geradewegs aus der Brust herauszuspringen.
„Bist du langsam fertig, Prinzessin?“, kam es durch die Tür gegrunzt.
Lana zog das Hemd wieder über die Schulter, blickte ein letztes Mal in den Spiegel und trat dann aus dem Badezimmer. Trotz des dämonähnlichen Anblicks, beschloss sie, sich heute nicht zu hassen. Dafür entschied sie, die polnische Krankenschwester nicht zu mögen, die sie geradewegs zum Bett schubste.
Als sie die Riemen wieder um die Beine und Arme schlingen wollte, hörte man Jans Stimme im Zimmer.
„Ich denke, die Fixierung ist nicht mehr nötig, Schwester Nouschkâ“, sagte er so beiläufig, als wäre er der diensthabende Chefarzt.
Sie blickte ihn spöttisch an. Er stand an den Türrahmen gelehnt, ähnlich wie vor ein paar Minuten, als er Lanas nackten Körper betrachtet hatte. Seine Arme hatte er vor der Brust verschränkt.
„Ich denke nicht, dass Sie das zu entscheiden haben, Herr Beelze“, sagte sie schnippisch. „Schließlich sind Sie nur Pfleger in der Ausbildung. Ich hingegen bin gelernte Krankenschwester. Und selbst, wenn es anders wäre, müsste ein Arzt diese Entscheidung treffen.“ Sie zog den Riemen an Lanas linken Arm fest, dass es schmerzte.
Lana verzog ihr Gesicht.
Jan kam langsam in das Zimmer. Sein Blick fixierte Schwester Nouschkâ. Er war kalt und unnachgiebig. Er starrte die Schwester ein paar Sekunden an, bevor er mit einer autoritären Stimme sagte: „Es ist aber gerade kein Arzt hier, der diese Entscheidung treffen kann, deshalb entscheide ich es.“ In diesen Sätzen schwappte eine Schärfe mit, dass es Lana einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Jan blickte noch immer fest in Nouschkâs Augen, dann wandte er seinen Kopf und sah auf den festgezurrten Riemen. „Also?“, fragte er zischelnd.
Lana dachte einen Augenblick lang, die Stimme hinter ihrer Stirn in seiner mitklingen zu hören.
Schwester Nouschkâ schaute ihn immer noch an. Wie in Trance sagte sie: „Ich glaube, Sie haben Recht, Herr Beelze. Das Risiko eines weiteren Versuchs ist so gering, dass man auf die Fixierung verzichten kann.“ Jans Lippen bewegten sich synchron zu denen der Krankenschwester und sprachen ihre Worte lautlos mit. Diese beugte sich vor und löste den Riemen um Lanas Arm.
Jan begutachtete den Vorgang und nickte zustimmend. Dann verließ die Schwester wortlos den Raum.
„So siehst du doch schon viel besser aus, Lana“, sagte er mit einem Lächeln im Gesicht. Eine weitere Minute blickte er sie stumm an. Dann verschwand er im Bad und kehrte mit einem Becher Wasser zurück, den er auf dem Tisch abstellte. „Für später“, flüsterte er leise.
Dann verließ er das Zimmer geräuschlos und schloss die Tür hinter sich.


...Teil 2 folgt bei Interesse an der Fortsetzung...
 
S

stresa

Gast
Hallo Nyxon!

Ich finde, das ist an vielen Stellen ein sehr vielversprechender Text, mir sind ein paar Dinge aufgefallen, die ich dir gerne schreiben möchte:
- die Großmutter hatten einen "Herzschlag" - das ist ein problematisches Wort, an einem Herzschlag stirbt man nicht, das ist vielleicht ein umgangssprachliches Wort (und in diesem Fall auch als solches ungenau) - Hirnschlag gibt es, Infarkt, Herzinfarkt - das Herz, das einfach stillsteht - da müßtest du ausprobieren, was zum Text passt.
- "Tage hatte sie keine Nacht mehr durchgeschlafen" holpert sehr in meinen Ohren. Bsp. "Vier Nächte nicht mehr durchgeschlafen" - oder: nur soundsoviel Stunden Schlaf, ansonsten nur Wachsein, Stöhnen - diese Richtung.

Zum Medizinischen - ich bin mir nicht sicher, ob man in einem solchen Fall Blutgerinnungsmittel verabreicht, ich glaube mal eher nicht, aber ich kann mich irren. Auch ob eine aufgeschnittene Pulsader eine solche Katastrophe auslöst - da solltest du dich vielleicht noch mal erkundigen - wird man relativ schnell nach so einem Suizidversuch gefunden, ist es mit Sicherheit nicht so dramatisch (was nichts damit zu tun hat, dass es nicht ernst genommen werden muß!)

Und wenn es der Heldin wirklich so schlecht geht - geht die Geschichte ein bißchen zu schnell in eine Liebesgeschichte über (von der ich halt jetzt mal vermute, dass es das werden könnte.) (By the way, ein Pflegeschüler, der einer Patientin Blicke zuwirft, wie du sie beschreibst, fliegt schnell - aber das fällt mir vielleicht nur so auf, weil ich den Bereich ganz gut kenne.) (Fast gestorben und dann der erste Gedanke - was für ein schöner Mann - denkbar, aber auch ein bißchen unrealistisch.)

Großartig gestaltet finde ich das Auftauchen der "Stimme", Menschen, die so etwas erleben, beschreiben es genauso. Mit dieser Macht, in dieser Intensität. Auch der Dialog mit den Eltern ist sehr, sehr gut.

Viel Glück beim Weiterschreiben!

gruß
stresa
 

Nyxon

Mitglied
Hi stresa!
Danke für deine Kritik und die Ratschläge.

Was die medizinische Seite angeht, hast du bestimmt Recht - ich bin in diesen Dingen nicht so sehr bewandert, aber als die Geschichte entstand, gab es wenig Möglichkeiten, über solche Sachen etwas zu erfahren. Da die Medizin auch nicht Mittelpunkt der Geschichte, sondern nur eine Rahmenhandlung darstellen soll, habe ich darauf leider auch nicht soviel Wert gelegt, wie es vielleicht angemessen wäre. Dass überhaupt jemand einen Blick für diesen Themenbereich erübrigt, finde ich klasse.

Deinen Einwand, die Geschichte gehe zu schnell - oder zumindest ansatzweise - in eine Liebesstory über, lasse ich jetzt erstmal im Raum stehen, da es ja noch ein paar weitere Teile geben sollte, falls du und die anderen es gerne hätten.

Ich freue mich auch weiterhin auf Anregung und Kritik deinerseits.
Auf bald, Nyxon
 



 
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