Single - die kurze Geschichte eines One Afternoon Stand

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Single - die kurze Geschichte eines One Afternoon Stand​
An diesem Montagmorgen hat Ramona einen Kunden in Düsseldorf besucht. Sie ist Inhaberin eines Unternehmens in der Werbebranche. Ihr Betrieb liegt in der Peripherie von Heidelberg. Das Geschäft geht gut. Sie hat sich eine solide Kundenbasis in ganz Deutschland aufgebaut.

Das Gespräch heute Morgen ist erfolgreich gewesen. Der Kunde hat weitere Leistungen ihres Unternehmens bestellt. Langfristig, ein Fünfjahresvertrag. Langfristig ist gut.
Ramona ist 42. In 4 Monaten wird sie 43. Also, eigentlich fast schon in 3 Monaten. Neuerdings denkt sie hin und wieder an ihre Absicherung im Alter. Als Single/w muss sie sich um solche Dinge selbst kümmern.

Auf der Rückfahrt schaut sie kurz in den Rückspiegel. „Das Gespräch lief doch ganz gut heute, oder?“, fragt sie das Spiegelbild.
Sie hat sich diese Art des Selbstgespräches vor längerer Zeit angewöhnt. Das findet sie auch ein bisschen skurril. Sie macht dennoch weiter.
„Oder hätte ich die Bilderrechte doch höher veranschlagen sollen?“, fordert sie sich noch einmal mit einem prüfenden Blick heraus.
Egal. Jetzt muss sie erst einmal tanken.

An der Tankstelle. Der Sprit brummt durch den Einfüllstutzen. Und er stinkt.
Ramona fragt sich schon seit ihrer Kindheit, wieso der Staat den Verkauf und die Nutzung von stinkendem Sprit erlaubt. Sie wendet den Kopf leicht zur Seite, damit sie das Gasgemisch nicht direkt einatmen muss.
War sie ungefähr 12, als sie anfing eigenständig zu denken? Wahrscheinlich, denn im Alter von 11 oder 12 Jahren sollen die Kinder beginnen, ihr Erwachsenenbewusstsein entwickeln.
Sie schüttelt wortlos den Kopf. Komisch, auf welche Gedanken sie heute kommt. Liegt es am Wetter? Oder kommt sie in die Jahre? Sind das schon diese gefährlichen Jahre, in denen frau die Kindheit wieder aufleben lässt, in der alles sicherer gewesen ist? Jesses, was ist heute nur mit ihr los?

Ramona schaut auf die Uhr. Es ist Mittag. Sie beschließt, nach dem Tanken noch in die Innenstadt zu fahren. Essen gehen, und Bummeln. Summsummsumm. Wenn sie gute Laune hat, dann summt sie vor sich hin. Das ist gut für die Gehirnnerven, sagt ihr aktueller Lifestyle Ratgeber. Stimmt.

An der Zapfsäule nebenan steht Er und lächelt kurz herüber. Jetzt kommt das Lächeln schnurstracks auf sie zu und stellt sich vor: Klaus Briggs. Klaus, das Briggs Teilchen. Lange gesucht, endlich gefunden. So ein Typ hat ihr schon seit einiger Zeit gefehlt. Ramona ist etwas, wie soll sie es ausdrücken, ausgehungert.
Der Mann ist groß, seine imposante Statur beeindruckt sie. Und er strahlt Charisma aus. Der Ausdruck stand kürzlich als Schlagzeile in der Presse. Sie entlehnt in diesem Moment den Begriff, was immer Charisma auch sein mag.
Klaus zeigt dieser Welt ein strahlendes Gesicht, über das ein dentales Lächeln sein Interregnum ausgebreitet hat.
„Wollen Sie mit mir Essen gehen?“, fragt er einladend. „Ja, gerne!“, entgegnet sie vergnügt.
Der Dialog läuft in kurzen, knappen Worten ab. Alle sind ständig so busy.

Ein paar Minuten später sitzen sie beim Spanier. Viva el Vino, besonders aber Viva el Amor. Klaus betreibt offenbar einen Großhandel im Augenaufschlagen. Gekauft.
Sie fahren mit ihren Wagen zu einem kleinen Heartbreak Hotel außerhalb der Stadt. Klaus scheint den Weg gut zu kennen. Da ist das Hotel. Romantique? Comme ca. Check in, dann zur Sache. Klaus verhält sich ein bisschen triebe. Hier kommt ein Klaus, den sie nicht gesucht hat.

Auf der Rückfahrt. Wieder dieser prüfende Blick in den Spiegel. Ihr fällt kein schlauer Spruch ein. Egal.
 



 
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