So scheint mir die Welt

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Claus Thor

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Hallo Leute,
ich hab das Gedicht gleich in die Werkstatt gestellt, da ich mir mit den Regeln der Lyrik noch immer nicht sicher bin.
Aber manchmal drängt es mich einfach ein Werk zu verfassen. Und da brauch ich halt euren Kommentar.
 

jon

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Teammitglied
Rhythmisch ist das viel besser als die anderen Erstversuche, finde ich.
Was mich wundert, sind die Umbrüche. Vom Reim her gehören "bestellt", "Frust", "Unbewusst", "Zwang" und "viel lieber" zu den vorhergehenden Zeilen. Ich sehe nicht, aus welchen inhaltlichen Gründen du sie einzeln gestellt hast.

Tipp: Ich würde hier ganz normal mit Satzzeichen & Co. arbeiten. Das macht das Lesen etwas leichter und die Struktur erlaubt es (es gibt keinen "übergreifenden" Wortgruppen).

Hinweis: Man kann Äcker/Felder/Gärten oder Katalogwaren bestellen, aber nicht die Welt.

Es fehlen Kommas vor und nach "so scheint mir". Meinst du wirklich, man schöpft Frust aus dem Inneren, oder meinst du, man schöpft aus dem inneren Frust nichts Schönes?
 

Claus Thor

Mitglied


Ein Gedicht Nr. 5

So scheint mir die Welt

Für viele, so scheint mir, ist die Welt
Der Lyrik mit Kummer und Leid beseelt
So schöpft man aus der inneren Frust
Nicht wirklich Schönes unbewusst
Schön zwar ist der Worte Klang
Geschmiedet aus des Lebens Zwang
Doch finster sind mir diese Lieder
Da ist mir Frohgesang viel lieber

 

Claus Thor

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Vielen Dank für die Tipps; ich habe die Verbesserungen vorgenommen, und wenn alles weitere in Ordnung ist, kann das Gedicht wieder raus aus der Werkstatt.
 

jon

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Teammitglied
Hüstel ...

„beseelt" reimt sich nicht auf „Welt“. Was hältst du davon, aus der „Welt“ ein „Feld“ zu machen? Das kann dann auch „bestellt“ sein.

Das mit dem Frust ist jetzt ganz falsch. Entweder so, wie du es hattest (nur mit Komma) oder nur das "inneren" klein. // Komma nach "Schönes"
Also entweder in dem Sinn, dass man aus dem Frust nichts Schönes schöpft:
So schöpft man aus dem inneren Frust
Nicht wirklich Schönes, unbewusst
Oder in dem Sinn, dass man aus dem Inneren Frust und (damit) nichts Schönes schöpft
So schöpft man aus dem Inneren Frust,
Nicht wirklich Schönes, unbewusst
 

Claus Thor

Mitglied

Gedicht Nr.5

So scheint mir die Welt

Für viele, so scheint mir, dass die Welt
Der Lyrik viel Kummer und Leid enthält
Sie schöpfen aus dem inneren Frust
Nicht wirklich Schönes, unbewusst
Schön zwar ist der Worte Klang
Geschmiedet aus des Lebens Zwang
Doch finster sind mir diese Lieder
Da ist mir Frohgesang viel lieber


 

Claus Thor

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Es geht hier doch um die Welt der Lyrik; da wäre Feld der Lyrik sehr schwach formuliert. Das mit der/dem/die I(i)nneren Frust hat mich doch arg verwirrt; lol… am Ende wusste ich gar nicht mehr so genau, was ich damit denn überhaupt sagen wollte… grins… doch dann hab ich es irgendwo wiedergefunden… kratz… am Schädel :)
 

jon

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Teammitglied
Also jetzt ist der erste Satz (die ersten zwei Zeilen) semantisch völlig aus dem Ruder („Mir scheint, dass für viele …“ wäre ok „Für viele, (Einschub), dass … " geht aber nicht.)


Das Feld ist durchaus nicht zu klein. "Welt der Lyrik" ist ja in der Tat nur ein Feld (also ein Teilbereich) der ganzen Welt und zum anderen steht Feld auch dafür, dass man (es beackert und) etwas erntet – passt also auch zur Vorgang des Dichtens. Wenn die Welt (viel) Kummer und Leid enthält, kann man trotzdem fröhliche Texte machen (weil ich mir was Fröhliches ausdenken kann), wenn ein Feld aber mit Kummer bestellt ist, kann man keinen Spaß ernten (wenn ein Acker mit Weizen bestellt ist, kann ich keine Kartoffeln ernten.)

Dichten heißt "verdichten". Das passiert in ganz erheblichem Maß durch durch Wahl der Bilder/Metaphern, die auch in ihren nicht unmittelbar benutzen Inhalten (Nebeninhalt, Symbolgehalt etc.) zur Aussage passen müssen. (Oder gezielt nicht passen, was zusätzliche Ebenen öffnet.)
 

Claus Thor

Mitglied

Gedicht Nr.5

So scheint mir die Welt

Mir scheint, dass für viele die Welt
Der Lyrik viel Kummer und Leid enthält
Sie schöpfen aus dem inneren Frust
Nicht wirklich Schönes, unbewusst
Schön zwar ist der Worte Klang
Geschmiedet aus des Lebens Zwang
Doch finster sind mir diese Lieder
Da ist mir Frohgesang viel lieber


 

Claus Thor

Mitglied
Lol… wie kann man nur so gut drauf sein, sprachlich gesehen? Da lebt man wohl in unterschiedlichen Welten. Wurde auf Feldern und Äckern groß, welche einen nährreicheren Boden hatten als die anderen. Was bin ich doch für eine verkümmerte Sprachpflanze! Trotz des ganzen literarischen Sulfats sind meine deutschen Blätter mit Fehlerviren befallen. Da hoffe ich nur, dass es nicht eines Tages zu viel wird, und man mich ausrupft. :)
 

jon

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Teammitglied
Grins: Geschmack kommt mit dem Essen – je intensiver man sich mit Sprache beschäftigt, desto interessanter wird sie. Ich habe viele Blickwinkel auch erst durch Draufstupsen gefunden. Manchmal sieht man dann trotzdem was anderes, aber das ist auch nicht reizlos.
 

Claus Thor

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;-) Ich mag es zu essen; leider kann ich nie so viel essen wie die Leute in meinem Dunstkreis. Und genauso geht es mir mit der Sprache: Ich verstehe mehr Worte beim Lesen und hören als ich selbst benutze. Gleichzeitig muss ich ein Defekt im Erinnerungsvermögen haben, denn es ist doch beinahe unmöglich immer und immer wieder die gleichen Wörter falsch zu schreiben? Z.B.: Wahrscheinlich – wie oft vergesse ich das „h“. Oder Worte auf „ung“ – man weiß doch das sie großgeschrieben werden, wieso fang ich sie stetig kleinzuschreiben an, um sie umständlich zu verbessern. Noch schlimmer verhält es sich mit dem Dativ und dem Genitiv: bin ich doch ein Opfer deutscher Sprachverwirrung. Ein Beispiel: benutze ich doch häufig „laut einem Bericht“, wo es doch heißen sollte „laut eines Berichts“. Es ist zwecklos es zu wissen, denn im Eifer des Geschriebenen oder des Getriebenen – und da glaub ich liegt der Hase im Pfeffer – da ist wohl des Pudels Kern zu finden. Es ist ein temporales Problem. Ein Problem der Zeit, die Zeit die man aufbringen kann um sein Ding zu schaukeln. Und es ist eine Unart des Zeitgeistes, denn man liest und hört allen Ortes falsche Grammatik, und wenn man so tief im Sprachsumpf steckt und drin aufgewachsen ist, ist es sehr schwierig sich zu artikulieren ohne ein sumpfiges Geblubber von sich zu geben.
Lol… was für ‘n Geschwafel! Wenn das Gedichtchen jetze fertig ist, bitte in die dafür vorgesehene Sparte verbringen. Dankä…
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Und es ist eine Unart des Zeitgeistes, denn man liest und hört allen Ortes falsche Grammatik, und wenn man so tief im Sprachsumpf steckt und drin aufgewachsen ist, ist es sehr schwierig sich zu artikulieren ohne ein sumpfiges Geblubber von sich zu geben.
Ich danke dir für diese Worte. Genau deshalb bin ich so ein glühender Verfechter der Sprachpflege auch außerhalb der Medien. In den Medien (Literatur eingeschlossen) natürlich erst recht …
 

Walther

Mitglied
lb. claus,

keine unsemenantischen entschuldigungen mehr, hin zur tat: lesen, lesen, lesen, lesen!!! tip: man nehme eine der einschlägigen lyriksammlungen, ruhig quer durch die jahrhunderte, und erarbeite sich damit ein gerüst dafür, wie geformte und verdichtete sprache klingen "muß" (oder sollte, ganz nach belieben).

es hilft ungeheuer, intuitiv zu erahnen, wann eine fomulierung zum einen richtig ist und zum anderen sich auch noch perfekt in die gewählte form schmiegt. es muß unglaublich leicht aussehen, dann ist es gut (aber genau jetzt ist es zugleich auch ungeheuer schwer, so etwas hinzubekommen). es gibt wenige, die mit einem derart guten sprachgefühl von natur aus gesegnet sind. in aller regel ist das harte arbeit, bis man das kann: üben, üben, über, üben!!!

also: ran an den feind. nur so geht es. und geduld mitbringen. ohne sie geht nichts.

lg w.
 
Hallo Claus Thor

die Idee finde ich prima und zur Umsetzung wurden Dir ja schon
einige gute Vorschläge gemacht.

Was mir an der jetzigen Version weniger gefällt sind die beiden Doppelungen viel/viele schön/Schönes

Doppelungen sind nicht schlimmes und können durchaus auch mal ein Stilmittel sein...aber bei nur 8 Zeilen würde ich versuchen sie zu vermeiden.

Du hast dein Gedicht allgemein gehalten (viele/Sie...) und das ist ok, aber noch besser würde mir dein Gedicht gefallen, wenn es ein Gesicht bekommt.

Beispiel:

Mir scheint, als ob für mich die Welt
Der Lyrik Kummer, Leid enthält.
Ich schöpfe aus der Seele Frust
Nicht wirklich Schönes - unbewusst.
Nun ist der Worte wohler Klang
Geschmiedet aus des Lebens Zwang,
Doch finster sind mir meine Lieder -
So schreib ich Frohgesang euch nieder.



Gruß,A.D.
 
G

gitano

Gast
Den Tips meiner geschätzten Vorredner sind gut!

"Andere Dimension" (Kürzel:AD) hat Dir schon eine sehr schöne Aufbereitung Deines Stoffes gezeigt.

ich möchte eine weitere hinzufügen und habe das Wort "Welten" dabei besonders in den Vordergund gestellt:

Weltenschein
in Lyrikwelten
Weltenschmerz
im Weltenscherz
Weltenfrust
in Weltenlust
Weltenklang
im Weltenzwang

finstere Welten!

frohe Lieder
mag ich lieber!

So kann man auch eine Gegenüberstllung auch machen.

Es gibt eine ganze Reihe Bücher, die sich mit dem Gedichteschreiben /Lyrik befassen. Vielleicht gehst Du mal in eine Buchhandlung und schaust Dir ein paar davon an.
UND:
Wenn Du Texte liest, die Dir gefallen, versuche zu formulieren warum sie Dir gefallen...und dies möglichst genau...Soetwas kann man üben. Das Lesen von Rezensionen und Kritiken hilft dabei ein Vokabular für solche Übungen zu finden.

Liebe Grüße
gitano
 

Claus Thor

Mitglied
Ich danke dir Walther und ich habe die Ratschläge bereits in Angriff genommen. Wann immer mir die Zeit es erlaubt lese ich Gedichte. Und übe, übe und übe. Mit Lust und viel Liebe. :)

AD, du hast recht. Die Dopplungen sind nicht schön und ich werde über deine Vorschläge nachdenken. :)
 

Claus Thor

Mitglied

Gedicht Nr.5

So scheint mir die Welt

Es scheint, dass für mich die Welt
Der Lyrik viel Kummer und Leid enthält
Und schöpfe aus dem inneren Frust
Nicht wirklich Schönes, unbewusst
Stilvoll ist der Worte Klang
Geschmiedet aus des Lebens Zwang
Doch finster sind mir meine Lieder
Wann schreib ich Frohgesang hier nieder?


 



 
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