So schreibt man aber keine Gedichte!

Hagen

Mitglied
So schreibt man aber keine Gedichte!

Ich bin Ich!
“So schreibt man aber keine Gedichte."
Ich bin aber nicht ‘man’!
Noch nicht der Endverbraucher sein; - der Wähler; - der Kunde; - der Mieter; - das Mitglied; - die Zielgruppe …
noch selber entscheiden noch im Körper sein und hinaussehen!
Das Leben, die Liebe, die Menschen um mich kennen - mögen - lieben - hassen … die Regeln der literarischen Gattungen einhalten und deswegen gut sein, schlecht sein, obwohl ich die Regeln einhielt, schlecht sein, weil ich sklavisch Regeln befolgte, statt poetisches Talent zu beweisen. Ich konnte endlich nicht minder gut sein, weil ich die Regeln verletzte, und meinem poetischen Genie folgte.
Die Liebe, den Atem, den leichten Schlaf,
erwachen neben der Wunderbaren Ulrike
den Widerschein der Nacht - den mir der Morgen schenkt.
Mit offenen Augen noch einmal erinnern
bis mich der Alltag - die Werbung -
verschlingt
Mit offenen Augen
noch einmal erinnern
Was war
Was ist
Was sein wird …
erneut durchleben
was sein wird - wird mich der Traum der Nacht einholen?
überholen?
Das will ich selbst entscheiden - und nicht
Endverbraucher - Wähler - Kunde - Mieter - Mitglied - Zielgruppe –
man sein ...
und ich weiß, dass es nicht genügt, dort anzuknüpfen
wo ich gestern aufgehört habe,
weil ich ein Stück weiterkommen will
sondern dass ich jeden Tag ganz neu anfangen muss
mein eigenes Leben zu leben
mit Begierden
und Lastern
und Lüsten
in immer neuem Dilemma der Lust und Angst
und Hoffnungen, die ich nicht halten kann
und dann habe ich wieder eine Hoffnung weniger -
Erinnerung an entschwundene Klarheit
denn ich fälle meine Entscheidungen
bevor ich das Bewusstsein über die Tragweite
der Problematik entwickelt habe
und das macht es mir schwer,
nicht der Endverbraucher, der Wähler, der Kunde, der Mieter, das Mitglied, die Zielgruppe, ‘man’ zu sein; - was aber egal ist,
wie dem Wasser,
das sich über dem Stein schließt
wie dem suchenden Blick, der durch die Windstille schweift
weil eigentlich nichts mehr
wirklich wichtig ist
nur die Wunderbare Ulrike und ich bin mir wichtig!
 

sufnus

Mitglied
Hi Hagen,

für ein Gedicht ist das relativ lang.
Tatsächlich übertrifft es die Reich-Rancki'schen "Grenzen der Menschheit", nämlich 42 Zeile inkl. Leerzeilen, benannt nach dem gleichbetitelten Goethegedicht.
Diese willkürliche Grenze trennte bei MRR kürzere Gedichte (für die Frankfurter Anthologie geeignete) von längeren Werken (für eine Kurzbesprechung ungeeignet). Man kann das Spiel noch weitertreiben - dann wäre vermutlich das "Glockenlimit" (Schiller) die Grenze, welche ein längeres von einem regelrechten Langgedicht trennt. Soweit immerhin treibst Du es jetzt nicht.

Da ich ein Freund kurzer und kürzester Gedichte bin, sinkt ein wenig mein Mut, wenn ich mich mit Texten von mehr als dreifacher Sonettlänge konfrontiert sehe. Vielleicht bin ich deshalb voreingenomen - aber ehrlich gesagt, macht mich Dein Text nicht besonders an.

Dass er tatsächlich auch kein Gedicht ist, hilft wahrscheinlich auch nicht, bin ich doch eher unflexibel, was Gattungen abseits der Lyrik angeht (und das ist offenkundig ein Problem des Rezipienten und nicht des Textes).
Immerhin fällt mir aber gerade die Tatsache als pfiffig auf, dass dieser Text gerade kein Gedicht ist, dennoch die äußere Gewandung eines solchen überstreift, um wiederum im Titel bereits darauf hinzuweisen, dass ein Gedicht so eben nicht funktioniert. Eine dreifach eingeschwungene Ironiepirouette. :)

Von diesem ganz nicen Kniff abgesehen, find ich den Text aber einfach nicht interssant. Ich glaube der Erzählstimme zwar, dass Ulrike einfach wunderbar ist, doch will mir nicht ganz einleuchten, weshalb diese Information für mich als Leser von Belang ist (und so viel Lesezeit benötigt). Und auch der Kampf der Erzählstimme und Individualität lässt irgendwie keinen so rechten Funken überspringen. Es bleibt alles sehr allgemein und unbestimmt und damit letztlich ein wenig... langweilig...

LG!
S.
 

Hagen

Mitglied
Hallo sufnus,
Zunächst einmal vielen Dank für die Beschäftigung mit meinem ‘Text’ sowie die ausführliche Antwort. Habe ich selten erlebt, sowas.
Normalerweise stelle ich ja meine ‘Werke’, Die ‘amazing Kneipentour‘ z.B., bei Humor und Satire ein;- dieses Ding war nur mal ein kleiner Ausflug in andere Gefilde.
Aber, - es jedem Leser recht getan ist eine Kunst die keiner kann
Nun denn, wir sehen uns in der ScheinBAR!
Zudem lesen wir uns weiterhin!
... und bleibt schön fröhlich, gesund und munter, guten Willens, sowie guter Dinge, moralisch einwandfrei, weiterhin positiv motiviert, denke keine negativen Gedanken und sei stets heiteren Gemütes! Sei zudem stets von reiner Seele, tanze keine Regentänze mehr, lüg’ niemals und erzählt keine dreckigen Witze!
Herzlichst
Yours Hagen
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Merke: Nicht jeder, der Beine hat wie ein Kanarienvogel,
singt auch wie ein Solcher!
 



 
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